Welche Maßnahmen schützen vor Covid-19? |
Wie Hygienemaßnahmen den Alltag verändern. / Foto: Adobe Stock/Halfpoint
Der Einfluss von Hygienemaßnahmen auf die Prävention einer Infektion mit SARS-CoV-2 und von Covid-19 ist ein wichtiges Thema, das nicht selten Debatten auslöst. Es gibt unzählige Publikationen zu diesem Thema aus allen Teilen der Welt mit teilweise widersprüchlichen Ergebnissen. Dieser Artikel beschreibt Effizienz und Grenzen verschiedener Maßnahmen bezüglich einer Reduktion der Transmission von SARS-CoV-2 und beleuchtet, welche auch nach Aufbau eines ausreichenden Impfschutzes in der Bevölkerung beibehalten werden sollten.
Insgesamt ist die Evidenz für die verschiedenen Maßnahmen überwiegend gering. Zum einen, weil es bisher wenige kontrollierte Untersuchungen gibt, zum anderen, weil es extrem schwierig oder sogar unethisch ist, sich in Studien auf die Umsetzung nur einer spezifischen Präventionsmaßnahme zu konzentrieren. Hinzu kommt, dass die Wissenschaftler zu Beginn der Pandemie ihre Empfehlungen aus Studien und systematischen Reviews ableiten mussten, die im Zusammenhang mit der SARS-Pandemie 2003 oder anderen Atemwegsinfektionen wie Influenza erstellt wurden. Allerdings war und ist immer noch nicht klar, in welchem Maß eine Übertragung dieser Erkenntnisse auf das Vorgehen bei Covid-19 gerechtfertigt ist (1, 2).
Außerdem werden Akzeptanz und Umsetzung von Präventionsmaßnahmen neben der Evidenz von vielen weiteren Faktoren beeinflusst. Viele Maßnahmen stehen im Gegensatz zu langjährigen kulturellen Prägungen. Wer sein Leben lang jedem Besucher freundlich die Hand geschüttelt hat, benötigt Zeit, um sich daran zu gewöhnen, dass dies in Corona-Zeiten nicht vernünftig ist. Normalerweise ist auch die soziale Distanz, wenn sich Menschen begegnen, geringer als 1,5 m. Auch hier muss man sich erst an neue Vorgaben anpassen.
Natürlich besteht eine große Tendenz, eher solche Hygienemaßnahmen umzusetzen, deren Implementierung einfach ist – auch wenn es für ihre Effizienz wenig oder keine Evidenz gibt. Ein Beispiel ist die Oberflächendesinfektion von Tischen in Gartenrestaurants. Deutlich geringer ist die Neigung, unangenehme Maßnahmen umzusetzen, auch wenn dafür gute Daten vorliegen. Dies gilt zum Beispiel für gründliches Fensterlüften in der kalten Jahreszeit, wenn mehrere Personen im Raum sind oder waren.
Insgesamt gilt für die meisten Präventionsvorgaben, dass ein Bündel aus verschiedenen Einzelmaßnahmen am wirksamsten ist. Letztlich kann dann keiner mehr sagen, welche singuläre Maßnahme wahrscheinlich den größten Effekt hatte und welche nur marginal zum gesamten Präventionseffekt beigetragen hat.
Im Wesentlichen werden in der Infektionsprävention drei Übertragungswege unterschieden: über Kontakt, über Tröpfcheninfektion und luftgetragen (aerogen).
Die Kontaktübertragung, zum Beispiel über die Hände, ist der häufigste Infektionsweg. Infektiöse Durchfallerkrankungen wie Noroviren werden so übertragen, aber auch multiresistente Erreger wie multiresistente Staphylokokken (MRSA) und Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE).
Bei der Erregerübertragung über die Luft hat man bisher zwei Varianten unterschieden: die über Tröpfchen und die aerogene Verbreitung über Aerosole. Die klassischen luftgetragenen Infektionen sind Masern und Varizellen; schon lange ist bekannt, dass sie sich sehr schnell verbreiten können und mit hohen Basis-Reproduktionszahlen (R0) assoziiert sind. Die Fähigkeit zur schnellen Verbreitung hatte in unserer Gesellschaft bisher keine gravierenden Konsequenzen, weil fast alle älteren Menschen diese Infektionen in der Kindheit durchgemacht und eine belastbare Immunität erworben haben und die meisten jüngeren gegen diese Virusinfektionen aktiv geimpft sind.
