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Covid-19-Impfstoffe

So werden Nebenwirkungen überwacht

Wenn ein Arzneimittel oder ein Impfstoff neu zugelassen wird, kann niemand jede denkbare Nebenwirkung kennen. Das gilt auch für die neuen Covid-19-Vakzinen. Wie geht es nach der Zulassung weiter? Erstmals kommt dabei auch eine eigens entwickelte App des Paul-Ehrlich-Instituts zum Einsatz.
dpa
PZ
29.12.2020  12:00 Uhr

Die Fachleute vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erläutern, dass die klinische Erprobung eines Arzneimittels an einer relativ geringen Zahl von Teilnehmern erfolge. «Seltene oder sehr seltene unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen oder andere Risiken im Zusammenhang mit der Arzneimittelanwendung können in klinischen Prüfungen üblicherweise nicht erkannt werden», schreiben die Experten.

Das Bundesgesundheitsministerium versichert in seiner Impfstrategie: «Nur Impfstoffe mit dem Nachweis einer positiven Nutzen-Risiko-Bilanz werden zugelassen und kommen in die Versorgung.» Es sei dennoch eine Überwachung im Rahmen der breiten Anwendung erforderlich, um potenzielle Risiken der Impfstoffe schnellstmöglich zu erfassen. Zuständig dafür ist in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel. Das PEI setzt dabei auf Meldungen von Herstellern, Ärzten und Apotheken, aber auch direkt von Patienten und ihren Angehörigen.

Für Bürger führt der einfachste Weg über die Online-Plattform nebenwirkungen.bund.de, von wo die Informationen direkt an die zuständigen Behörden gehen. Zum Abschluss der Meldung erhält man eine elektronisch erzeugte Eingangsbestätigung, die alle Angaben zusammengefasst darstellt. Die darin enthaltene Bearbeitungsnummer dient eventuellen Rückfragen. Persönliche Daten können, müssen aber nicht angegeben werden.

Behörde entwickelt App SafeVac2.0

Außerdem ist eine neue Smartphone-App des PEI verfügbar. Die Anwendung «SafeVac 2.0» dient laut Institut dazu, möglichst rasch neue Erkenntnisse zu Verträglichkeit und Risiken des Impfstoffs zu gewinnen. Es werde auch erfasst, wie viele der Teilnehmer die Impfung gut vertragen haben.

Die Experten erhoffen sich zudem Auskunft über den Schutz vor Covid-19 bei Geimpften innerhalb von zwölf Monaten. «Je mehr geimpfte Erwachsene teilnehmen und Informationen übermitteln, desto aussagekräftiger sind die entsprechenden Daten», so die Wissenschaftler.

Bayern: Studie begleitet Corona-Impfungen

Die Corona-Impfungen werden in Bayern wissenschaftlich begleitet. Es gehe um die Sicherheit und Wirksamkeit der SARS-CoV-2-Impfung, teilte das Wissenschaftsministerium am Sonntag mit. Ziel der Studie sei es unter anderem, mit Hilfe eines Covid-19 Impfregisters herauszufinden, wie wirksam die Impfung in verschiedenen Personen- und Risikogruppen sei. Das Ministerium unterstützt die Studie mit einer Million Euro.

Impfwillige könnten die Studie unterstützen, indem sie bei der Impfung ihr Einverständnis zur Kontaktaufnahme durch die Wissenschaftler geben. Die Studie werde von den sechs bayerischen Universitätskliniken in Erlangen, München, Würzburg, Regensburg und Augsburg sowie der Hochschule Hof in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit durchgeführt. Die Federführung liegt bei Klaus Überla, Direktor des Virologischen Instituts am Uniklinikum Erlangen sowie Mitglied der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut.

«Die vorausschauende wissenschaftliche Begleitung der zugelassenen Impfstoffe ist ein wichtiger Baustein, um die größtmögliche Sicherheit der Covid-19 Impfungen zu gewährleisten und die Impfstoffe optimal einsetzen zu können», sagte Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU).

Meldungen werden für ganz Europa gesammelt

Hersteller, die eine Zulassung für ein Medikament oder einen Impfstoff bekommen haben, sind laut Arzneimittelgesetz verpflichtet, jegliche Informationen über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen an die EudraVigilance-Datenbank weiterzugeben, die ihrerseits auch das in Deutschland zuständige PEI informiert. Das PEI wertet alle Meldungen über vermutete Nebenwirkungen oder -komplikationen aller Impfungen aus und veröffentlicht dazu detaillierte Berichte.

Im Frühjahr 2020 wurde die jüngste Bilanz herausgegeben: «Im Jahr 2018 wurden 3570 Verdachtsfälle einer Impfkomplikation gemeldet. Es wurde kein neues Risikosignal für bisher unbekannte Nebenwirkungen durch die in Deutschland angewandten Impfstoffe im Jahr 2018 identifiziert.»

Nachzulesen sind dort etwa die anonymisierten Details der Überprüfung von 22 Verdachtsfällen mit tödlichem Verlauf und 82 Fällen mit einem bleibenden Schaden nach Impfung. In keinem Fall wurde ein direkter Zusammenhang zwischen Impfung und gemeldetem Verlauf bestätigt.

Die Meldungen werden vom PEI zusätzlich an die Europäische Arzneimittelagentur EMA weitergeleitet, erläuterte die PEI-Sprecherin. Diese sammle Meldungen aus allen Mitgliedsstaaten und bilde so einen umfangreichen Datenpool, über den mögliche Risikosignale frühzeitig erkannt werden könnten.

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