Telepharmazie und Messenger für das Verbändeportal |
Im Juni soll das Verbändeportal der Apothekerschaft einen neuen Kommunikationsdienst bekommen, mit dem unter anderem telepharmazeutische Angebote realisiert werden können. / Foto: Getty Images/Westend61
Im November 2021 gründeten 16 Landesapothekerverbände die Gesellschaft für digitale Services der Apotheken (Gedisa). Erste und vorerst einzige Aufgabe der Gesellschaft: Die Betreuung und Weiterentwicklung der Portal-Landschaft der Apothekerschaft, auch »Verbändeportal« genannt. Das Online-Konstrukt hat zwei Seiten: Die Apothekenseite («mein-apothekenportal.de«), die von 98 Prozent der Apotheken in Deutschland schon intensiv genutzt wird, beispielsweise zur Zertifikatsausstellung, und schon jetzt die größte Nutzeranwendung in der Telematik-Infrastruktur ist. Die Kundenseite des Portals («mein-apothekenmanager.de«) beinhaltet eine Apothekensuche, in der auch Details wie Öffnungszeiten und der Standort von Apotheken gezeigt werden. Außerdem gibt es weitere Informationen zu Botendienst-Angeboten oder Coronatests und eine einfache Kommunikationsmöglichkeit.
Seit ihrer Gründung hat die Gedisa insbesondere an der Weiterentwicklung der Portale gearbeitet und will nun im Juni mehrere Neuigkeiten veröffentlichen. Konkret geht es um ein neues Kommunikationssystem im Portal, das sowohl von Kunden als auch den Apothekenteams vielseitig genutzt werden kann. Gemeinsam mit dem IT-Dienstleister Famedly hat die Gedisa als Kernstück des neuen Kommunikationssystems einen Messenger entwickelt, in dem sich Apotheker mit Kunden kurzschließen können. Möglich sind beispielsweise einfache Textnachrichten, die Übermittlung der bisherigen Papierrezepte, aber auch das neue E-Rezept wird unterstützt. Zur Erklärung: Selbst wenn sich die Gesamteinführung der digitalen Version des E-Rezepts weiter verzögern sollte, ist das Verbändeportal vorbereitet. Per Foto-Funktion können Kunden ab August deutschlandweit die QR-Codes der E-Rezepte einfach abfotografieren und über das Verbändeportal an die Apotheke ihrer Wahl schicken.
Doch der Messengerdienst im Apothekenmanager geht über Textnachrichten hinaus. Die Apotheken können ihren Kunden mithilfe des Messengers auch Video-Beratungen anbieten. Des Weiteren sollen die Apothekenteams den Messenger auch nutzen können, um sich organisatorisch innerhalb des Filialverbunds auszutauschen. Gedisa-Geschäftsführer Sören Friedrich erklärt: »Die Apotheken erhalten Nachrichtenanfragen ihrer Patienten und von Mitarbeitern aus anderen Filialen in unterschiedlichen digitalen Postfächern. In einem Postfach sammeln sich zum Beispiel die Textnachrichten der Patienten zu deren Rezepten, in einem anderen sammeln sich Anfragen nach telepharmazeutischen Beratungen.« Zur Datensicherheit des Systems erklärt Friedrich: »Wir haben das System so aufgebaut, dass jeder Apothekeninhaber den Kommunikationsdienst für seinen Filialverbund bzw. für seine Einzelapotheke auf einem eigenen Web-Server ablegt. Das bringt uns nicht nur Sicherheit, sondern auch die Möglichkeit, die Leistungen und Anforderungen der Apotheken zu späteren Zeitpunkten zu individualisieren.«
Die Gematik hatte schon vor einiger Zeit sogenannte Spezifikationen für Kommunikationslösungen im Gesundheitswesen unter dem Namen (TIM – Telekommunikation im Gesundheitswesen) herausgegeben. Laut Gedisa-Chef Friedrich hat die Gesellschaft ihre Kommunikationslösung nach diesem Standard im Gesundheitswesen gebaut und strebt eine Zulassung als TIM-Dienstleister an. Bezuschlagt die Gematik diesen Antrag, dürften die Apotheken über das Gedisa-Tool künftig auch auf einer hochsicheren Basis mit anderen Leistungserbringern kommunizieren, beispielsweise mit Pflegeheimen, Praxen oder auch Krankenhäusern. Auch die schnelle, direkte Verbindung zu Kammern und Verbänden über den Messenger wäre dann möglich.
Friedrich zufolge arbeitet die Gesellschaft aber auch daran, dass die neuen Kommunikationslösungen in die Warenwirtschaftssysteme der Apotheker eingebaut werden können. Man spreche mit den Software-Herstellern und strebe eine solche Lösung an. Doch selbst wenn dies nicht gelingt, sei die Nutzung des Messengers über das Apothekenportal weiterhin problemlos möglich, so Friedrich.
In vielen Apothekerverbänden hatte es rund um die Gedisa-Gründung Fragen zur Finanzierung und zur Effizienz der neuen Digital-Gesellschaft gegeben. Friedrich stellte gegenüber der PZ nun klar, dass der neue Messengerdienst – inklusive Telepharmazie-Möglichkeit für die Patienten – sowohl für die Apotheken als auch für die Kunden kostenlos bereitgestellt werde. Die Entwicklungs- und Betriebskosten, die laut Friedrich bei weit über 1 Million Euro pro Jahr liegen, trägt die Gedisa. »Das ist und war die Idee eines kollektiven Finanzierungsansatz, für die 50 Euro je Monat pro Betriebsstätte werden wir nicht nur ein multifunktionales Kommunikationstool nach BSI-Standard, sondern auch weitere unterstützende Systeme bereitstellen«, so Friedrich.
Ist das Projekt Portal-Messenger abgeschlossen, hat die Gedisa schon die nächsten Vorhaben geplant: Man wolle schon bald eine Kalenderfunktion für Apotheken präsentieren, mit der beispielsweise interne Termine aber auch externe Termine, wie etwa Kundengespräche oder auch Impftermine, geplant werden können. Außerdem sei es ein langfristiges Ziel, im Sinne der Kunden eine zentrale Kundenakte aufzubauen, die über gesamt Deutschland hinweg, eine qualifizierte Bewertung der Medikationsdaten auf Basis geprüfter Informationen ermöglicht. Vorbild könnte das sogenannte »Dossier Pharmaceutiqe« aus Frankreich werden, welches einen immensen Anteil zur Verbesserung der Versorgungsqualität der Kundinnen und Kunden in Frankreich beigetragen hat.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.