Es wird angenommen, dass SARS-CoV-2 in den meisten Fällen im Nahfeld von Mensch zu Mensch über respiratorische Tröpfchen oder Aerosole übertragen wird. Dabei wird es entweder direkt inhaliert oder auf den Schleimhautoberflächen deponiert und dringt dort in Schleimhautzellen ein. Aerosole, die zum Beispiel beim Husten, Sprechen oder Singen abgeatmet werden, können über die Luft auch im sogenannten Fernfeld weiterverbreitet werden. Die Produktion von Aerosolen kann unter bestimmten Umständen erhöht sein, zum Beispiel bei Aerosol-produzierenden Tätigkeiten im Krankenhaus wie Intubation oder Bronchoskopie.
Welche Aerosole entstehen beim Musizieren? Eine Studie des LMU Klinikums München und des Universitätsklinikums Erlangen mit Musikern des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks (BR) lieferte im November 2020 neue Erkenntnisse. Spitzenreiter bei der Aerosol-Abstrahlung nach vorne war mit 2 m Reichweite die Querflöte. / Foto: Bayerischer Rundfunk
Eine indirekte Übertragung über Ansteckungsherde (»Fomites«), zum Beispiel Oberflächen, wird als möglich angesehen, wurde bisher aber nicht als relevant nachgewiesen. Andere Übertragungswege, zum Beispiel über Blut oder fäkal-oral, wurden bisher nicht berichtet.
Der relative Anteil der Infektionswege Tröpfchen oder Aerosol bei SARS-CoV-2 ist bisher ungeklärt. Die Transmission über Aerosole im Fernfeld ist anteilsmäßig wahrscheinlich geringer als über engen Kontakt im Nahfeld (Tröpfchen und Aerosole). Das Problem ist aber, dass Aerosole sich schnell im Raum ausbreiten können, über Stunden in der Luft schweben und infektiös bleiben können. So können Erreger leicht bis in die Tiefe der Lunge inhaliert werden. Dadurch ist eine Umgehung der Immunantwort des Körpers möglich und somit auch eine Verbreitung vor dem Auftreten erster Symptome (3).
Corona- und Influenzaviren gehören zu den »emerging viruses«, die seit etwa 25 Jahren mehrfach zu Epi- und Pandemien geführt und bis zur genaueren Charakterisierung und Eindämmung der jeweils zirkulierenden Viren teilweise erhebliche Erkrankungszahlen, Todesfälle und ökonomische Schäden ausgelöst haben (Tabelle).
Zunächst war auch für SARS-CoV-2 nicht klar, wie es einzuordnen ist. Daher orientierte man sich in Bezug auf die Präventionsmaßnahmen am ehesten an den Erfahrungen mit SARS-CoV (2). Das Problem war von Beginn an, dass es im Unterschied zur Influenza keine Erfahrungen mit einer Impfstoffentwicklung gab und keine geeigneten antiviralen Medikamente bekannt waren (wie die Neuraminidase-Hemmer bei Influenza).
Daher kam und kommt der Vermeidung der Ausbreitung die entscheidende Bedeutung zu. Dabei wurden die wesentlichen Unterschiede zu anderen Pandemien schnell sichtbar:
Kurzbezeichnung | Virusgruppe | Erstes Auftreten | Auftreten ab/ Pandemie ab |
---|---|---|---|
Influenza-A-Virus H5N1 (»Vogelgrippe«) | Orthomyxoviren | Südchina | seit 1997 weltweite Verbreitung |
SARS-CoV (Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus) | Coronaviren | Südostasien | 2002/03 |
Influenza-A-Virus H1N1 | Orthomyxoviren | Mexiko | 2009/10 |
(»Schweinegrippe«) | |||
MERS (Middle East Respiratory Syndrome-related Coronavirus) | Coronaviren | Arabische Halbinsel | 2012 |
SARS-CoV-2 (Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2) | Coronaviren | Wuhan | 2019/20 |
Da man selbst und jeder Mensch infiziert sein könnte, ohne es zu wissen, muss man die Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 immer befolgen. Das ist die große Herausforderung!
Im Folgenden werden die Maßnahmen in den Kategorien »sinnvoll« und »unsinnig« besprochen. Sinnvoll meint: effizient im Hinblick auf die Vermeidung der SARS-CoV-2-Ausbreitung. Die Einordnung als »unsinnig« ist eher im Sinn von »wenig effektiv« zu verstehen. Die Effizienz ist hier (sofern vorhanden) eher marginal oder die Nebeneffekte, zum Beispiel auf die Umwelt und den Energiehaushalt, überwiegen.
