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Praxisbericht

Wie wird meine Apotheke klimaneutral?

Bei einer Fachtagung des Vereins demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) am 19. Juni berichtete die Apothekerin Claudia Reimers, wie der Weg zur klimaneutralen Apotheke in vielen kleinen Schritten gelingt.
Carolin Lang
24.06.2021  10:30 Uhr

Reimers ist Umweltgruppen-Koordinatorin der vier Medios-Apotheken in Berlin, die seit dem 1. Februar 2021 als klimaneutral zertifiziert sind. Für das pharmazeutische Versorgungszentrum mit aktuell etwa 170 Angestellten begann der Weg zur Klimaneutralität im Jahr 2015 mit der Entwicklung eines QMS-Prozesses sowie der Etablierung interner Regeln zu umweltbewusstem und nachhaltigen Verhalten. Dabei sind es viele kleine Änderungen, die einen großen Unterschied bewirken können.

Der QMS-Prozess sieht unter anderem Umweltbeauftragte an jedem Standort vor. »Die Umweltbeauftragten sind Ansprechpartner für die Kollegen vor Ort, sollen Projekte in die Apotheke hineintragen, über Neuerungen und laufende Projekte aufklären und überprüfen, dass die festgelegten Ziele zum Umweltschutz eingehalten werden«, berichtete Reimers. Zum Teil gebe es auch mehrere Umweltbeauftragte aus verschiedenen Abteilungen an einem Standort. Die Umweltbeauftragten sollen außerdem Ideen der Mitarbeiter in die sogenannten Umweltrunden hineintragen, die die Apotheken zwei bis vier Mal pro Jahr organisieren. Dort werden die neuen Ideen diskutiert sowie die Umsetzung der Umweltziele besprochen.

Der QMS-Prozess betrifft die Bereiche Office, Logistik sowie den apothekenspezifischen Bereich und regelt unter anderem, dass die Apotheke:

  • einmal pro Jahr die Preise umweltfreundlicher Stromanbieter anfragt,
  • beim Einkauf von Geräten und Büroartikeln auf das Umweltzeichen »Blauer Engel« achtet und auf batteriebetriebene Mäuse und Tastaturen möglichst verzichtet,
  • ein Mülltrennsystem etabliert,
  • Faxe auf die E-Mail-Adresse umleitet und ebenfalls per E-Mail verschickt,
  • flüssige und pulvrige Rezepturabfälle nur über den Arzneimittel- oder Gefahrstoffabfall entsorgt,
  • keine Plastiktüten an den Patienten abgibt,
  • bei Kosmetik darauf achtet, dass keine neuen Produkte mit Mikroplastik in das Sortiment aufgenommen werden (dabei orientiert sich die Apotheke am BUND-Einkaufsratgeber zu Mikroplastik ),
  • mit Filtersystemen zur Trinkwasseraufbereitung ausgestattet ist, so dass PET-Flaschen vermieden werden,
  • auf Kaffeekapseln verzichtet,
  • bei der Bestellung von Give-Aways auf die Umweltverträglichkeit achtet (zum Beispiel keine einzelnen Verpackungen und keine Kosmetikprodukte mit Mikroplastik)
  • den Kunden, wenn möglich, umweltfreundliche Alternativen anbietet,
  • interne Hauspost in wiederverwendbaren Umschlägen transportiert,
  • für kurze Strecken Fahrradkurire einsetzt,
  • Logistiktouren zentral steuert, um unnötige Fahrten zu vermeiden
  • eine Tankkarte mit CO2-Ausgleich pro getanktem Liter anschafft,
  • für Dienstreisen im In- und Ausland unter 600 km keine Flüge nutzt,
  • wenn Flüge nicht zu vermeiden sind, diese über »Atmosfair« (international) und »Plant a tree« (national) ausgleicht.

Siegel für Klimaneutralität

Den verbleibenden CO2-Ausstoß kompensieren die Apotheken über den Apothekendienstleistungs-Konzern Noventi. Dabei verpflichtet sich die Apotheke zur Einhaltung bestimmter Maßnahmen vor Ort: die Einführung eines Programms zur Mülltrennung, die Einsparung von Papier und Plastik, der Umstieg auf Druckerzeugnisse aus recycelbarem Papier aus einer klimaneutralen Druckerei sowie die Senkung des Stromverbrauchs und der Umstieg zu einem zertifizierten Ökostromanbieter.

Auf Basis von Angaben zum Stromverbrauch, der Mitarbeiterzahl, zum Fuhrpark, zu Papier und Abfall sowie zur Heizart werden dann die CO2-Emissionen der Apotheke berechnet und der Konzern kompensiert den Ausstoß durch die Unterstützung eines Klimaprojekts, welches der Förderung von Windenergie eines Impfstoffherstellers in Indien dient.

Die Angaben müssen für jede Filialapotheke einzeln ausgefüllt werden. »Ich fand es gar nicht so einfach, alle Angaben zusammenzutragen. Es hat fast ein Jahr gedauert, bis ich die Daten aus den vier Filialen zusammen hatte«, schilderte Reimers. »Aber jetzt wissen wir, was genau den CO2-Ausstoß ausmacht, und wir haben seither unseren QMS-Prozess dahingehend angepasst«, resümierte sie.

Die Zertifizierung durch Noventi gilt vorerst für das Jahr 2021. »Wie es danach mit der Kompensation weitergeht, müssen wir uns noch überlegen. Wenn man seinen CO2-Ausstoß kennt, kann man diesen theoretisch auch eigenständig ausgleichen.«

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