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Reformjahr 2023

Was steht an für die Apotheken?

Zeit für Veränderungen: Das Jahr 2023 wird gesundheitspolitisch viele Reformen bringen. Auch für die Apotheken stehen einige elementare Veränderungen an. Es dürfte viel Positives dabei sein, auf das die Apothekerschaft schon lange gewartet hat. Auch ein Plus an Vergütung zeichnet sich ab – jedoch vermutlich anders als erhofft.
Ev Tebroke
05.01.2023  11:00 Uhr

2023 wird das Jahr der gesundheitspolitischen Reformen: Krankenhausreform, Strukturreform im Gesundheitswesen, Reform der Notfallversorgung, der Gesundheitsversorgung auf dem Land und in strukturschwachen Gebieten und die von der Koalition angekündigte Novelle eines Apotheken-Stärkungsgesetzes. Von der Digitalisierungsreform mal ganz abgesehen, die seit längerer Zeit langsam, aber sicher voranschreitet. Fakt ist: Nach den Pandemiejahren und zwangsläufigem politischen Handlungsfokus ist nun endlich Zeit für grundsätzliche und dringend benötigte Anpassungen und Novellen im Gesundheitswesen. Neben einem zweiten Spargesetz sollen vor allem die diversen Strukturreformen zu einem effizienteren und effektiveren Gesundheitssystem führen.

Was das angekündigte Spargesetz betrifft, so scheinen die Apotheken diesmal nicht von Einsparungen betroffen zu sein. Schon mit dem Gesetz zur Stabilisierung der Finanzen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstabilisierungsgesetz) sind die Apotheken durch den auf zwei Jahre befristeten Kassenabschlag nach ABDA-Angaben mit einem Sparbeitrag von 240 Millionen Euro netto beteiligt. Laut ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening hätten viele maßgebliche Politiker nun für 2023 Kompensationen für die Apotheken in Aussicht gestellt. Wie diese ausfallen könnten, ist noch unklar.

Bislang gibt es keine politischen Signale für eine beabsichtigte Erhöhung des Apothekenhonorars. Die packungsbezogene Vergütung von derzeit 8,35 Euro war zuletzt 2013 um 25 Cent erhöht worden. Die Apothekerschaft hatte immer wieder für eine Dynamisierung des Fixhonorars gekämpft, jedoch ohne Erfolg. Eine bessere Vergütungssituation dürfte zwar mit dem im Koalitionsvertrag angekündigten und ebenfalls für die kommenden Monate geplanten neuen Apotheken-Stärkungsgesetz kommen. Jedoch ist zu erwarten, dass sie eher sachbezogen erfolgen wird, sprich über eine Ausweitung des Leistungsspektrums in Apotheken.

Mehr Leistungen, mehr Geld

Bereits seit Mitte 2022 haben Apotheken die Möglichkeit, über das Angebot neuer pharmazeutischen Dienstleistungen zusätzliche Einnahmen zu generieren. Zudem biete die Einbindung der Offizinen in die Impfungen neues Potenzial, wie die Apothekenexpertin der Grünen, Paula Piechotta, gegenüber der PZ betont.

Die Regierung hat zudem auch die Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken über die Vor-Ort-Apotheken angedacht. Ein erstes Eckpunktepapier hatte Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) Ende Oktober zur Vorabprüfung nach Brüssel geschickt. Ziel sei es, die Pläne auf EU-Rechtskonformität prüfen, um eine »zweite Maut« zu verhindern, so Lauterbach, sprich beim finalen Notifizierungsverfahren dann zu scheitern. Dem Vernehmen nach hat die EU-Kommission Einwände. Dass die Apotheken also bereits im Jahr 2023 als legale Abgabestelle für Cannabis zu Genusszwecken agieren könnten, scheint somit unwahrscheinlich.

Neben neuen Services könnten auch bereits vorhandene Leistungen, die bislang nicht honoriert wurden, den Apotheken künftig Geld einbringen: etwa das Lieferengpass-Management. Dies ist seit Jahren eine zentrale Forderung der ABDA, denn mit Zunahme der Lieferengpass-Problematik hat sich die Arbeit in der Apotheke sehr intensiviert. Das Managen der Rabattverträge und die Suche nach Alternativen, wenn ein Medikament nicht lieferbar ist, fressen im Apothekenalltag viel Zeit. Zeit, die nicht vergütet ist. Laut Overwiening ist mittlerweile die Hälfte der Patientenkontakte in Apotheken von Lieferengpässen betroffen.

