Spahn: Es ist genug Impfstoff für alle da |
Große Nachfrage nach Booster-Impfungen: Ärzte soll vorerst auf Spikevax von Moderna setzen. / Foto: Imago Images/Kirchner-Media
Hinter Jens Spahn (CDU) dürfte wieder einmal ein unruhiges Wochenende liegen. Am Freitag waren Pläne des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) bekannt geworden, in der deutschen Impfkampagne künftig verstärkt Spikevax® von Moderna zum Einsatz zu bringen. Für Comirnaty® gilt ab sofort eine Bestellobergrenze, so sollen vorerst pro Woche nur noch 2 bis 3 Millionen Dosen des Biontech-Vakzins in die Auslieferung gehen.
Die Ankündigung des BMG stieß auf breite Kritik in Politik und Gesellschaft. Ein Grund dafür ist die Erklärung, die das Ministerium für die geplante Kürzung zunächst bot. Demnach droht einigen Moderna-Dosen auf Lager im ersten Quartal 2022 der Verfall. Am heutigen Montag nun war der Bundesgesundheitsminister bemüht, das Bild ein Stück weit wieder geradezurücken. Demnach ist das Ablaufdatum der Impfstoffe »zwar ein wichtiger, aber nicht der entscheidende Grund«, betonte Spahn vor der Bundespressekonferenz in Berlin.
Wie es aussieht, war die Bundesregierung selbst überrascht von der großen Nachfrage nach Booster-Impfungen. Die hatte im Laufe der vergangenen Tage plötzlich angezogen. Für diese Woche haben Ärzte und Impfzentren die Rekordsumme von 6,3 Millionen Impfdosen bestellt und dabei zu mehr als 90 Prozent auf Comirnaty gesetzt. Damit hätten sich die Lager des Bundes schnell geleert, so Spahn. »Wir halten nichts zurück.« Auch neue Lieferungen von Biontech würden sofort in die Auslieferung an die Ärzte gehen.
Der Minister geht zudem davon aus, dass viele Stellen wie Arztpraxen, aber auch Apotheken bereits über Impfstoffpuffer verfügen. Dies zeige ein Abgleich der Bestellungen mit der Anzahl der bereits erfolgten Impfungen. Demnach dürften mit den heute ausgelieferten Impfstoffen rund 8 bis 9 Millionen Biontech-Dosen unverimpft lagern. Der Aufbau eines Puffers sei gut, so Spahn. »Das haben wir so aber nicht erwartet.«
Bis Jahresende sollen insgesamt 24 Millionen Dosen Comirnaty zur Verfügung stehen. Zugleich hat sich die Bundesregierung das Ziel von 25 bis 30 Millionen Boosterimpfungen bis Ende Dezember gesetzt. »Ein Großteil der Auffrischimpfungen wird also mit Biontech möglich sein«, betonte Spahn. Aber: »Auch Moderna kann, soll und muss in die Verimpfung.« Rund 16 Millionen Dosen Spikevax hat der Bund demnach auf Lager, weitere Lieferungen sind unterwegs. Bis zum Jahreswechsel sollen auf diese Weise insgesamt 50 Millionen Dosen mRNA-Impfstoffe bereitstehen. »Damit ist genug für alle anstehenden Impfungen da«, so der Minister. Zudem stehe Deutschland mit Biontech bereits im Gespräch über mögliche Nachlieferungen.
Viele Ärzte sehen mit den gekappten Bestellungen mehr Beratungsaufwand in den Praxen auf sich zukommen. Zudem müssen sie die bereits erfolgte Terminvergabe unter Umständen noch einmal umplanen. Schließlich reicht ein Vial Spikevax für 20 Impfungen, entsprechend viele Termine müssen sie auf einmal koordinieren. Bei Comirnaty lassen sich lediglich sechs Dosen aus einem Fläschchen ziehen. Er bedauere den zusätzlichen Aufwand in den Praxen sehr, sehe derzeit aber keinen anderen Weg, so Spahn.
Auch in den Apotheken dürfte die neue Vorgabe für mehr Arbeit sorgen. Die Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz hat den Bundesgesundheitsminister in einer Resolution dazu aufgefordert, die Bestellobergrenze wieder zurückzunehmen. Die kurzfristige Umstellung und die mangelnde Akzeptanz der neuen Regelung in Gesellschaft und Arztpraxen gefährdeten den Erfolg der Impfkampagne, heißt es darin. Damit gerate die »überaus notwendige Steigerung der Corona-Impfrate« in Gefahr.
Auch Thomas Müller, Leiter der Arzneimittel-Abteilung im BMG, verteidigte derweil die Kürzung der Biontech-Bestellmengen. So habe die Gesellschaft mit Blick auf die Impfstoffversorgung zum Teil sehr hohe Erwartungen, die sich nicht immer erfüllen ließen, sagte er heute im Rahmen der Konferenz »Pharma-Trends«. Müller wies darauf hin, dass der Coronavirus-Impfstoff von Biontech der beliebteste in Deutschland sei. »Wir können die Bestellungen aber nicht auf nationaler Ebene steuern. Alle Bestellungen und Verträge wurden auf EU-Ebene abgeschlossen. Deswegen ist es aufgrund unseres Portfolios nicht immer zu 100 Prozent möglich, die Anforderungen in der Gesellschaft zu decken. Derzeit müssen wir aus diesem Grund beispielsweise dafür sorgen, dass wir auch bereits bestellte Moderna-Impfstoffe in die Versorgung bringen.«