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PhiP im HV

Selbstmedikation bei Fußpilz

»Muss Fußpilz immer behandelt werden«, »wann liegt ein Fall für die Selbstmedikation vor« und »welches Präparat eignet sich für wen«? Auf diese und weitere Beratungsfragen rund um das Thema Fußpilz geht der siebte Teil der Campusserie »PhiP im HV« ein. Für Pharmazeuten im Praktikum (PhiP) steht zudem ein interaktives Arbeitsblatt zum Anpassen an die Produktpalette ihrer PJ-Apotheke zur Verfügung.
Carolin Lang
31.05.2021  09:00 Uhr

Als »Tinea« bezeichnet man eine durch Dermatophyten ausgelöste Pilzinfektion (Mykose). Tritt diese am Fuß auf, spricht man von »Tinea pedis«, dem Fußpilz. Dieser ist weit verbreitet und plagt schätzungsweise jeden dritten Erwachsenen in Deutschland einmal in seinem Leben. Männer sind in der Regel häufiger betroffen als Frauen, ältere Menschen öfter als jüngere. Auch Sportler sind häufig betroffen, was die englische Bezeichnung »athlete’s foot« erklärt. Dies liegt unter anderem daran, dass eine feuchtwarme Umgebung optimale Wachstumsbedingungen für die Erreger schafft. Als Risikofaktoren gelten außerdem Durchblutungsstörungen, die beispielsweise als Folge von Diabetes mellitus, chronisch venöser Insuffizienz oder peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) auftreten können.

Fußpilz kann in verschiedenen Ausprägungen auftreten, von denen sich nicht jede für die Selbstmedikation eignet.

  1. Bei der interdigitalen Form sind die Zehenzwischenräume betroffen. Symptome sind Juckreiz, Mazeration, also eine Aufweichung der Haut, Rötung und Schuppenbildung. Häufig treten diese zu Beginn zwischen dem vierten und dem kleinen Zeh auf.
  2. Bei der squamös-hyperkeratotischen Form, auch Mokassin-Mykose genannt, geht die Infektion von
    der Fußsohle aus und breitet sich über den Fußrücken aus. Betroffene Areale sind zunächst leicht entzündet und schuppig. Im weiteren Verlauf kann es zu starker Verhornung und schmerzhaften
    Rhagaden, also Einrissen in der Haut, besonders im Fersenbereich kommen.
  3. Für die vesikulös-dyshidrotische Form sind juckende Bläschen an den Fußsohlen charakteristisch.

Als Faustregel gilt: Jede Infektion, die über die Zehenzwischenräume hinausgeht, gehört in ärztliche Hand. Eine Behandlung ist generell zu empfehlen. Bleibt sie aus, besteht die Gefahr, dass sich die Infektion weiter ausbreitet, superinfiziert oder die Nägel befällt.

Wichtige Fragen bei der Beratung 

  • Wer leidet unter den Beschwerden? Hier gilt es Risikopatienten wie Diabetiker oder Immunsupprimierte zu identifizieren und von der Selbstmedikation auszuschließen. Auch bei Schwangeren und Kindern ist erhöhte Vorsicht geboten.
  • Wo treten die Beschwerden auf? Nur die interdigitale Form eignet sich zur Selbstmedikation.
  • Wie äußern sich die Beschwerden? Starke Schmerzen und Entzündungszeichen sowie rezidivierende Beschwerden limitieren die Selbstmedikation.
  • Welche Hautmerkmale liegen vor? Bei trockener, schuppiger Haut sind Cremes empfehlenswert. Liegen Mazerationen vor, eignen sich Puder und Lösungen. Gele können starken Juckreiz und Brennen durch ihre kühlende Wirkung lindern.
  • Was haben Sie bereits gegen die Beschwerden unternommen? Bewirkt eine Therapie nach einigen Tagen keine Besserung des Hautzustandes, sollte der Patient ärztlichen Rat einholen.

Lokale Antimykotika

Das Behandlungsziel bei Fußpilz ist die Beseitigung des Erregers und vorherrschender Entzündungen. Zur Selbstmedikation sind lokale Antimykotika in Form von Cremes, Gelen, Lösungen, Puder und Sprays verfügbar. Die Auswahl der Arzneiform sollte sich am Hautbild und am Patienten orientieren. Sprays eignen sich beispielsweise für Patienten mit eingeschränkter Beweglichkeit. Generell gilt: Nach der Anwendung die Hände waschen. Als Wirkstoffe kommen Azole wie Bifonazol, Clotrimazol, Econazol, Ketoconazol und Miconazol zum Einsatz. Sowohl Anwendungshäufigkeit als auch –dauer sind Wirkstoff- und Präparate-abhängig; Herstellerangaben sind daher zu beachten. So muss beispielsweise Bifonazol nur einmal täglich, bestenfalls abends, und Clotrimazol zwei bis drei Mal täglich angewendet werden. Bifonazol darf bei Kindern ohne Alterseinschränkung lokal gegen Fußmykose angewendet werden, bei Säuglingen und Kleinkindern nur unter ärztlicher Aufsicht. Auch die Allylamine Terbinafin und Naftifin sowie Ciclopirox und Amorolfin finden bei Fußpilz Anwendung.

Terbinafin hat eine pharmakokinetische Besonderheit: Der Arzneistoff lagert sich im Stratum Corneum der Haut an und wirkt somit über die eigentliche Behandlungszeit hinaus. Dies kann vorteilhaft für Patienten mit geringer Compliance sein. Bei Zubereitungen als Creme ist eine siebentägige Anwendung angezeigt, als alkoholische Lösung reicht sogar die einmalige Anwendung aus. Letztere sollte, selbst wenn die Läsionen nur an einem Fuß sichtbar sind, immer an beiden Füßen erfolgen und die Füße dürfen danach 24 Stunden nicht befeuchtet werden.

Grenzen der Selbstmedikation

  • Erkrankungen, die sich nicht mehr im Anfangsstadium befinden
  • Infektionen über die Zehenzwischenräume hinaus
  • Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus oder pAVK
  • Immunschwäche (Einnahme von Immunsuppressiva, HIV -Infektion)
  • bereits gescheiterte Selbstmedikation
  • starke Entzündungszeichen oder Schmerzen
  • rezidivierende Beschwerden
  • Verdacht auf Superinfektion mit Bakterien
  • Übergreifen der Pilzinfektion auf andere Areale

Nicht medikamentöse Maßnahmen

Achtung: Es besteht Ansteckungsgefahr, da infizierte Hautareale häufig stark schuppen. Übliche Ansteckungsquellen sind daher Mitglieder eines Haushaltes, Badeanstalten, Sporthallen oder Teppichböden in Hotelzimmern. Feuchtigkeit durch übermäßiges Schwitzen sowie ungenügende Fußhygiene können das Pilzwachstum begünstigen. Als unterstützende Maßnahmen gelten:

  • atmungsaktive Schuhe tragen, möglichst täglich wechseln und auslüften lassen
  • Zehenzwischenräume immer gründlich abtrocknen und regelmäßig auf Veränderungen kontrollieren (vor allem Sportler)
  • keine langen Bäder nehmen
  • Handtücher täglich wechseln
  • Socken bei mindesten 60 °C waschen oder Hygienespüler verwenden
  • Badezimmerboden und Schuhe desinfizieren

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