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Molnupiravir

US-Zulassungsantrag für erstes orales Corona-Medikament 

Die US-Unternehmen MSD und Ridgeback haben am Montag die Notfallzulassung für Molnupiravir als Medikament zur Behandlung von milden bis moderaten Covid-19-Verläufen bei Risikopatienten in den USA beantragt. Auch in der EU wird eine Zulassung angestrebt.
Daniela Hüttemann
12.10.2021  17:00 Uhr

Gedacht ist das antivirale Molnupiravir zunächst für erwachsene SARS-CoV-2-Infizierte mit milden bis moderaten Covid-19-Symptomen, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf mit Hospitalisierung haben. Nachdem am Montag der Antrag auf Notfallzulassung bei der FDA eingereicht wurde, sollen Anträge in anderen Ländern in den kommenden Monaten folgen. In der EU ist bislang noch kein entsprechendes Verfahren gestartet.

Die Zwischenergebnisse der Phase-III-Studie MOVe-OUT hatten kürzlich gezeigt, dass das relative Risiko für eine Krankenhauseinweisung oder Tod innerhalb der folgenden 29 Tage durch die Gabe von Molnupiravir gegenüber Placebo um die Hälfte reduziert werden konnte: Während 7,3 Prozent der Patienten (28 von 385) unter Molnupiravir-Therapie hospitalisiert wurden oder starben, waren es unter Placebo 14,1 Prozent (53 von 377). Während im Verumarm kein Todesfall auftrat, waren es unter Placebo acht – bei vergleichbarer Nebenwirkungsrate (12 versus 11 Prozent). Die Teilnehmer erhielten innerhalb der ersten fünf Tage nach Symptombeginn bis zu 800 mg Molnupiravir zweimal täglich über fünf Tage. 

Molnupiravir (MK-4482 oder EIDD-2801) ist ein Ribonukleosid-Analogon, dass als falscher Baustein bei der Virusreplikation eingebaut wird und diese so hemmt. Das Wirkprinzip ist also wie beim bereits zugelassenen Remdesivir. Allerdings ist dieses schlecht bioverfügbar und muss stationär infundiert werden, während Molnupiravir als Tablette oder Kapsel auf den Markt kommen soll – ein immenser Vorteil, da der größte Nutzen bei milder bis moderater Infektion, also im ambulanten Setting, zu erwarten ist.

Bei schwerer Covid-19-Erkrankung ist das Entzündungsgeschehen im Körper bereits so heftig, dass antivirale Mittel häufig nicht mehr den gewünschten Erfolg bringen. MSD hat folgerichtig derzeit keine Studien mehr im Programm, die den Effekt bei schwerem Covid-19 untersuchen. Dagegen läuft bereits die MOVe-AHEAD-Studie, in der Molnupiravir als Post-Expositionsprophylaxe Haushaltsangehörigen von Corona-Infizierten gegeben wird. 

Zwischen 15 und 700 US-Dollar pro Packung

Entwickelt wurde der Wirkstoff ursprünglich von Drug Innovations at Emory (DRIVE), einer Non-Profit-Biotech-Firma im Besitz der Emory University. Zumindest die Grundlagenforschung wurde staatlich gefördert.  Daher fordert die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen bereits eine Patentfreigabe und kritisiert den von MSD anvisierten hohen Preis.

Dieser liegt laut Ärzte ohne Grenzen voraussichtlich bei 700 US-Dollar (etwa 600 Euro) für die fünftägige Behandlung. Chemisch betrachtet ist Molnupiravir ein einfach herzustellendes Molekül. Ärzte ohne Grenzen zitiert eine neue Studie der Harvard-Universität, nach der bereits ein Preis von 20 Dollar tragbar wäre. Indische Generikahersteller könnten das Medikament sogar für weniger als 15 Dollar (13 Euro) pro Packung herausbringen, da der Wirkstoff in Indien noch nicht patentiert ist – das wäre ein 46-mal niedrigerer Preis.

»Das Medikament muss so schnell wie möglich für alle Menschen, die es brauchen, verfügbar und bezahlbar gemacht werden, sobald es zugelassen wurde«, fordert Ärzte ohne Grenzen, gerade für Covid-19-Patientinnen und Patienten in ärmeren Ländern, wo immer noch immer Milliarden von Menschen ungeimpft und besonders anfällig für die Krankheit seien.

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