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Coronapandemie

Was kommt in den nächsten drei Monaten?

Masketragen und gute Händehygiene: Das sind wichtige Allgemeinmaßnahmen, um gut durch den Coronaherbst zu kommen. Privatdozent Dr. Martin Stürmer vom IMD Labor Frankfurt appellierte in der Pharmaworld bei der Expopharm an die Eigenverantwortung jedes Einzelnen.
Brigitte M. Gensthaler
15.09.2022  11:30 Uhr

Im Herbst erwartet Virologe Stürmer eine neue Pandemiewelle mit einem SARS-CoV-2-Omikrontyp. Auf den dann kursierenden Subtyp wollte er sich jedoch nicht festlegen. Seine Prognose: »In Kürze werden die Infiziertenzahlen angesichts des Endes der Sommerferien und des Oktoberfests in München deutlich steigen.«

Das Masketragen – auch wenn es politisch weitgehend nicht mehr vorgeschrieben ist – sei ein wichtiges Instrument. »Viel einfacher können wir das Risiko nicht reduzieren.« Auch die Händehygiene sei nach wie vor als Infektionsschutz, nicht nur vor Coronaviren, sinnvoll. »Sich ordentlich die Hände zu waschen, ist immer sinnvoll, auch ohne Pandemie. Die Desinfektion braucht es aber nicht in jedem Setting. Da muss man den goldenen Mittelweg finden.«

Nicht sinnvoll sei die politische Maßgabe, dass positiv getestete, aber asymptomatische Personen sich nicht isolieren müssen. Es sei keinesfalls zu empfehlen, zur Arbeit zu gehen, wenn man positiv getestet ist. Für Arbeitgeber sei nichts gewonnen, wenn sich das Team ansteckt und ausfällt.

Stürmer appellierte bei der Pharmaworld an die Eigenverantwortung der Menschen, sich und andere zu schützen. Der Virologe riet allen Personen mit Risikofaktoren für einen schweren Covid-19-Verlauf, sich umgehend boostern zu lassen, wenn die letzte Impfung oder Infektion drei bis sechs Monate zurückliegt. »Wenn wir alle Maßnahmen nutzen, kommen wir gut durch den Herbst.«

Wann welchen Impfstoff nehmen?

PZ-Senior-Editor Professor Dr. Theo Dingermann hatte bereits auf die Vielfalt der verfügbaren Impfstoffe hingewiesen. Die Impfstoffe müssten gemäß ihrer Zulassung, zum Beispiel zur Grundimmunisierung oder zur Boosterung, patientengerecht eingesetzt werden. Boostern dürfe man nur mit mRNA-Impfstoffen; hier kamen kürzlich die angepassten bivalenten Impfstoffe hinzu, die sich gegen die Ursprungsvariante des Virus und gegen die Omikron-Variante BA.1 oder BA.4/BA.5 richten. Die neuen Impfstoffe sind nicht für die Grundimmunisierung zugelassen.

Impfende Apotheker sollten sich eine Strategie überlegen, riet Dingermann, aber damit auf die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) warten. Damit sei in den nächsten Tagen rechnen. Vermutlich sei es empfehlenswert, mit der aktuellsten Variante aufzufrischen; dies rät bereits jetzt zumindest die Sächsische Impfkommission (SIKO).

Viel Hoffnung setzt Dingermann auf nasale und inhalative Impfstoffe; zwei solcher Schleimhautimpfstoffe wurden Anfang September in Indien und China zugelassen. Diese Adenovirus-basierten Vektorimpfstoffe induzieren einen umfassenden Immunschutz. »Den besten Schutz vor Covid-19 bietet eine Hybridimmunität und dazu brauchen wir nasale Impfstoffe, die eine Schleimhautimmunität anstoßen«, erklärte Dingermann. Diesen umfassenden Schutz könne man ansonsten nur durch eine Infektion plus Impfung erreichen.

Covid-Therapeutika: viel erreicht, aber ….

Auch bei den Covid-19-Therapeutika hat sich viel getan, wie Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz von der Goethe-Universität Frankfurt am Main berichtete. Aktuell gibt es drei Gruppen antiviraler Substanzen: monoklonale Antikörper wie Sotrovimab (Xevudy®) und die Kombination Tixagevimab/Cilgavimab (Evusheld®), Polymerase-Hemmstoffe wie Molnupiravir (Lagevrio®) und Remdesivir (Veklury®) sowie den Protease-Inhibitor Nirmatrelvir kombiniert mit Ritonavir (Paxlovid™). Eventuell könnten die Enzymhemmer auch kombiniert werden.

Laut den Therapieempfehlungen von neun Fachgesellschaften sind Antikörper und Paxlovid die Mittel der ersten Wahl bei Patienten mit entsprechenden Risikofaktoren; Mittel der zweiten Wahl ist Molnupiravir. Schubert-Zsilavecz sieht noch viel Forschungsbedarf. »Wir brauchen noch mehr Protease- und Polymerase-Hemmstoffe, damit wir künftig auch Kombitherapien anbieten können. Damit können auch Resistenzen verhindert werden.«

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