Tapinarof-Creme überzeugt |
Sven Siebenand |
11.07.2022 10:00 Uhr |
Für die Lokalbehandlung der Plaque-Psoriasis gibt es in den USA einen neuen zugelassenen Arzneistoff. Das Wirkprinzip von Tapinarof ist innovativ. / Foto: Adobe Stock/hriana
Plaque-Psoriasis ist mit 80 bis 90 Prozent aller Fälle die häufigste Form der Schuppenflechte. Bei Menschen mit heller Haut ist Plaque-Psoriasis durch erhabene, rote oder rosafarbene Hautflecken mit silbrig-weißen Schuppen gekennzeichnet. Menschen mit schwarzer oder brauner Haut haben eher braune oder violette Flecken mit silbrig-weißen oder grauen Schuppen. Die schuppenden Hautstellen können jucken und schmerzen.
Die Therapie der Schuppenflechte hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. So wurden unter anderem einige Antikörper für die systemische Therapie in den Markt eingeführt. Weniger schwer betroffene Patienten können auch rein lokal behandelt werden. Hierfür werden schon seit Langem Glucocorticoide oder Präparate mit Calcitriol oder Tacalcitol eingesetzt. Für die topische Therapie gab es zuletzt aber keine weiteren Innovationen.
In den USA hat sich das nun geändert. Dort ist Tapinarof für die lokale Behandlung Erwachsener zugelassen und kommt damit für leichte oder mittelschwere Formen der Erkrankung oder als Ergänzung zur Systemtherapie bei schweren Formen infrage. Zulassungsunterlagen bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) liegen noch nicht vor.
Tapinarof ist ein Agonist am Arylhydrocarbon-Rezeptor (AhR). Bindet daran eine Substanz, wandert der Rezeptor in den Zellkern und heterodimerisiert mit einem weiteren Protein (ARNT) zu einem Transkriptionsfaktor. Das hilft im Falle von Tapinarof, verschiedene Wege zu regulieren, die bei der Plaque-Psoriasis gestört sind.
So hat die Substanz unter anderem eine antientzündliche Wirkung, indem sie dazu führt, dass die Genexpression proinflammatorischer Zytokine wie IL-17A und -F, aber auch IL-4, -5 und -13 reduziert wird. Dieses Wirkprinzip trägt ferner dazu bei, die gestörte Hautbarrierefunktion wieder zu verbessern. Dies erfolgt durch Hochregulation von Barriereproteinen wie Filaggrin, Loricrin und Involucrin.
Diskutiert wird zudem eine gesteigerte antioxidative Aktivität dank Tapinarof, die durch Stärkung des Nrf2-Signalwegs zustande kommt und damit oxidativem Stress entgegenwirkt. Gerade der letzte Punkt ist ein wichtiger Unterschied zu Dioxin, das ebenfalls an AhR bindet, jedoch nicht als antioxidativer Ligand. Das Gift bereitet der Zelle stattdessen ordentlich oxidativen Stress.
Zurück zu Tapinarof: Im »New England Journal of Medicine« sind die Ergebnisse der beiden identische Phase-III-Studien PSOARING 1 und 2 veröffentlicht. Die Teilnehmer wendeten darin über zwölf Wochen entweder einmal täglich eine 1-prozentige Tapinarof-Creme an oder das wirkstofffreie Vehikel. Vorteile in der Verumgruppe konnten dabei beobachtet werden.
Die Autoren der Arbeit kommen zu dem Schluss, dass die Tapinarof-Creme der Vehikelkontrolle bei der Verringerung der Schwere der Plaque-Psoriasis überlegen war. Vorgeschlagen wurden aber noch größere und längere Studien, um Wirksamkeit und Sicherheit von Tapinarof-Creme im Vergleich zu bestehenden Behandlungen bei Psoriasis zu bewerten.
Apropos Sicherheit: Zu den beobachteten Nebenwirkungen von Tapinarof zählten Follikulitis, Nasopharyngitis, Kontaktdermatitis, Kopfschmerzen und Infektionen der oberen Atemwege.
Was den Punkt längere Studien angeht, gibt es bereits positive Ergebnisse aus der Verlängerungsstudie PSOARING 3. Patienten aus den vorherigen Studien wurden darin über 40 Wochen unterschiedlich behandelt. Besonders interessant: Wer mit einem Physician’s Global Assessment (PGA)-Score von 0, also Beschwerdefreiheit, in die Studie kam, wurde zunächst nicht weiter mit Tapinarof behandelt. Im Durchschnitt dauerte es danach 115 Tage, bis der PGA bei ihnen auf mindestens 2 gestiegen war. Das spricht für eine langanhaltende Wirkung. Ebenfalls positiv: Mehr als 40 Prozent der Teilnehmer erreichten während der Studie mindestens einmal einen PGA von 0.
Aufgrund des Wirkprinzips könnte Tapinarof auch eine Option bei anderen Hauterkrankungen sein. So informiert der Hersteller über eine Phase-III-Studie bei atopischer Dermatitis. Die Tatsache, dass darin sowohl Erwachsene als auch Kinder aufgenommen werden, legt nahe, dass der neue Wirkstoff auch für Kinder mit Schuppenflechte infrage kommen könnte.