Spuren von Impf-mRNA in Muttermilch gefunden |
Annette Rößler |
04.10.2022 14:00 Uhr |
In einer neuen Untersuchung konnte zwar nachgewiesen werden, dass Impf-mRNA in die Muttermilch übergehen kann. Dies geschieht allerdings in so geringem Ausmaß, dass die Impfung von Stillenden trotzdem als sicher gilt. / Foto: Adobe Stock/jfk design
Die Boten-RNA (mRNA) in den Covid-19-Impfstoffen Comirnaty® von Biontech/Pfizer und Spikevax® von Moderna ist in Lipid-Nanopartikel verpackt und wird zum allergrößten Teil von Muskelzellen am Ort der Impfung aufgenommen. Ein geringer Anteil der Impf-mRNA kann jedoch auch in andere Körpergewebe gelangen. Ob im Zuge dieser sogenannten Biodistribution auch Impf-mRNA in die Muttermilch übergeht, hat jetzt ein Team um Dr. Nazeeh Hanna von der New York University untersucht und das Ergebnis im Fachjournal »JAMA Pediatrics« veröffentlicht.
Die Forscher analysierten die Milch von elf Müttern, die während der Stillzeit entweder mit Comirnaty (sechs Probandinnen) oder Spikevax (fünf Probandinnen) geimpft worden waren. Es wurden insgesamt 131 Milchproben untersucht, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten zwischen einer Stunde vor der Impfung und fünf Tage danach abgepumpt worden waren.
In sieben Proben von fünf verschiedenen Teilnehmerinnen, die bis zu 45 Stunden nach der Impfung gewonnen worden waren, fanden die Forscher Spuren der Impf-mRNA. Diese war dabei vor allem in extrazellulären Vesikeln nachweisbar, aber weder in der Fettfraktion der Milch noch in deren zellulären Bestandteilen. Da sie nur in sehr wenigen Milchproben Impf-mRNA fanden und dies auch nur in überaus niedrigen Konzentrationen, halten die Autoren die Impfung von stillenden Müttern mit mRNA-Impfstoffen für sicher, insbesondere wenn zwischen der Impfung und dem nächsten darauffolgenden Stillen 48 Stunden vergehen.
Zu den Limitationen ihrer Untersuchung zählt die Gruppe um Hanna die kleine Teilnehmerinnenzahl und den fehlenden Nachweis, ob die in der Milch gefundene mRNA translational aktiv ist, also überhaupt in SARS-CoV-2-Spike-Protein übersetzt werden kann. Sicherheitshalber raten die Autoren davon ab, Kinder unter sechs Monaten innerhalb von 48 Stunden nach einer Impfung der Mutter mit einem mRNA-Impfstoff zu stillen. Unter Berücksichtigung dieser Vorsichtsmaßnahme sei die Impfung von Stillenden sicher.
Vor gut einem Jahr waren ebenfalls in »JAMA Pediatrics« die Ergebnisse einer ganz ähnlichen Untersuchung erschienen. Damals hatten die Autoren um Dr. Yarden Golan von der University of California in San Francisco keine Impf-mRNA in der Muttermilch nachweisen können. Sie hatten angemerkt, dass die möglicherweise vorhandenen winzigen Impf-mRNA-Mengen, die sie mit ihrer Messmethode nicht erfassen konnten, ohnehin vom Säugling verdaut würden – ein Hinweis, der auch bei der Interpretation der aktuellen Ergebnisse berücksichtigt werden sollte.
In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Impfung von stillenden Frauen mit zwei Dosen eines mRNA-Impfstoffs im Abstand von drei bis sechs Wochen (Comirnaty) beziehungsweise vier bis sechs Wochen (Spikevax). Frauen unter 30 Jahren sollen Comirnaty erhalten.
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