Die Lieferengpässe sind mittlerweile auch ein drängendes Thema der Regierung. Ein entsprechendes Generika-Gesetz, dessen Entwurf im Januar kommen soll und zu dem das BMG vor Weihnachten bereits ein Eckpunktepapier präsentiert hat, soll das Problem angehen. Lauterbach plant eine Reform des Vergaberechts bei Rabattverträgen. So soll nicht mehr automatisch der kostengünstigste Anbieter den Zuschlag erhalten, sondern auch Herstellungsort und Liefersicherheit sollen maßgeblich sein. Auf Exklusivvergaben an nur einen Hersteller will der Minister künftig ganz verzichten.

Reform der Notfallversorgung

Ein weiterer Schwerpunkt der Gesundheitspolitik liegt auf der Krankenhausreform. Dazu hat das Bundesgesundheitsministerium Anfang Dezember ein Eckpunktepapier vorgelegt. Für das erste Quartal 2023 ist auch eine Reform der Notfallversorgung angekündigt. Für die Apotheken ist zudem die geplante Neuregelung für Botendienste relevant.

Im Koalitionsvertrag heißt es zur Optimierung der Notfallversorgung: »Die Arzneimittelversorgung durch Apotheken an integrierten Notfallzentren in unterversorgten Gebieten verbessern wir durch flexiblere Vorgaben in der Apothekenbetriebsordnung (ApoBetrO).« Dabei geht es um eine Bevorratung mit Notfallmedikamenten in Notfallzentralen und ein mögliches Dispensierrecht für diese Medikamente. Außerdem plant die Koalition, den Nacht- und Notdienstfonds zu einem »Sicherstellungsfonds« weiterzuentwickeln, um »eine Verordnungsfähigkeit für Notfallbotendienste in der ambulanten Notfallversorgung« zu schaffen, wie es im Koalitionsvertrag heißt.

Wie ein solcher Sicherstellungsfonds funktionieren soll, der die Notdienstversorgung in ländlichen Regionen mit nur wenigen Apotheken finanziell attraktiver machen soll, ist derzeit noch offen. Ein Modell für Sicherstellungszuschläge hatten die Grünen vor einigen Jahren vorgelegt. Es sieht vor, dass wirtschaftlich starke Apotheken einen Teil ihres Umsatzes in einen Fonds zahlen, aus dem kleinere Apotheken dann höhere Abschläge für gewisse Leistungen wie etwa Notdienste erhalten können.

Grundsätzlich soll ein weiteres neues Gesetz die Strukturen der Gesundheitsversorgung neu aufstellen und so mehr Effizienz garantieren. Ein Fokus liegt dabei auf der Stärkung der Apotheken auf dem Land und in strukturschwachen Regionen. Strukturveränderungen müssten dabei punktgenau erfolgen, damit sie zielführend sind, hatte Overwiening zuletzt betont.

Was genau die Politik hier plant, ist unklar. Fakt ist aber, dass das Fremdbesitzverbot unangetastet bleibt. Die FDP, zeitweise Befürworter eines Versorgungsmodells mit Apothekenketten, hat das Thema für beendet erklärt. »Die Diskussion darüber ist vorbei,« so deren gesundheitspolitischer Sprecher Professor Andrew Ullmann jüngst im PZ-Podcast.

Weniger Bürokratie im Gesundheitswesen

Und noch ein Vorhaben der Ampel steht für das Jahr 2023 auf der politischen To-do-Liste: ein Bürokratiegesetz. Dies soll Ärzte, Patienten und Apotheken von unnötigem Dokumentationsballast befreien und so die Gesundheitsversorgung optimieren.

Im Koalitionsvertrag liest sich das so: »Durch ein Bürokratieabbaupaket bauen wir Hürden für eine gute Versorgung der Patientinnen und Patienten ab. Die Belastungen durch Bürokratie und Berichtspflichten jenseits gesetzlicher Regelungen werden kenntlich gemacht. Wir verstetigen die Verfahrenserleichterungen, die sich in der Pandemie bewährt haben.« Apotheker dürfen auf das Beibehalten der erleichterten Arzneimittelabgabe im Rahmen von Rabattverträgen hoffen. Zudem könnte es endlich zur Abschaffung der zeitfressenden Regeln zur Präqualifizierung kommen.

Und sonst? War da nicht noch etwas? Ach ja: Das E-Rezept kommt! Laut Gematik soll ab Mitte 2023 das Einlösen mittels elektronischer Gesundheitskarte (EGK) beschleunigt werden. Dann sollen E-Rezepte in den Apotheken auch per EGK einfach und sicher eingelöst werden können. Das BMG will das E-Rezept bis 2025 als Standard in der Arzneimittelversorgung etabliert haben. Dann sollen 80 Prozent der gesetzlich Versicherten über eine elektronische Patientenakte (EPA) verfügen, heißt es im Eckpunktepapier zur Digitalisierungsstrategie.

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