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Corona-Impfstoff

Virusähnlicher-Partikel-Impfstoff aus Pflanzen

Eine Besonderheit der Impfstoffentwickelung zum Schutz vor schweren Covid-19-Verläufen besteht darin, dass nicht nur außergewöhnlich viele Projekte initiiert wurden, sondern diese auch auf sehr vielen verschiedenen Technologiekonzepten beruhen. Eine dieser Technologien ist die Synthese des Antigens in Pflanzen – ein eher ungewöhnlicher und vielleicht deshalb umso interessanterer Ansatz.
Theo Dingermann
25.05.2021  07:00 Uhr

In einer Arbeit, die jetzt in »Nature Medicine« publiziert wurde, berichten kanadische Wissenschaftler um Brian J. Ward der Firma Medicago in Quebec City über die Ergebnisse einer Phase-I-Studie eines SARS-CoV-2- Impfstoffkandidaten, dessen Antigen in Pflanzen produziert wird.

Bei diesem Antigen handelt es sich um einen SARS-CoV-2-spezifischen virusähnlichen Partikel (VLP). Das Volllängen-S-Protein enthält die Aminosäuresubstitutionen R667G, R668S und R670S an der S1/S2-Spaltstelle, sowie die Substitutionen K971P und V972P, um das Protein in der Präfusionskonformation zu stabilisieren. Als Expressionssystem verwendet das Team die pflanzenbasierte Produktionsplattform von Medicago. Basis dieses Systems ist die transiente Transfektion von Nicotiana benthamiana mithilfe eines modifizierten Agrobacterium-tumefaciens-Vektors. Das rekombinante Expressionsplasmid persistiert danach episomal in den Zellkernen der Pflanzenzellen.

Mit dieser Plattform wurden bereits auch Hämagglutinin-tragende VLP gegen die Vogelgrippe und die saisonale Influenza hergestellt. Für diese gut untersuchten Impfstoffe konnte gezeigt werden, dass sie eine ausgewogene humorale und T-Zell-Antworten induzieren.

In einer ersten klinischen Studie der Phase I wurde nun der CoVLP-Impfstoff allein oder mit den Adjuvanzien AS03 oder CpG1018 gesunden, seronegativen Erwachsenen im Alter von 18 bis 55 Jahren verabreicht. 180 Probanden (56,7 Prozent Frauen und 43,3 Prozent Männer) wurden in die Studie eingeschlossen, die an zwei Zentren in Kanada durchgeführt wurde.

Je etwa 20 Probanden wurden unterschiedliche Antigenkonzentrationen (3,75 μg, 7,5 μg und 15 μg) und unterschiedliche Formulierungen (unadjuvantiertes CoVLP, CoVLP plus AS03 und CoVLP plus CpG1018) verabreicht. Von den 180 Teilnehmern, die die erste Dosis des Impfstoffs erhalten hatten, bekamen 178 auch eine zweite Dosis.

Wirksamkeit und Verträglichkeit

Das unadjuvantierte CoVLP induzierte nach der ersten Dosis keine nachweisbare Antikörperreaktion und die humoralen Reaktionen waren selbst nach der zweiten Dosis schwach und uneinheitlich. Dagegen zeigten die adjuvantierten Antigene signifikante Effekte. Zwar war der Dosiseffekt der Adjuvanzien marginal. Dagegen induzierte die CoVLP-plus-CpG1018-Formulierung bei höheren CoVLP-Dosen eine konsistent gute Immunantwort.

Obwohl beide Adjuvanzien leicht nachweisbare IgG-Titer nach der ersten Dosis induzierten, wurden neutralisierende Antikörper nur bei den Probanden nachgewiesen, die eine CoVLP-plus-AS03-Formulierungen erhalten hatten. Beide Adjuvanzien induzierten robustere Reaktionen nach der zweiten Dosis. Der mittlere Anstieg an neutralisierenden Antikörpern zwischen der ersten und zweiten Dosis lag zwischen dem acht- und 18-Fachen bei den Probanden, die die CpG1018-adjuvantierte Formulierung erhalten hatten und zwischen dem 28- und 92-Fachen bei den Probanden, die mit einer AS03-adjuvantierten Formulierung immunisiert worden waren.

Lokale und systemische unerwünschte Ereignisse wurden während eines 15-minütigen Beobachtungszeitraums nach jeder intramuskulären Impfung sowie während zweier telefonischer Kontakte an den Tagen 1 und 8 abgefragt. Die Nebenwirkungen waren meist leicht bis mäßig (Grade 1 und 2). Bei den adjuvantierten Formulierungen war die Häufigkeit der berichteten systemischen unerwünschten Ereignisse erhöht. Die Häufigkeit und der Schweregrad der unerwünschten Ereignisse waren nach der ersten und zweiten Dosis in allen Gruppen ähnlich, nahmen aber nach der zweiten Dosis bei den Teilnehmern, die eine mit AS03 adjuvantierte Formulierungen erhalten hatten, tendenziell zu.

Der aus Nicotiana benthamiana isolierte und formulierte CoVLP-Impfstoff kann bei 2 bis 8 °C gelagert werden. Man muss abwarten, ob sich dieser ungewöhnlich hergestellter Impfstoff im Markt behaupten kann. 

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