Sinnvoll: Mit dem Abstand zur Infektionsquelle nimmt die Virusverbreitung deutlich ab (8, 9). Deshalb ist Abstandhalten (1,5 m) bei kurz dauernden Kontakten mit einem Indexpatienten effektiv. Bei einem längeren gemeinsamen Aufenthalt im selben Raum reicht Abstandhalten nicht aus, weil dann die Möglichkeit der Virusausbreitung über Aerosole besteht.
Die konsequenteste Form des Abstandhaltens ist, zu Hause zu bleiben und sich dabei auch vom Rest der Familie fernzuhalten. Daher soll man sich zu Hause selbst isolieren, wenn man Symptome einer Atemwegsinfektion entwickelt und noch nicht weiß, ob es Covid-19 sein könnte, oder wenn man Kontakt zu (möglicherweise) Infizierten hatte. Unter Quarantäne wird das behördlich angeordnete Isolieren zu Hause verstanden.
Unsinnig: Eigentlich ist Abstandhalten (> 1,5 m) immer sinnvoll zur Infektionsprävention. Sofern andere Präventionsmaßnahmen greifen, ist es aber nicht notwendig, zum Beispiel bei aktuellem Nachweis der Nicht-Infektiosität durch einen Antigentest.
Sinnvoll: Masken haben zwei Funktionen: Schutz des Trägers selbst und Schutz der Umgebung, falls der Träger infektiös sein sollte. Daher sollten Masken immer getragen werden, wenn andere Personen im Raum oder in der Nähe sind, zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln. Entscheidend ist der dichte Sitz der Masken. Darum sollte man ein Modell auswählen, bei dem man das Gefühl hat, dass es wirklich rundherum gut anliegt.
Selbstverständlich gibt es Unterschiede zwischen den Maskentypen. Stoffmasken haben die geringste Schutzwirkung, sind aber für viele Träger am angenehmsten in ihren Trageeigenschaften. Der chirurgische Mund-Nasen-Schutz (OP-Maske) wurde primär entwickelt zum Schutz der Wunde vor Tröpfchen, die das OP-Team beim Sprechen freisetzt. Sie schützt aber auch den Träger der Maske in bestimmtem Maß vor der Aufnahme von infektiösen Partikeln. An der Charité Berlin haben wir zu Beginn der Pandemie eindrücklich gesehen, dass die Infektionsübertragung unter dem Personal signifikant reduziert wurde, nachdem das generelle Tragen des Mund-Nasen-Schutzes implementiert war (10).
Partikelfiltrierende Halbmasken (FFP-Masken) wurden zum Schutz des Trägers vor festen und flüssigen Aerosolen eingeführt. Ihre Anwendung (in der Regel FFP 2) ist wahrscheinlich mit dem besten Schutz für den Maskenträger assoziiert (11).
Sollte es trotz Maske zu einer Covid-19-Infektion kommen, kann man zumindest davon ausgehen, dass die infektiöse Dosis durch die Maske reduziert wurde und die Erkrankung damit weniger schwer ist (12).
Unsinnig: Der gewünschte Effekt der Maske ist nur gegeben, wenn diese Mund, Nase und Kinn bedeckt und der Nasenbügel angepasst ist. Darüber hinaus haben Untersuchungen gezeigt, dass die »Verpassungsleckage«, das heißt der fehlende Rückhalt beim Ausatmen des Trägers, weniger vom Maskentyp als vielmehr von individuellen Unterschieden zwischen den Maskenträgern abhängt (13). Das bedeutet: Bei manchen Menschen sitzen alle Maskentypen schlecht und bei anderen ist die Leckage immer sehr gering, egal um welchen Typ es sich handelt.
Masken mit Ausatemventil haben zwar eine Schutzwirkung für den Träger selbst, aber nicht für seine Umgebung.
Ein Faceshield allein ist nicht ausreichend, weder für den einen noch den anderen Zweck. In Kombination mit Masken können die Gesichtsvisiere einen zusätzlichen Spritzschutz darstellen.
