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Silvesterfeuerwerk

Verkaufsverbot schützt auch die Augen

Das diesjährige Verbot von Silvesterfeuerwerk wegen des harten Corona-Lockdowns erspart auch in anderer Hinsicht großes Leid. Es hilft, schätzungsweise 500 Verletzungen an den Augen zu vermeiden, die sich alljährlich durch Böller, Raketen & Co zum Jahreswechsel ereignen.
PZ
30.12.2020  15:00 Uhr

An Silvester und am Neujahrstag wird bundesweit ein An- und Versammlungsverbot umgesetzt. Darüber hinaus gilt ein Feuerwerksverbot auf durch die Kommunen zu definierenden publikumsträchtigen Plätzen. Der Verkauf von Pyrotechnik wird in diesem Jahr generell verboten und vom Zünden von Silvesterfeuerwerk generell dringend abgeraten – auch vor dem Hintergrund der hohen Verletzungsgefahr und der bereits enormen Belastung des Gesundheitssystems durch Covid-19, heißt es in der entsprechenden Beschlussvorlage der Bundesregierung.

Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) und ihre »Stiftung Auge« begrüßen diesen Beschluss. »Nicht nur, dass viele Verletzungen vermieden werden können. Die Kliniken werden in dieser angespannten Pandemie-Situation entlastet«, betont der DOG-Präsident Professor Dr. Hagen Thieme. Angesicht der zu Silvester auftretenden Augenverletzungen rege die DOG seit Langem an, über ein Verbot privat genutzter Knallkörper zum Jahreswechsel nachzudenken. »Feuerwerk gehört in die Hände professioneller Pyrotechniker«, unterstrich Thieme in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem Präsidenten der »Stiftung Auge«, Professor Dr. Frank Holz.

Bereits einer DOG-Umfrage zum Jahreswechsel 2016/2017 gemäß seien an bundesweit 59 Augenkliniken insgesamt 523 Verletzte gemeldet worden. »Silvester 2019/2020 dann hat der Anteil der Augenverletzungen der Unter-18-Jährigen mit 40 Prozent einen neuen Höchstwert erreicht«, so Studienautorin Dr.  Ameli Gabel-Pfisterer, Potsdam. Zudem habe sich bestätigt, dass mit 60 Prozent mehrheitlich unbeteiligte Zuschauer oder Passanten Opfer von Verletzungen werden.

Junge Männer besonders gefährdet

»Drei Viertel der Patienten kommen mit vergleichsweise leichten Verletzungen an Augenlid, Hornhaut oder Bindehaut davon, die ambulant behandelt werden können«, machte der Ko-Autor Professor Dr. Daniel Böhringer, Freiburg, deutlich.

Fast jeder vierte Patient sei jedoch von einer schweren Verletzung betroffen, die stationär oder sogar in einer Notoperation versorgt werden muss. »Dazu zählen Prellungen oder Risse im Augapfel, oft in Verbindung mit Verletzungen am Lid und der Augenoberfläche«, so Böhringer. Teilweise komme es zusätzlich zu Trommelfellschäden oder Verletzungen an der Lunge, im Gesicht oder an Händen, die im Extremfall sogar eine Amputation erforderlich machten.

Insgesamt weisen Jungen und junge Männer ein deutlich höheres Risiko für schwere Verletzungen auf. Schätzungsweise 40 Prozent der schwer Verletzten werden vermutlich unter dauerhaften Folgen wie Sehverschlechterung oder Narbenbildung leiden. Das sei besonders fatal, wenn die Betroffenen am Beginn ihres Berufslebens stehen, machten die Ophthalmologen deutlich.

Kinder, so die DOG, verletzen sich vor allem an Knallkörpern, die sie zum Beispiel vom Boden aufsammeln und nach dem Zünden zu lang in der Hand halten. Erwachsene hingegen ziehen sich Verletzungen mehrheitlich durch Raketen, aber auch durch vermeintlich harmlose Pyrotechnik, etwa Bengalische Lichter oder Wunderkerzen zu.

Auch das Öffnen einer Sektflasche kann ins Auge gehen

Insgesamt verzeichnen Augenärzte und -kliniken jährlich rund 300.000 Augenverletzungen pro Jahr in Deutschland, hieß es bei einer Pressekonferenz zum Kongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) im Oktober. Bis zu 95 Prozent seien leicht und könnten meist ambulant behandelt werden, doch die restlichen 5 Prozent führten häufig zu lebenslangen Behinderungen. 

Die Augenärzte warnten jedoch, dass eine scheinbar glimpflich verlaufende Augenverletzung noch Jahre später zu Folgekomplikationen wie Grünem Star, Grauem Star oder Netzhautablösung führen könne.

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