Spahn in der Kritik wegen neuer Masken-Affäre |
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verteidigt sich derzeit gegen Vorwürfe nach denen er mangelhaft getestete Masken unter anderem an Obdachlose abgeben wollte. / Foto: imago images/IPON
Der »Spiegel« hatte berichtet, dass das BMG Anfang 2020 für schätzungsweise eine Milliarde Euro unbrauchbare Masken gekauft hatte. Weil sie offenbar regulär nicht verteilt werden durften, sollten sie nach den Ministeriumsplänen an Hartz-IV-Empfänger, Behinderte und Obdachlose abgegeben werden. Inzwischen sei der Plan aber geändert worden und die Masken sollen als Teil der Nationalen Gesundheitsreserve eingelagert werden.
Laut dem Bericht hat das BMG die Masken in China bestellt. Die Ware sei nicht nach hohen Standards getestet worden. Teils seien sie beim TÜV Nord mit einem Verfahren geprüft worden, bei dem auf bestimmte Prüfschritte verzichtet worden sei. Nicht geprüft worden sei, was mit den Masken passiere, wenn sie 24 Stunden lang 70 Grad ausgesetzt seien und wenn sie 20 Minuten getragen seien. Auch seien bei Masken, die per Sonderzulassung nach Deutschland geholt worden seien, zunächst lediglich Dokumente geprüft worden, nicht aber die Masken selbst. Diese seien zumindest teilweise nachgetestet worden.
Das Gesundheitsministerium habe mit dem für Arbeitsschutz zuständigen Arbeitsministerium über die Verwendung der Masken verhandelt, so der «Spiegel» unter Berufung auf einen Schriftwechsel von Gesundheitsstaatssekretär Thomas Steffen und dessen Amtskollegen im SPD-geführten Arbeitsressort, Björn Böhning. Bei diesem Austausch habe das Gesundheitsressort solche Masken auch für Menschen mit Behinderung und für Obdachlose vorsehen wollen. Die Masken nachzutesten dauere zu lange, dann sei eine «kostenfreie zeitnahe Belieferung» dieser Menschen «nicht mehr realistisch», habe das Gesundheitsressort geschrieben. Dann seien doch nachgetestete Masken dafür verwendet worden.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil zeigte sich «geschockt» über den entsprechenden Bericht. Klingbeil sagte bei einer Wahlkampfveranstaltung seiner Partei: «Das muss umgehend aufgeklärt werden, aber es muss dann auch klar sein, wenn das stimmt (...), dann muss es Konsequenzen im Gesundheitsministerium geben.» Es sei «unmenschlich, was dort passiert ist». Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, sagte: «Nun also noch ein Maskenskandal und wieder kein Rücktritt oder irgendwelche Konsequenzen.» Kritik kam auch aus der FDP und von den Grünen.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wies die Darstellung zurück. «Einzelne Äußerungen von heute unterstellen, dass die Gefährdung von Menschen in Kauf genommen wurde - auch von Angehörigen besonders vulnerabler Gruppen. Das ist ein nicht akzeptabler Vorwurf, der von keinen Fakten gedeckt ist. Das BMG weist ihn entschieden zurück«, so das Statement des Ministeriums. Bei der kostenlosen Verteilung von Masken an Einrichtungen der Obdachlosen- und Eingliederungshilfe habe jederzeit der bestmögliche Schutz im Vordergrund gestanden, betonte die BMG-Pressestelle zudem. «Andere Erwägungen haben seitens des BMG keine Rolle gespielt.»
Laut «Spiegel» gibt es aktuell den Plan, die Masken in einer nationalen Notreserve des Bundes zu lagern. Nach dem Ende ihres Verfallsdatums sollten sie vernichtet werden. Auch das wies das BMG zurück: «Entscheidungen über die Vernichtung von Warenbeständen hat die Bundesregierung nicht getroffen.» Die Masken seien zum Infektionsschutzes voll einsatzfähig. Sie würden in die neue Nationale Reserve Gesundheitsschutz überführt. Das Ministerium habe bei seinen Beschaffungen in der Notlage 2020 «strikt» auf Qualität geachtet. Mangelhafte Masken habe das Ministerium nicht bezahlt. Zu den Prüfungen teilte das Ministerium mit, warum auf eine Prüfung der Masken mit Erhitzung auf 70 Grad verzichtet worden sei: Diese Konstellation gebe es im pandemischen Geschehen nicht.
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer forderte von den Koalitionsfraktionen, sie sollten verhindern, «dass mangelhafte Masken in der Nationalen Reserve Gesundheitsschutz eingelagert werden». Nach Ansicht der Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink trägt Spahn die Verantwortung, wenn Menschen mit Behinderung und benachteiligen Menschen minderwertige Masken angedreht werden sollten. Treffe das zu, wäre das mit seinem Amt «nicht vereinbar».