Anders als bei vielen anderen Infektionskrankheiten sind Menschen, die sich mit SARS-Cov-2 infizieren, bereits vor Auftreten von Symptomen infektiös; die Infektiosität ist sogar vor Beginn der Symptomatik am höchsten. Zudem gibt es viele asymptomatische Verläufe. Daher sind die Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 grundsätzlich immer zu befolgen im Kontakt mit jedem einzelnen Menschen, der einem begegnet. Denn jeder Mitbürger könnte infiziert sein, ohne selbst davon zu wissen. Das ist die große Herausforderung.
Dabei gibt es nicht die eine wirksame Präventionsmaßnahme zur Verhinderung der Ausbreitung. Wegen der Bedeutung des Nah- und des Fernfeldes und der unterschiedlichen Eigenschaften von virusbeladenen Tröpfchen und Aerosolen müssen verschiedene Maßnahmen gleichzeitig und kombiniert beachtet werden. Dazu gehören: Abstand halten, Masken tragen, Lüften, Händehygiene und Flächendesinfektion, sofern sie gezielt eingesetzt wird.
Sinnvoll: Ausbrüche von Covid-19 in Außenbereichen werden nur selten beschrieben. In Innenräumen kann es dagegen zur Anreicherung von infektiösen Aerosolen kommen, sodass das Lüften der Räume eine wichtige Funktion hat.
Je nach Größe der Räume, Art des Lüftens, Anzahl der Menschen im Raum und vor allem Dauer der Exposition reicht das natürliche Lüften über offene Fenster oft nicht aus, um möglicherweise vorhandene Viruspartikel in der Luft sicher nach außen abzuführen. Raumlufttechnische Anlagen mit gefilterter Außenluft oder Umluftanlagen mit HEPA-Filtration können zu einer Verbesserung der Situation beitragen. Die »High Efficiency-Particulate Airfilter« sind Schwebstoff-Filter, die mehr als 99,97 Prozent aller Staubpartikel größer als 0,1 bis 0,3 µm, zum Beispiel Viren, Milbeneier, Pollen, Rauchpartikel, Asbest, Bakterien, toxische lungengängige Stäube und Aerosole, aus der Luft filtern können. Solche Anlagen sind aber in vielen öffentlichen Räumen nicht installiert. Zur Vermeidung von Tröpfcheninfektionen bieten Lüftungsmaßnahmen keinen Schutz.
Kräftiges Lüften von Wohnräumen hilft, infektiöse Aerosolen zu vertreiben, reicht für diesen Zweck aber oft nicht aus. / Foto: Adobe Stock/Andrey Popov
Unsinnig: Der Einsatz von mobilen »Luftreinigern« wird häufig empfohlen. Meist ist das Luftvolumen, das diese Geräte bereitstellen können, aber zu gering für die entsprechende Raumgröße und die Anzahl der Personen im Raum. Lüftungsgeräte nach dem Wirkprinzip der HEPA-Filtration sind im Prinzip in der Lage, virusbeladene Aerosole herauszufiltern.
Geräte, die auf den Prinzipien der Zerstörung von Viren durch UVC-Strahlung, Ionisation oder Ozon arbeiten, sind auf Basis der aktuellen Evidenz nicht zu empfehlen, weil die Nebenwirkungen der Luftbehandlung gegenüber dem Vorteil der Viruszerstörung möglicherweise überwiegen. Außerdem fehlen geeignete Prüfnormen für die Zulassung solcher Geräte und die Festlegung der Einsatzbedingungen.
Sinnvoll: SARS-CoV-2 kann in der Umwelt überleben (14). Da es aber nicht sinnvoll ist, die Umwelt großflächig zu desinfizieren, sollte man sich auf die Reinigung oder das Desinfizieren der Hände konzentrieren, weil Menschen die Umwelt in erster Linie mit den Händen berühren.
Eine aktuelle Untersuchung hat gezeigt, dass Menschen im Median 22 Mal pro Stunde mit ihren Fingern das Gesicht berühren (15). Auf diesem Wege können Infektionserreger von den Händen in Augen, Nase und Mund gelangen und Infektionen auslösen. Daher ist das regelmäßige Händewaschen nach Kontakt mit Oberflächen außerhalb des eigenen Haushalts sinnvoll. In der Regel reicht das Waschen der Hände mit Seife aus, denn die Viren werden dadurch vor allem von den Händen gespült; behüllte Viren werden inaktiviert (16).
Ist kein Waschbecken vorhanden, ist die Händedesinfektion zu empfehlen. Da SARS-CoV-2 zu den behüllten Viren gehört, können alkoholische Desinfektionsmittel diese Viren sicher abtöten.
