Zulassung für Budesonid-Präparat |
Sven Siebenand |
21.07.2022 16:00 Uhr |
Die IgA-Nephritis wird manchmal auch Morbus Berger genannt und ist eine Form der Glomerulonephritis. / Foto: Adobe Stock/Rasi
Die IgA-Nephritis wird manchmal auch IgA-Nephropathie oder Morbus Berger genannt und gehört zu den Glomerulonephritiden. Man geht davon aus, dass es bei der Erkrankung zunächst zur Bildung von galactosedefizienten IgA1-Antikörpern kommt. Dagegen produziert der Körper Autoantikörper, die Immunkomplexe mit diesen IgA1-Antikörpern bilden. Diese Komplexe lagern sich im glomerulären Mesangium, also in der Niere, ab und aktivieren das Komplementsystem sowie das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS-System). Es kommt zu Entzündungsprozessen, Bluthochdruck, Hämaturie und Proteinurie in unterschiedlicher Ausprägung, die am Ende zum Nierenversagen führen können.
ACE-Hemmer und Sartane werden zur Blutdruckeinstellung und Senkung des intraglomerulären Drucks und der Proteinurie eingesetzt. In schweren Fällen kommt auch der Einsatz von Corticoiden in Betracht. Die EU-Kommission hat vor Kurzem das Orphan Drug Kinpeygo® zur Behandlung der primären IgA-Nephritis bei Erwachsenen mit einem Risiko für eine rasche Krankheitsprogression mit einer Protein/Kreatinin-Ratio im Urin von ≥ 1,5 g/g zugelassen. Die Weichkapseln enthalten 4 mg Budesonid.
Das Corticoid soll zur Suppression der B-Schleimhautzellen im Dünndarm führen und deren Proliferation und Differenzierung zu Plasmazellen, die galactosedefiziente IgA1-Antikörper bilden, hemmen. Das führt dazu, dass sich keine Immunkomplexe in der Niere mehr ablagern können und Entzündungsprozesse und ein weiterer Verlust der Nierenfunktion gestoppt wird.
Bei Kinpeygo handelt es sich um Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung. Laut Fachinformation ist die Formulierung so konzipiert, dass Budesonid im Ileum zur Wirkung kommt. Die systemische Bioverfügbarkeit ist aufgrund des hohen First-Pass-Metabolismus gering.
Die Zulassung des Präparats basiert auf Wirksamkeits- und Sicherheitsdaten der Phase-III-Studie NeflgArd, die das Präparat in einer einmal täglichen oralen Dosis von 16 mg gegenüber Placebo bei erwachsenen Patienten mit primärer IgA-Nephritis untersucht hat. Alle Patienten wiesen eine Proteinurie auf und wurden mit einem RAAS-Inhibitor behandelt. Nach neunmonatiger Behandlung fand man in der Verumgruppe eine statistisch signifikante Verringerung der Proteinurie gegenüber Placebo (-31 versus -5 Prozent). Auch hinsichtlich der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) gab es einen signifikanten Unterschied in den beiden Gruppen nach neun Monaten. Während sie unter Verum nur leicht schlechter war im Vergleich zum Ausgangswert (-0,17 ml/min/1,73 m2), betrug die Verschlechterung gegenüber dem Ausgangswert unter Placebo 4,04 ml/min/1,73 m2.
Die beobachten Nebenwirkungen des neuen Medikaments sind für ein Steroid nicht untypisch. Häufig kommt es zum Beispiel zu Akne, peripheren Ödemen und Gewichtszunahme. Kinpeygo ist bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung kontraindiziert.
Die empfohlene Dosis beträgt 16 mg einmal täglich morgens, mindestens eine Stunde vor einer Mahlzeit, über neun Monate. Wenn die Behandlung abgesetzt werden soll, sollte die Dosis über einen Zeitraum von zwei Wochen auf 8 mg einmal täglich reduziert werden. Die Dosis kann danach nach Ermessen des Arztes für weitere zwei Wochen auf 4 mg einmal täglich reduziert werden. Eine erneute Behandlung kann nach Ermessen des behandelnden Arztes in Erwägung gezogen werden.