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Virusinfektion

Was ist eigentlich ein Hüftschnupfen?

Plötzlich fangen Kinder an zu hinken, krabbeln wieder oder können nur unter Schmerzen aufstehen. Die Symptome eines solchen Hüftschnupfens sind meist die Hinterlassenschaften eines viralen Infekts.
Judith Schmitz
03.11.2020  11:00 Uhr

Der Hüftschnupfen, auch als Coxitis fugax oder transiente Synovitis bezeichnet, ist eine vorübergehende Entzündung des Hüftgelenks. Konkret ist die Gelenkinnenhaut der Gelenkkapsel betroffen, die das Hüftgelenk umgibt. Jakob Maske, Pressesprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte in Berlin, erklärt, dass sich als Folge dieser Entzündung Flüssigkeit innerhalb der Hüftgelenkskapsel ansammelt, wodurch sich die Kapsel dehnt. Diese verursacht den Schmerz. In der Regel ist nur ein Hüftgelenk entzündet. Pro Jahr erkrankt etwa eines von tausend Kindern. Jungen trifft es zwei- bis dreimal häufiger als Mädchen, meist sind es Drei- bis Achtjährige. Laut Maske gibt es keinen Hinweis dafür, dass Erkrankte später eher eine Arthrose oder Arthritis bekommen.

Bis heute ist nicht geklärt, welcher pathogene Mechanismus dem Hüftschnupfen zugrundeliegt. Vermutet wird eine Immunreaktion des Körpers auf einen vorausgehenden Virusinfekt. Und in der Tat: Dem Hüftschnupfen geht meist ein Schnupfen voraus, dessen Viren dann quasi als Folgewirkung in der Hüfte die Beschwerden verursachen. Manchmal war das Kind zuvor aber auch an einem Erkältungshusten oder einem Magen-Darm-Infekt erkrankt.

Im Gegensatz zu seinem Namensgeber, dem Schnupfen, handelt es sich bei den Beschwerden in der Hüfte um eine nicht ansteckende Kinderkrankheit. In der Regel verläuft sie harmlos und hinterlässt keine bleibenden Schäden. Allerdings ist ein Hüftschnupfen schmerzhaft. Die Kinder humpeln. Einige können vor Schmerzen nicht aufstehen. Mitunter klagen die Kinder über schmerzende Knie. Die Körpertemperatur ist normal bis leicht erhöht. Das Gangbild des Kindes ist verändert. Der Arzt stellt er eine mit Schmerzen verbundene eingeschränkte Innenrotation eines Hüftgelenks fest. Die anschließende Ultraschalluntersuchung zeigt, dass sich dort viel Flüssigkeit angesammelt hat. Das Blutbild zeigt leicht erhöhte Werte für das C-reaktive Protein als Entzündungsmarker und für die Leukozyten. In der Regel erfolgt jedoch keine Blutbestimmung zur Diagnose des Hüftschnupfens.

Schmerzen behandeln

Als Mittel der Wahl empfiehlt Kinder- und Jugendarzt Maske Ibuprofen. So werde neben der Schmerzhemmung gleichzeitig der Heilungsprozess unterstützt. Das Medikament darf bis zu vier Mal täglich in der Dosierung 10 mg pro Kilogramm Körpergewicht eingenommen werden. Nun heißt es abwarten, dass die Flüssigkeit durch körpereigene Prozesse aus dem Hüftgelenk transportiert wird und die Entzündung abklingt. Eine spezielle Schonung ist laut Maske nicht notwendig. Anfangs sollte das Kind allerdings auf Sport verzichten. Kindergarten und Schule dürfen besucht werden.

In der Regel tritt der Hüftschnupfen nur einmal auf. Meist ist er nach drei, selten erst nach zehn Wochen verschwunden. Je älter das Kind jedoch ist und auch je länger die Symptome anhalten, desto wahrscheinlicher könnten andere – schwerwiegendere - Hüfterkrankungen dahinterstecken. Deshalb sind eine genaue Diagnose und die Kontrolle des Verlaufs so wichtig.

Differenzialdiagnosen

Tritt plötzlich Fieber auf, ist die Haut im Hüftbereich gerötet und warm, liegt ein bakterieller Infekt nahe. Er ist im Bereich der Hüfte allerdings sehr selten. Auch gilt es, einen Morbus Perthes auszuschließen. Diese Kinderkrankheit entsteht aufgrund einer Durchblutungsstörung des Hüftkopfes, deren Ursache noch nicht geklärt ist. Eine genetische Komponente wird vermutet. Es kommt zu einer Verformung von Hüftkopf und Hüftpfanne mit schlechter Gelenkbeweglichkeit.

Bei Hüftschmerzen sollte der behandelnde Arzt auch an Rheuma oder eine Borreliose nach einem Zeckenstich denken, die Schmerzen und Entzündungen an Gelenken verursachen kann. Nicht zuletzt können Wachstumsschmerzen und Tumorerkrankungen Hüftschmerzen auslösen.

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