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Securpharm

»Wir müssen die Zahl der Fehlalarme senken«

Grundsätzlich ist Securpharm-Geschäftsführer Martin Bergen mit der Etablierung des Fälschungsschutzsystems Securpharm zufrieden. Doch die Alarmquote ist ihm noch zu hoch, wie er heute bei einem Pressegespräch in Berlin betonte.
Jennifer Evans
07.02.2020  15:22 Uhr

Insgesamt sei er ein Jahr nach dem Start des Fälschungsschutzes für Arzneimittel »sehr zufrieden«, sagte Bergen. Die Implementierung seitens der Hersteller sei gelungen. Demnach ist die Anzahl der hochgeladenen Packungsdaten kontinuierlich gestiegen von 65 Millionen auf 1,05 Milliarden. Außerdem sei die Alarmquote bei steigender Nutzerzahl gesunken. Kurz nach der Einführung im Februar 2019 ist es demnach noch bei 4,97 Prozent der Scans zu einem Alarm gekommen, im Januar 2020 lag die Alarmquote nur noch bei 0,42 Prozent. Im europäischen Durchschnitt sind es 6,6 Prozent. Obwohl Deutschland im Vergleich gut dastehe, sei die Zahl »noch zu hoch«, gibt er zu.

Doch Bergen will auch die Beeinträchtigungen des Systems »nicht verschweigen«. Die meisten Fehler sind seinen Angaben zufolge im Zusammenspiel der Komponenten aufgetreten, zum Beispiel durch Wartungsarbeiten oder unerwartetes Nutzerverhalten. So kam es Mitte des Jahres 2019 zu einem Softwarefehler, wodurch eine einzige Packung gleich 10 Millionen mal gescannt wurde. Probleme sind dem Securpharm-Chef zufolge ebenfalls entstanden, weil in Europa unterschiedliche Tastaturen zum Einsatz kommen und es so zu Verwechselungen der Buchstaben Y und Z kommt. Auch die Groß- und Kleinschreibung der Wörter sowie die Kommunikation unter den unterschiedlichen europäischen Software-Systemen habe eine Rolle gespielt. Darüber hinaus haben Lichtreflexionen auf den Packungen das Scannen erschwert. Und nicht zuletzt sind Packungsdaten an mancher Stelle unvollständig oder fehlerhaft im System angekommen.

Eine »abschreckende Wirkung auf Fälscher« spricht Bergen dem System dennoch zu. In Deutschland sei im vergangenen Jahr keine einzige Fälschung aufgetaucht, berichtet er. In Holland hingegen gab es einen Alarm bei Ware, die für den osteuropäischen Markt bestimmt war. Der Großhändler habe sich daraufhin die Packung angeschaut und den Aufsichtsbehörden gemeldet. Wie es danach weitergegangen ist, liegt nicht in der Hand des Schutzsystems, betonte Bergen. »Wir liefern nur die Information, den Fall weiterzuverfolgen unterliegt der Verantwortung der Aufsichtsbehörden.«

Fehler waren belastend

Als eine »störende Belastung für alle Beteiligten« bezeichnet Bergen die Fehler, die im Laufe des Jahres hierzulande aufgetaucht sind. Umso mehr wolle man nun daran arbeiten, das System robuster zu machen. Unter anderem, indem die Nutzer vorab besser über Updates informiert werden. Auch sollen etwaige Wartungsarbeiten künftig nachts stattfinden. Und um Ausfälle besser abfedern zu können, sind nun drei Server im Einsatz. Außerdem wird es zur Ursachenforschung bei Fehlern und deren Analyse auf nationaler und internationaler Ebene Arbeitsgruppen geben sowie Scanner-Tests durchgeführt. Auch neue technische Lösungen, wie beispielsweise Filter für kodierte Bestandware, sollen kommen. Einige Aufgaben und Herausforderungen gibt es Bergen zufolge weiterhin zu bewältigen. Doch er ist sicher: »Mit jeden Tag wird das System stabiler« und erhöht damit den Patientenschutz. Zuversichtlich ist er, das Ziel von 10 Millionen Scans am Tag noch in diesem Jahr zu erreichen.

Beteiligt am Fälschungsschutzsystem sind 25 EU-Staaten, Italien und Griechenland folgen bis zum Jahr 2025. Die Schweiz nimmt freiwillig teil. Jedes System hat seinen unabhängigen Betreiber. Was mit Großbritannien ist, steht noch in den Sternen. Demnach ist noch zu klären, ob nach dem Brexit die neuen gesetzlichen Bestimmungen zur Teilnahme an dem Sicherheitssystem verpflichten oder nicht. Derzeit spiegelt das Überwachungssystem für Rx-Arzneimittel die Situation im Land wider, meint Bergen. »Die Hälfte macht mit, die andere wartet erst einmal ab.«

Seit dem Stichtag am 9. Februar 2019 müssen alle Packungen verschreibungspflichtiger Medikamente spezielle Sicherheitsmerkmale tragen. Die Apotheker müssen den aufgedruckten Data-Matrixcode scannen, um das Mittel auf Echtheit zu prüfen. In Deutschland steht hinter dem Schutzsystem die Initiative Securpharm, ein Zusammenschluss von Herstellern, Apothekern und Großhändlern.

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