124 Millionen E-Rezepte und viel Frust |
Lukas Brockfeld |
10.04.2024 15:00 Uhr |
Das E-Rezept kann auch mit einem ausgedruckten Token eingelöst werden. / Foto: PZ/Alois Müller
Es war als großer Schritt in Richtung eines smarteren Gesundheitssystems geplant und entwickelte sich für viele Apotheken, Ärzte und Patienten zum Ärgernis: Seit dem 1. Januar 2024 sind Praxen und Krankenhäuser verpflichtet, das E-Rezept für verschreibungspflichte Medikamente in der Regelversorgung zu nutzen.
Nach Angaben der Gematik lösten die Patientinnen und Patienten seit Jahresbeginn mehr als 124 Millionen E-Rezepte ein, insgesamt liegt die Anzahl bei 143 Millionen. Wöchentlich werden bis zu 10 Millionen E-Rezepte eingelöst. Am vergangenen Freitag (5. April) waren es erstmals mehr als zwei Millionen an einem Tag. Im Schnitt stellen wöchentlich derzeit mehr als 80.000 medizinische Einrichtungen mindestens ein E-Rezept aus.
Auch die Downloadzahlen der E-Rezept-App haben im Laufe des ersten Quartals 2024 zugelegt: Mittlerweile liegt die Zahl bei 1,8 Millionen. Die Einlösung mit der elektronischen Gesundheitskarte (EGK) hat sich als beliebtester Einlöseweg etabliert.
Trotz der beeindruckend klingenden Zahlen ist kaum jemandem nach Feiern zumute. Technische Schwierigkeiten und Ausfälle in der TI-Infrastruktur sorgen immer wieder für Ärger. Anke Rüdinger, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands (DAV), sagte vergangene Woche in der »Tagesschau«: »Es gibt immer mal technische Schwierigkeiten, dass zum Beispiel ein Dienstleister im System Störungen meldet. Es gibt Schwierigkeiten in den Softwaresystemen der Apotheken und der Ärzte.« Die Nachrichtensendung attestierte dem E-Rezept daher nur eine »durchwachsene« Zwischenbilanz.
Mit dem Card-Link-Verfahren führte das Bundesgesundheitsministerium trotz zahlreicher Bedenken einen vierten Einlöseweg für das E-Rezept ein. Dabei kann ein NFC-fähiges Smartphone mit einer entsprechenden App die Rezepte von der elektronischen Gesundheitskarte (EGK) einlesen. Das Verfahren steht in der Kritik, viele Expertinnen und Experten sehen Probleme bei der Datensicherheit.
Card-Link ist besonders für Online-Apotheken interessant, da es ein bequemes Bestellen verschreibungspflichtiger Arzneimittel ermöglicht. Die Versandhändler hatten dem Bund mit Klage gedroht und so eine rasche Einführung des Verfahrens angestoßen. Der Marktführer Doc Morris erhielt bereits eine Zulassung für das Card-Link-Verfahren von der Gematik und hat mit dem Rollout in der eigenen App begonnen. Auch die Card-Link-Lösung von gesund.de durchläuft gerade das Zulassungsverfahren und soll ab Mai angeboten werden.
100 Tage nach dem Start des E-Rezepts gibt es also noch viel zu besprechen. Am Donnerstagabend wollen die ABDA und die Gematik in einem Online-Live-Talk ein erstes Resümee ziehen und mögliche Verbesserungen der digitalen Verschreibungen diskutieren. Dazu wurden Claudia Korf, Geschäftsführerin Ökonomie der ABDA, und Florian Hartge, Interims-Geschäftsführer der Gematik, eingeladen. Die Moderation übernimmt PZ-Chefredakteur Alexander Müller.
Die ABDA überträgt den Live-Talk am 11. April online ab 19 Uhr auf ihrem YouTube-Kanal sowie auf ihrem Facebook-Kanal.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.