Unsinnig: Weniger geeignet zur Verhinderung des Übertragens von SARS-CoV-2 sind Einmalhandschuhe. Es besteht die Gefahr, dass die Viren mittels Handschuh von einer Fläche auf die andere übertragen werden und somit die Kontamination der Umgebung sogar gesteigert wird. Außerdem ist es selbst für geübtes medizinisches Personal nicht einfach, beim Ausziehen der Handschuhe eine Kontamination der eigenen Hände zu vermeiden.
Sinnvoll: Wegen der Bedeutung der Speicheldrüsen als Hauptorte der Virusreplikation werden auch orale Antiseptika empfohlen. Sie könnten die Menge der infektiösen Viruspartikel und damit das Risiko für eine Transmission reduzieren.
Inzwischen wurde die antivirale Aktivität von verschiedenen Mundspülsubstanzen auf SARS-CoV-2 untersucht. Diese In-vitro-Studien zeigen, dass im quantitativen Suspensionsversuch verschiedene Substanzen die Eigenschaft haben, SARS-CoV-2 zu inaktivieren (17). Die Frage ist allerdings, ob das auch in vivo gut funktioniert. Laut einem aktuellen Cochrane Review laufen in Bezug auf diese Fragestellung zurzeit einige randomisierte kontrollierte Studien, aber bisher liegen noch keine Ergebnisse vor (18).
Unsinning: Im Moment ist es nicht möglich, eine sichere Aussage zur Wirksamkeit dieser Maßnahme zu treffen, es wird aber – sofern vorhanden – kein großer Effekt erwartet (18).
Sinnvoll: Bei unmittelbarer Kontamination von Flächen mit Atemwegssekret ist eine Flächendesinfektion sinnvoll. Im Übrigen reicht eine »normale« Reinigung von Flächen im öffentlichen Raum und im häuslichen Bereich aus.
Unsinnig: Ungezielte Desinfektionsmaßnahmen sollten vermieden werden. Wenn doch eine Desinfektion von Flächen erfolgt, sollte sie als Wisch- und nicht als Sprühdesinfektion erfolgen, weil diese weniger effektiv und vom toxikologischen Aspekt her zu vermeiden ist.
Solange mit Impfungen noch kein ausreichendes Immunitätsniveau (»Herdenimmunität«) erreicht ist, bleiben die genannten Maßnahmen die wichtigste Prävention. Es ist sicher, dass viele der im Kontext mit Covid-19 eingeübten Präventionsmaßnahmen auch die Weiterverbreitung von anderen Atemwegsinfektionen verhindern. Folgende Maßnahmen sollten daher langfristig beibehalten werden:
Die Erfahrungen mit der Pandemie haben auch gezeigt, dass bisherige Grundsätze der Architektur und der Gestaltung von öffentlichen Gebäuden überdacht werden müssen. Dies gilt zum Beispiel – je nach Konstellation – für Raumgröße, Belüftung und Wegeführung. Innenliegende Räume ohne Möglichkeiten der natürlichen Lüftung sollten vermieden werden oder sind mindestens mit suffizienten raumlufttechnischen Anlagen auszustatten.
Weitere wichtige Lehren: die Notwendigkeit einer besseren Kommunikation von Gesundheitsrisiken und eine gründliche Bildung der gesamten Bevölkerung in puncto Gesundheitskompetenz. Dabei müssen Fachleute den Bürgern erklären, dass es niemals ein Null-Infektionsrisiko geben wird und die Risikobilanz entscheidend ist. Es muss intensiver vermittelt werden, wie entscheidend die Eigenverantwortung ist: Sie beeinflusst nicht nur das eigene Infektionsrisiko, sondern zugleich das Infektionsrisiko der gesamten Bevölkerung.
Petra Gastmeier studierte Medizin an der Martin-Luther-Universität Halle und der Charité in Berlin. Nach der Approbation als Ärztin1983 absolvierte sie die Facharztausbildung für Hygiene und Umweltmedizin. Im Jahr 1990 wurde Gastmeier Krankenhaushygienikerin am Potsdamer Klinikum Ernst von Bergmann. Ab 1993 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Freien Universität Berlin und im Anschluss an ihre Habilitation als Professorin für Krankenhaushygiene an der Medizinischen Hochschule in Hannover. Seit 2008 ist Professor Gastmeier Direktorin des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin der Charité. Zudem leitet sie das Nationale Referenzzentrum für die Surveillance von nosokomialen Infektionen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.