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Omikron-Welle

Wie zuverlässig sind Schnelltests?

Seit Beginn der Omikron-Welle wird hinterfragt, ob Schnelltests eine SARS-CoV-2-Infektion noch zuverlässig erkennen. Dieser Frage geht auch eine neue prospektive Studie aus den Niederlanden nach.
Theo Dingermann
23.09.2022  11:15 Uhr

Mehrfach war nach dem Auftreten der stark mutierten Omikron-Varianten infrage gestellt worden, ob die Schnelltests korrekt auf eine Infektion reagieren. Letztlich hatte jedoch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) grünes Licht gegeben und den verfügbaren Tests eine ausreichende Zuverlässigkeit bescheinigt.

Dennoch griff eine Gruppe von Wissenschaftlern um Professor Dr. Ewoud Schuit vom Julius Center for Health Sciences and Primary Care am Medical Center der Universität Utrecht die Frage in einer sorgfältig durchgeführten Studie noch einmal auf, die jetzt im »Britisch Medical Journal« (BMJ) erschien. Die Ergebnisse der niederländischen Forschenden zeigen, dass die Sensitivität der Tests mit Beginn der Omikron-Welle tatsächlich leicht abnahm.

Untersuchen zu Beginn und im Verlauf der Omikron-Welle

Die Studie war so angelegt, dass bei allen eingeschlossenen Probanden eine Abstrichprobe für die Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) entnommen wurde, die dann bei der Auswertung als Referenztest diente. Dann erhielten die Testpersonen einen von drei Antigen-Schnelltests, den sie unbeaufsichtigt durchführen konnten.

Zu Beginn der Omikron-Welle, das heißt bis zu einem Zeitpunkt, wo Infektionen bis zu circa 90 Prozent durch Omikron verursacht wurden, sollten die Probanden den Selbsttest mithilfe eines nasalen Abstrichs durchführen. Während der zweiten Testphase, in der mehr als 99 Prozent der Infektionen durch Omikron verursacht wurden, sollte dann ein kombinierter Nasen-Rachen-Abstrich als Testprobe verwendet werden.

Drei verschiedene Tests wurden während der Studie eingesetzt und bewertet: Flowflex von Acon Laboratories, Rapid SARS-CoV-2 Antigen Test Card von MP Biomedicals und Clinitest von Siemens-Healthineers. Für alle Produkte wurde in der ersten Phase ein leichter Rückgang hinsichtlich der Sensitivität festgestellt, als Omikron dominanter wurde. Beim Flowflex-Test sank die Sensitivität von 87,0 auf 80,9 Prozent, beim MPBio-Test von 80,0 auf 73,0 Prozent und beim Clinitest von 83,1 auf 70,3 Prozent ermittelt. Einzig der letzte Unterschied war statistisch signifikant. Die Spezifitäten blieben mit 93,2 Prozent bis 99,6 Prozent hoch.

Während der zweiten Phase, in der Infektionen praktisch ausschließlich durch Omikron verursacht wurden, waren die Probanden angehalten, einen kombinierten Abstrich zu verwenden. Dadurch stieg die Sensitivität auf 83,0 Prozent für den MPBio-Test und auf 73 Prozent für den Clinitest. Für den Flowtest war keine Bewertung möglich, weil das dazugehörige Probenahme-Stäbchen für einen kombinierten Nasen-Rachen-Abstrich ungeeignet ist.

Somit konnten allgemein geforderte Stardards der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die für Antigenschnelltests eine Sensitivität von mindestens 80 Prozent und eine Spezifität von mindestens 97 Prozent fordern, nur für den MPBio-Test bei einem kombinierten Abstrich bestätigt werden. Der Clinitest erfüllt diese Mindestanforderungen nicht.

Als Ursachen für die abnehmende Sensitivität der Tests mit dem Auftreten der Omikron-Varianten vermuten die Autoren zum einen das neue Mutationsmuster im Nukleokapsidprotein (N-Protein) des Virus, das die Zielstruktur für alle Antigen-Schnelltests darstellt. Zum anderen könnte es auch bei den Kontrolltests im Laufe der Zeit und je nach Testort Unregelmäßigkeiten gegeben haben, was die Autoren allerdings für nicht sehr wahrscheinlich halten. Schließlich wäre es auch denkbar, dass sich mit Fortschreiten der Omikron-Welle der Anteil getesteter Probanden, die tatsächlich infiziert waren, vergrößerte, was die Testleistung beeinflusst haben könnte.

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