Apotheker beklagen Lieferengpässe |

Viele Arzneimittel sind in öffentlichen Apotheken über längere Zeiträume nicht lieferbar. Nach den Krankenhausapothekern berichtet auch der Hessische Apothekerverband (HAV) über häufige Lieferengpässe. Betroffen sind demnach vor allem selten verordnete Antibiotika. So seien beispielsweise Infectocef®-Saft, Meronem® Pulver sowie Staphylex®500-Kapseln seit Wochen häufig nicht zu bekommen, sagte der stellvertretende Vorsitzende des HAV, Dr. Hans Rudolf Diefenbach aus Offenbach, gegenüber der PZ. Bereits seit Monaten gebe es zudem Probleme bei der Lieferung von Mono-Embolex®. Für die Spritzen zur Thromboseprophylaxe mit dem Wirkstoff Certoparin-Natrium gibt es keine wirkstoffgleiche Alternative. Der Apotheker muss daher immer Rücksprache mit dem Arzt halten, damit dieser ein anderes Präparat auswählt. Zumeist verordneten die Mediziner dann Clexane®-Spritzen als Ersatz, mit der Konsequenz, dass es auch bei diesen in einigen Regionen Hessens bereits zu Lieferengpässen komme, sagte Diefenbach. Grund für die mangelnde Lieferfähigkeit sei die zunehmende Globalisierung der Arzneimittelproduktion. Viele Arzneimittel und Wirkstoffe werden heute beispielsweise in China oder Indien an nur einem Standort produziert. Falle dort eine Produktionsanlage aus oder stelle ein Hersteller den Betrieb ein, habe das Konsequenzen.
So informierte die Firma MSD Sharp & Dohme Apotheker Ende April in einem Schreiben über auftretende Lieferverzögerungen aufgrund «der Globalisierung unserer Produktions- und Lieferprozesse». Für mehr als 30 verschiedene Arzneimittel, darunter Trusopt-S®-Augentropfen, Keimax® Trockensaft sowie Maxalt® Lingua, wurden Liefertermine von der 19. bis zur 25. Kalenderwoche zugesagt. Noch immer seien jedoch einige dieser Präparate nicht zu bekommen, sagte Diefenbach.
Der HAV macht vor allem die Rabattverträge dafür verantwortlich, dass immer mehr Unternehmen ihre Produktion auslagern. Nur der Hersteller, der den günstigsten Preis anbiete, bekomme den Zuschlag. Die Lieferfähigkeit spiele dann kaum eine Rolle. «Diese Geiz-ist-geil-Mentalität auf Kosten der Gesundheit ist menschenunwürdig», sagte Diefenbach. Er sieht den Staat in der Pflicht, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gewährleisten zu können. (va)
29.06.2012 l PZ
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