Krebstherapie trotz Schwangerschaft möglich |
Bei Brustkrebs können die meisten Patientinnen trotz Schwangerschaft mit Operation oder Chemotherapie behandelt werden. Auch bei Gebärmutterhalskrebs und Eierstockkrebs versuchen Ärzte, die Schwangerschaft zu erhalten. Bei Blutkrebs ist jedoch häufig ein Schwangerschaftsabbruch notwendig. Schätzungsweise 1 von 1000 Schwangeren erkrankt an Krebs.
Gleich mehrere neue Fachartikel beschäftigen sich mit der Sicherheit einer Chemotherapie bei schwangeren Krebskranken. Dabei ist zu unterscheiden, an welcher Krebsart die Patientin erkrankt ist und in welchem Stadium sich der Krebs befindet. Ob, wann und wie therapiert wird, hängt zum einen davon ab, wie aggressiv und progressiv ein Tumor ist. Zum anderen müssen die Ärzte in Betracht ziehen, in welchem Schwangerschaftsstadium sich die Patientin befindet. «Die Frage nach dem optimalen Zeitpunkt ist immer entscheidend», heißt es in einem begleitenden Kommentar im heute erschienenen Fachjournal «The Lancet».
Das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, ist bei schwangeren Frauen im Vergleich zu nicht schwangeren Frauen gleichen Alters gleich hoch. Allerdings ist die Diagnose durch die veränderten Brüste schwieriger und erfolgt daher oft später als im Normalfall. Dementsprechend ist die Prognose schlechter als bei Nicht-Schwangeren.
Bei Brustkrebs ist eine Chemotherapie oder Operation oft möglich. Von einer Strahlentherapie ist allerdings zum Schutz des Fetus abzuraten, schreiben Dr. Frédéric Amant und Kollegen vom belgischen Leuven Cancer Institute. Ziel bleibt eine Schwangerschaft in normaler Länge. Ein Schwangerschaftsabbruch verbessert nicht die Überlebenschancen der Mutter.
Im zweiten und dritten Trimenon kann die Chemotherapie leitlinienkonform wie bei Nicht-Schwangeren erfolgen. Es gibt keine Hinweise, dass die Zytostatika dem Fetus schaden. Meistens wird eine Bestrahlung erst nach der Geburt vorgenommen, wenn nötig. Die Plazenta sollte auf Metastasen untersucht werden. In den ersten Wochen nach der Chemotherapie sollte die junge Mutter nicht stillen.
Werden Zervixkarzinomen im ersten Schwangerschaftsdrittel oder zu Beginn des zweiten entdeckt, gilt folgendes: Ist der Tumor klein, in einem frühen Stadium und sind die Lymphknoten nicht befallen, wird die Therapie verschoben, bis der Fetus eine Frühgeburt überleben könnte, schreiben Professor Philippe Morice und Kollegen vom französischen Institut Gustave Roussy.
Ist der Krebs lokal fortgeschritten, gehen die Meinungen zur Therapie auseinander. In solchen Fällen müssen Arzt und Patientin individuell entscheiden. Denn eine fetusschädigende Strahlentherapie wäre in der Regel die bessere Therapie für die Mutter. Allerdings muss dann wahrscheinlich ein Schwangerschaftsabbruch erfolgen. Eine Chemotherapie ist dagegen höchstwahrscheinlich für Feten im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel verträglich. Es bestehen allerdings die Risiken einer Frühgeburt.
Schlechter sind die Aussichten bei Blutkrebs. Lymphome betreffen immerhin 1 von 6000 Schwangeren. Hier kann oft nicht mit der Therapie gewartet werden, da Blutkrebs häufig sehr aggressiv ist und zudem die Gefahr von Thromben erhöht. In frühen Schwangerschafsstadien sollte die Schwangerschaft abgebrochen werden. In späteren Stadien ist eine Therapie während der Schwangerschaft möglich. Dazu kommt eine Thromboseprophylaxe mit Heparin.
Frauen, die eine akute Leukämie oder ein Lymphom überlebt haben, sollten zwei bis drei Jahre warten, bis sie (wieder) schwanger werden. In dieser Zeit ist das Rückfallrisiko am größten. Ob eine Schwangerschaft das Rückfallrisiko beeinflusst, ist unklar, schreiben die Mediziner um Dr. Benjamin Brenner und Kollegen vom Rambam Health Care Campus im israelischen Haifa. Orale Kontrazeptiva sind bei akut erkrankten Patienten kontraindiziert, da sie das Thromboserisiko erhöhen. Alternativen sind Progesteron-haltige Monopräparate. (db)
doi: 10.1016/S0140-6736(11)61092-1
(Brustkrebs während der Schwangerschaft)
doi: 10.1016/S0140-6736(11)60829-5
(Zervix- und Ovarialkarzinom während der Schwangerschaft)
doi: 10.1016/S0140-6736(11)61348-2
(Blutkrebs während der Schwangerschaft)
doi: 10.1016/S0140-6736(11)61814-X
(Kommentar zu den Interessenkonflikten)
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10.02.2012 l PZ
Foto: Fotolia/Ben Chams