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Covid-19

Studie mit Vektor-Impfstoff gestartet

Auch aus England kommt ein Impfstoffkandidat gegen Covid-19: Die Universität Oxford hat vor wenigen Tagen mit einer klinischen Studie mit einem Vektor-Impfstoff begonnen. Sie lässt ihn sogar schon jetzt produzieren.
Christina Hohmann-Jeddi
01.05.2020  14:56 Uhr

Forscher um Professor Dr. Sarah Gilbert vom Jenner Institute der Universität Oxford haben eine Phase-I/II-Studie initiiert, in die etwa 1.100 gesunde Freiwillige im Alter von 18 bis 55 Jahren als Probanden eingebunden werden sollen. Die eine Hälfte soll den Impfstoffkandidaten erhalten, die Kontrollgruppe eine zugelassene Meningitis-Vakzine. Die ersten Probanden wurden schon Ende April geimpft, meldet die Universität. In der Regel erhalten sie nur eine Dosis des Impfstoff, nur zehn Freiwillige erhalten eine zweite Dosis im Abstand von vier Wochen.

Die in Oxford entwickelte Vakzine ChAdOx1 nCoV-19 basiert auf einem abgeschwächten Adenovirus aus Schimpansen (ChAd), das die Information für das Spike-Protein des SARS-CoV-2 enthält. Der Vektor kann sich im Körper des Geimpften nicht mehr vermehren, aber er kann das Spike-Protein produzieren, das SARS-CoV-2 für den Eintritt in Wirtszellen benötigt. »Mit der Impfung mit ChAdOx1 nCoV-19 hoffen wir, dass wir den Körper dazu bringen, das Spike-Protein zu erkennen und eine Immunantwort dagegen zu induzieren, die den Viruseintritt in menschliche Zellen und damit Infektionen verhindert«, heißt es in der Mitteilung der Universität.

Die jetzt gestartete Studie soll die Sicherheit und die Effektivität des Kandidaten bei der Erzeugung einer Immunantwort untersuchen. Die verwendeten Impfstoffdosen wurden anhand von bisherigen Erfahrungen mit dem ChAdOx1-Vektor ermittelt. Den Forschern zufolge wurden ChAdOx1-basierte Impfstoffe gegen andere Erreger bereits bei 320 Personen getestet. Diese seien sicher und gut verträglich gewesen, hätten aber zum Teil vorübergehende Effekte wie Temperaturerhöhung, Kopfschmerzen und Schmerzen an der Einstichstelle ausgelöst. Den gleichen Vektor verwenden die Forscher auch in Impfstoffkandidaten unter anderem gegen MERS, Influenza, Chikungunya und Zika.

Der Vakzinkandidat gegen das eng mit SARS-Coronaviren verwandte MERS-Coronavirus mit dem Kürzel »ChAdOx1 MERS« hatte sich in einer ersten klinischen Phase-I-Studie als sicher und verträglich erwiesen. Eine einzige Dosis konnte eine humorale und zelluläre Immunantwort auslösen, hieß es Ende 2019 in einem Artikel in »The Lancet Infectious Diseases«.

Die ersten acht Probanden der jetzt gestarteten Studie sollen nach der Impfung für 48 Stunden überwacht werden, der Rest erhält nach der Immunisierung ein Aufnahmegerät, um alle Symptome festzuhalten. Zudem werden die Probanden zu bestimmten Zeitpunkten einbestellt, um die Immunantwort zu untersuchen.

Wann erste Ergebnisse vorlägen, sei schwer absehbar, heißt es in der Mitteilung. In einem »Lancet«-Artikel über das Forscherteam sagt Gilbert: »Das Best-Case-Scenario ist, dass wir bis zum Herbst 2020 Effizienzdaten aus einer Phase-III-Studie vorliegen haben und bereits in der Lage sind, große Mengen des Impfstoffs herzustellen.« Aber dieser Zeitplan sei sehr ehrgeizig und könne sich noch ändern.

Die Studie wird vom britischen Institut für Gesundheitsforschung und von UK Research and Innovation unterstützt. Finanzielle Zuschüsse erhält auch die Forschung an Skalierungsmethoden, mit denen größere Mengen an Impfstoffen in kürzerer Zeit hergestellt werden können, heißt es in dem Artikel weiter.

Produktion hat bereits begonnen

Das Team um Gilbert plant, eine Million Dosen des Impfstoffs schon bis September dieses Jahrs hergestellt zu haben. Die Produktion soll einem Bericht von »European Pharmaceutical Review« zufolge bereits an sieben Produktionsorten weltweit begonnen haben – in der Hoffnung auf eine spätere Zulassung.

Neben der Studie mit ChAdOx1 CoV-19 laufen nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits sieben weitere Untersuchungen mit Covid-19-Impfstoffkandidaten (Stand 30. April). Darunter befindet sich ein weiterer Vektor-Impfstoff, ebenfalls ein nicht-replizierendes Adenovirus vom chinesischen Herstellerunternehmen CanSino Biological Inc. in Zusammenarbeit mit des Peking Institut für Biotechnologie.

Von den 94 von der WHO gelisteten Impfstoffprojekten weltweit befassen sich 25 mit replizierenden oder nicht-replizierenden viralen Vektoren. Beispiel für einen Vektorimpfstoff ist der vor Kurzem zugelassene Ebola-Impfstoff Ervebo®. Bei der Vakzine von MSD handelt es sich um ein vermehrungsfähiges Vesikuläres Stomatitis-Virus (VSV), dem die Information für ein Glykoprotein des Zaire-Ebolavirus eingebaut wurde. Zulassungen für Impfstoffe auf Basis von nicht-replizierenden Vektoren gab es bislang keine.

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