Spahns Arztterminpläne: Kritik von Kassen und Ärzteverbänden |

Ärzteverbände und Krankenkassen haben verhalten auf die jüngsten Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) reagiert, wonach Arztpraxen mehr Sprechstunden anbieten und Mediziner für bestimmte Leistungen mehr Geld bekommen sollen. Spahn hatte sie Anfang der Woche im Entwurf für sein Terminservice- und Versorgungsgesetz vorgestellt.
Das Papier sieht vor, dass Kassenärzte künftig mindestens 25 Stunden Sprechzeiten pro Woche abhalten müssen – das sind fünf Stunden mehr als bislang. Auch sollen die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) Patienten besser zu schnellen Termine verhelfen. Und zwar unter derselben Telefonnummer 116117, die auch Menschen wählen sollen, die außerhalb der Sprechzeiten ärztliche Hilfe benötigen. Arztpraxen, die einen über diese Stelle vermittelten Patienten oder generell neue Patienten annehmen, sollen dafür laut Spahns Plänen ein extra Budget pro Fall bekommen. Dasselbe gilt, wenn sie offene Sprechstunden anbieten, für die Patienten keinen Termin brauchen. 600 Millionen Euro pro Jahr plant Spahn für diese und andere Neuerungen ein.
Bei den Ärzteverbänden sieht man die Pläne mit gemischten Gefühlen. Zwar sei es zu begrüßen, dass Spahn Ärzten für zusätzliche Leistungen auch mehr Geld zugesteht, sagte der Vorsitzende des Hartmannbunds, Klaus Reinhardt. Allerdings lasse sich eine 24 Stunden rufbereite Terminservice- und Notfalldienststelle mit Blick auf den Mangel an qualifiziertem Personal kaum umsetzen. Der Chef der Bundes-KV, Andreas Gassen, nannte Spahns Pläne bevormundend. Mit Terminvergabe ließen sich viele Patienten bei wenig Personal nun einmal am effizientesten versorgen, erklärte er. Erzwungene offene Sprechstunden nannte er eine Mogelpackung, die zu Chaos und längeren Wartezeiten führe. Auch der Vorsitzende der Freien Ärzteschaft, Wieland Dietrich, erklärte, das Ganze laufe auf eine Massenabfertigung hinaus.
Die Krankenkassen finden die Pflicht zu längeren Sprechzeiten und mehr offenen Sprechstunden dagegen gut. Allerdings sollten Ärzte dafür nicht mehr Geld bekommen, sagte der Vizechef des GKV-Spitzenverbands, Johann-Magnus von Stackelberg. Die ambulante Versorgung sicherzustellen, sei schließlich deren Kernaufgabe, für die sie bereits gut bezahlt würden. Wenn Patienten keinen Termin bekämen, sei das ein innerärztliches Verteilungsproblem. «Mehr Geld in Form von Zuschlägen oder dafür, dass die Ärzte ihre Aufgaben im Bereich der Sprechzeiten und Terminvergabe nicht länger vernachlässigen, lehnen wir ab», so von Stackelberg. Ähnlich äußerte sich der Chef des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch. Die geplanten Neuerungen schafften finanzielle Fehlanreize und führten zu mehr Bürokratie, sagte er. (ap)
26.07.2018 l PZ
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