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Bei Statinen auf Interaktionen achten

07.03.2005  00:00 Uhr

Bei Statinen auf Interaktionen achten

von Gerd Kotzke, Rostock

Statine sind seit einigen Jahren Mittel der Wahl zur Behandlung der Hypercholesterolämie. Von ihrem Einsatz profitieren vor allem Patienten mit einem hohen kardiovaskulären Risiko, die zusätzlich noch eine Vielzahl anderer Arzneimittel einnehmen. Auf welche Interaktionen müssen Apotheker achten?

Große klinische Studien haben bewiesen, dass CSE-Hemmer nicht nur effektiv den LDL-Spiegel senken, sondern auch die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität verringern. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sie über viele Jahre eingenommen werden.

Entscheidend für die Effektivität einer Statintherapie ist das kardiovaskuläre Gesamtrisiko der Patienten. Diese müssen daher häufig zusätzlich Arzneimittel zur Behandlung einer Hypertonie, Koronaren Herzkrankheit, primären arteriellen Verschlusskrankheit oder eines Typ-2-Diabetes einnehmen. Deshalb ist es wichtig, mögliche Wechselwirkungen zwischen Statinen und gleichzeitig verordneten Arzneimitteln im Auge zu behalten.

Fibrate

Im Jahr 2001 wurde Cerivastatin vom Markt genommen, da in Kombination mit Gemfibrozil häufiger Rhabdomyolysen mit sekundärem Nierenversagen aufgetreten waren (1, 2). In den Fachinformationen wird von einer gleichzeitigen Anwendung mit Fibraten gewarnt, da das Risiko einer Myopathie erhöht ist (3-7). Der genaue Mechanismus dieser Wechselwirkung ist noch nicht geklärt. Möglicherweise ist das erhöhte Myopathierisiko darauf zurückzuführen, dass Fibrate wie Statine in Monotherapie eine Myopathie hervorrufen können und sich daher das Risiko für das Auftreten dieser Nebenwirkung durch die Kombination von Vertretern dieser Arzneistoffgruppen summiert (3, 6).

CYP3A4-Hemmer

Die Häufigkeit für eine durch Statine verursachte Myopathie liegt bei 0,2 bis 0,4 Prozent (2). Simvastatin, Atorvastatin und Lovastatin werden über das Cytochrom P450 Isoenzym 3A4 (CYP3A4) verstoffwechselt. Hemmstoffe dieses Isoenzyms verzögern den Abbau der Statine, so dass sich deren Plasmaspiegel erhöhen und damit das Risiko für das Auftreten einer Muskelschädigung.

Zu den CYP3A4-Hemmern, mit denen diese drei Statine entweder nicht oder nur mit Vorsicht kombiniert werden dürfen, gehören die Azol-Antimykotika Itraconazol und Ketoconazol, die Makrolidantibiotoka Erythromycin und Clarithromycin sowie das ihnen verwandte Telithromycin, HIV-Proteasehemmstoffe, der Reverse-Transkriptase-Inhibitor Delavirdin, das Immunsuppressivum Ciclosprorin, das Antidepressivum Nefazodon, das Antiarrhythmikum Amiodaron und die Calciumantagonisten Verapamil und Mibefradil (Mibefradil ist seit 1998 außer Handel) (3, 5, 6).

Da Fluvastatin über verschiedene CYP-Isoenzyme metabolisiert wird, kommt es zwischen diesem Statin und CYP3A4-Hemmern zu weniger Wechselwirkungen. Dennoch sollten laut Fachinformation Itraconazol, Erythromycin und Cyclosporin nur mit Vorsicht gemeinsam mit Fluvastatin angewendet werden (7).

Zwischen Pravastatin und Arzneimitteln, die über das Cytochrom-P450-System metabolisiert werden, sind keine Interaktionen zu erwarten (4). Wegen der bisher geringen klinischen Erfahrung sollte eine Kombination mit Ciclosporin »unter strenger Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses erfolgen«.

