UPD: Kein Wettbewerbsproblem beim E-Rezept |
Noch in diesem jahr sollen über E-Rezept-Apps die ersten E-Verordnungen in die Apotheken kommen. / Foto: imago images / Future Image
Bis zum 30. Juni muss die Gematik die für die flächendeckende Nutzung der E-Rezepte nötigen Komponenten veröffentlichen. Im Patientendatenschutzgesetz (PDSG) ist vorgesehen, dass dazu auch eine Handy-App gehört, mit der die Patienten E-Verordnungen an eine Apotheke ihrer Wahl weiterleiten können. Allerdings sieht das Gesetz auch vor, dass Drittanbieter ihre »Mehrtwertanwendungen« mit der Gematik-App verbinden können. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wurde beauftragt, in einer Rechtsverordnung zu konkretisieren, unter welchen Voraussetzungen sich diese Drittanbieter mit der Gematik-App verbinden können.
Diese Verordnung steht noch aus, dem Vernehmen nach soll sie im Frühjahr vom Ministerium ausgegeben werden. Schon im Vorfeld des Beschlusses des PDSG hatten Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Gematik-Chef Markus Leyck Dieken allerdings dargestellt, wie diese Anbindung aussehen könnte. Patienten sollen die Möglichkeit erhalten, die E-Rezepte aus der Gematik-App in andere Anwendungen weiterzuleiten.
Klar ist, dass diese Handy-Apps von Drittanbietern – im Gegensatz zur Gematik-App – nicht werbe- und interessenfrei sind. Natürlich haben beispielsweise die großen Versandhändler das Interesse, den Patienten neben der Rezepteinlösung noch weitere Angebote zu machen. Die Apothekerschaft hatte immer vor Wettbewerb im Umfeld der Rezepteinlösung gewarnt – der Deutsche Apothekerverband (DAV) hatte deshalb auch angeboten selbst eine Handy-App zu bauen, die interessen-, werbe- und diskriminierungsfrei ist. Denn auch aus Patientensicht stellt sich die Frage, ob Wettbewerb in einem empfindlichen Bereich wie der Arzneimittelversorgung angebracht ist.
Unter anderem um dieses Thema ging es am gestrigen Dienstag in einer digitalen Talk-Runde des BMC-Kongresses. Der Kongress wird jährlich vom Bundesverband Managed Care ausgerichtet – die gestrige Talk-Runde war gesponsert von einem der Partner des BMC, der Zur-Rose-Gruppe. Beteiligt waren Tobias Leipold, Chef der Zur-Rose-Tochter E-Health-Tec, Marcel Weigand, Leiter Kooperationen bei der Unabhängigen Patientenberatung (UPD) sowie Julia Hagen, zuständig für »Regulatory & Politics« beim Health Innovation Hub des BMG.
Auf Nachfrage der PZ zu den Wettbewerbsmöglichkeiten beim E-Rezept erklärte Weigand, dass er aus Patientensicht »keine Wettbewerbsprobleme« bei der geplanten Konstruktion sehe. Denn: »Patienten werden die Möglichkeit haben, zu ihren E-Rezepten über die Gematik-App in verschiedenen Apotheken Anfragen zu stellen.« Sie seien »völlig frei« in der Entscheidung, wo sie ihre Verordnung einlösen wollen. Auch Hagen verteidigte das derzeit geplante Konstrukt und erinnerte daran, dass im PDSG das Makelverbot mitbeschlossen wurde, welches die freie Apothekenwahl absichere.
Der UPD-Experte Weigand fügte hinzu, dass das E-Rezept keine »Stand-alone-Lösung« bleiben dürfe. Vielmehr sei es wichtig, auch andere Digital-Komponenten, wie etwa die E-Patientenakte und den E-Medikationsplan, miteinander zu verknüpfen. Er wünsche sich auch, dass die Digitalisierung der Arzneimittelversorgung »nicht nur über Handys« geplant werde. Vielmehr sei es wichtig, insbesondere auch an ältere Menschen zu denken, die möglicherweise kein Smartphone nutzen (können). Er wies auch darauf hin, dass das E-Rezept und die von der Gematik geplante App nicht nur »auf den neuesten Handys« laufen können solle. Ältere Menschen nutzten häufiger auch ältere Smartphones – auch auf diesen Geräten müsse man die Verordnungen anwenden können.
Tobias Leipold, Geschäftsführer bei E-Health-Tec, berichtete aus dem E-Rezept-Modellprojekt, das die Zur-Rose-Tochter gemeinsam mit der Techniker Krankenkasse (TK) in Hamburg gestartet und dann bundesweit ausgerollt hat. Alleine im Hamburger Stadtteil Wandsbek, wo das E-Rezept derzeit in zwei Apotheken getestet wird, seien mehr als 1000 E-Verordnungen über die Handy-App abgewickelt worden. Auf die Nachfrage der PZ, ob sich die TK und die Zur-Rose-Tochter an die seit Mitte 2020 geltenden Spezifikationen der Gematik für das E-Rezept halten, wollte Leipold nicht konkret antworten. Die Vorgehensweise sei »sehr ähnlich« wie von der Gematik vorgesehen.
Seit einigen Monaten ist auch klar, dass E-Health-Tec seine IT-Expertise in die Erstellung des nationalen E-Rezept-Dienstes einbringt. Zur Erinnerung: Die Zur Rose ist Subunternehmerin der IBM Deutschland, die von der Gematik in Sachen E-Rezept-Fachdienst beauftragt wurde. Gematik-Chef Leyck Dieken hatte im PZ-Interview erklärt, dass die Mitarbeiter/-innen von E-Health-Tec keinerlei strategischen Einfluss auf das Projekt haben, einige »Programmierer« seien beteiligt. Auf Nachfrage der PZ wollte am gestrigen Dienstag auch Leipold keine näheren Details zur konkreten Beteiligung und den genauen Aufgaben seiner Firma in dem Projekt bekanntgeben.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.