Cumarin-Derivate

Die gleichzeitige Gabe von Simvastatin, Lovastatin oder Fluvastatin mit Vitamin-K-Antagonisten führt zu einer (leicht) verlängerten Prothrombinzeit und damit zu einer Wirkungsverstärkung der Cumarin-Derivate. Atorvastatin verringerte die Prothrombinzeit geringfügig.

Der Mechanismus dieser Interaktion wird in den Fachinformationen nicht erläutert. Man vermutet, dass neben der Kompetition um metabolisierende Enzyme Wechselwirkungen mit Transportproteinen eine Rolle spielen könnten (9). Es wird eine sorgfältige Überwachung der Patienten empfohlen. Pravastatin beeinträchtigte die Anti-Koagulantienwirkung von Warfarin nicht.

Digitoxin

Simvastatin und Atorvastatin erhöhten die Digitoxin-Spiegel geringfügig. Eine Hemmung des Membran-Transportproteins P-Glykoprotein wird als Ursache vermutet. Eine sorgfältige Überwachung der Patienten wird empfohlen. Für Pravastatin, Lovastatin und Fluvastatin wurde keine Beeinflussung der Digitoxin-Plasmaspiegel gefunden.

Ionenaustauscherharze

Um Interaktionen zu vermeiden, bei denen das Statin an das Harz gebunden wird, empfehlen die Fachinformationen, Pravastatin, Atorvastatin und Fluvastatin nicht gleichzeitig mit den Ionenaustauscherharzen Cholestyramin und Cholestipol einzunehmen (7). Für Simvastatin und Lovastatin gibt es hierzu keine Angaben/Empfehlungen.

Andere Begleittherapien

Klinische Studien, in denen Statine zusammen mit ACE-Hemmern, Betablockern, Diuretika, hypoglykämischen Wirkstoffen, nicht steroidalen Antirheumatika oder H2-Blockern gegeben wurden, ergaben keine klinisch bedeutsamen Wechselwirkungen (3 - 7).

 

Zusammenfassung Unter den Arzneistoffen, die häufig gemeinsam mit Statinen eingesetzt werden, um ein hohes kardiovaskuläres Risiko zu verringern, befinden sich nur wenige, die klinisch relevante Interaktionen verursachen. In den Fachinformationen werden die Fibrate, Verapamil und Amiodaron genannt, die nur mit Vorsicht gemeinsam mit Statinen gegeben werden sollten. Bei einer Kombination von Digitoxin oder Cumarin-Derivaten wird empfohlen, die Wirkspiegel beziehungsweise die Wirkung dieser Wirkstoffe sorgfältig zu überwachen.

Die meisten bedeutsamen Wechselwirkungen zwischen Statinen und anderen Arzneimitteln führen zu einer Verstärkung der myopathischen Nebenwirkung der Statine. Sollten Symptome wie Muskelschwäche, Muskelschmerzen, Erbrechen oder dunkler Urin bei Patienten auftreten, die CSE-Hemmer einnehmen, sollte am an diese mögliche Nebenwirkung der Statine denken und Rücksprache mit dem behandelnden Arzt halten.

 

Literatur

  1. »Bisher Cerivastatin (Lipobay®) ­ was nun?«; Arzneiverordnungen in der Praxis (AKDÄ); 01/2002, Seite 7
  2. »Rhabdomyolysen unter der Therapie mit Statinen«; Deutsches Ärzteblatt, 10/2002, Seite 664
  3. Fachinformation ­ Simvastatin-ratiopharm®; Februar 2003
  4. Fachinformation ­ Pravasin® protect 10 mg/20 mg/40 mg; September 2003
  5. Fachinformation ­ Sortis® 10 mg/20 mg/40 mg; Januar 2003
  6. Fachinformation ­ Lovastatin-ratiopharm® Tabletten; Mai 2003
  7. Fachinformation ­ Cranoc® 20 mg/40 mg Kapseln; November 2003
  8. »Therapieerfolg auf dünnem Eis«; Vortrag Prof. Dr. H. Kroemer, Pharmacon Meran; Pharmazeutische Zeitung, PZ-Archiv 23/2003
  9. Mutschler, »Arzneimittelwirkungen«, 8. Auflage, Seite 522

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