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Corona

Schulen waren Treiber der Pandemie – aber nicht immer

Ein Forschungsteam vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) hat untersucht, wie sich Kontakte innerhalb der Schule auf das SARS-CoV-2-Infektionsgeschehen in der Bevölkerung auswirken. Demnach hatten Lehrkräfte und Schüler in den vergangenen zwei Jahren ein ungleich erhöhtes Infektionsrisiko, das zudem zeitlichen Schwankungen unterlag.
Laura Rudolph
27.12.2022  15:00 Uhr

»Wir haben Daten, die durch Gesundheitsämter, Schulbehörden sowie die Statistikkommission der Kultusministerkonferenz im Zeitraum März 2020 bis April 2022 erhoben wurden, zusammengeführt, um Infektions- und Übertragungsrisiken zu bestimmen«, erklärt Dr. Berit Lange vom HZI in Braunschweig. Federführend und in Kooperation mit der Universität Köln führte das Team um Lange und Torben Heinsohn eine deutschlandweite, retrospektive Beobachtungsstudie durch. Die Ergebnisse sind kürzlich im Fachjournal »Plos Medicine« erschienen.

Demnach hatten Lehrkräfte zwischen Ende 2020 und Anfang 2021 in vielen Bundesländern ein höheres Infektionsrisiko als die Allgemeinbevölkerung der entsprechenden Altersgruppe. »Mit den Impfungen der Lehrkräfte nahm das Risiko dann aber ab« sagt Lange. Die Infektionszahlen dieser Berufsgruppe blieben dennoch etwas erhöht, was Lange zufolge auf die häufigeren Testungen in Schulen zurückgehen könnte.

Infektionsrisiko der Schüler stieg verzögert an

Schüler hatten dagegen bis August 2021 zunächst ein ähnliches hohes Infektionsrisiko wie die restliche Bevölkerung, das erst danach anstieg. Lange erläutert: »Hinter diesem Anstieg stehen vermutlich zwei Effekte: Zum einen konnten durch das vermehrte Testen innerhalb der Schulen sicherlich mehr Fälle aufgedeckt werden. Zum anderen war für die Altersklassen der meisten Schülerinnen und Schüler zu diesem Zeitpunkt noch keine Impfung verfügbar.« Zudem zeigen die Forschungsergebnisse, dass das Infektionsrisiko mit dem Alter der Schüler zunahm.

Mit Blick auf die Übertragungsrisiken stellten die Forschenden fest, dass diese seit Aufkommen der SARS-CoV-2-Varianten in Privathaushalten deutlich stärker anstiegen als in Schulen. Heinsohn zufolge basiert dies unter anderem auf Eindämmungsmaßnahmen wie Maskenpflicht, Verkleinerung von Lerngruppen, Fernunterricht und dem Testen an Schulen.

Schwankender Einfluss von Schulen

Die Ergebnisse zeigen zudem, dass der Beitrag von Schulen zum Infektionsgeschehen zeitlich stark schwankte. Lange erklärte: »Nach unseren Simulationen waren bei geöffneten Schulen zum Höhepunkt der BA1/BA2-Welle bis zu 20 Prozent der Infektionen in der Bevölkerung durch Kontakte in der Schule begründet. Zu anderen Zeitpunkten war dies deutlich weniger.«

Die Erkenntnisse aus der Studie flossen auch in die kürzlich aktualisierte S3-Leitlinie »Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen« ein, an der Lange mitgewirkt hat. Aus Beobachtungsstudien einen direkten Wirkzusammenhang abzuleiten, sei zwar schwierig, aber die Ergebnisse dieser Studie legten zusammen mit anderen Untersuchungen nahe, dass die in der S3-Leitlinie empfohlenen Maßnahmen wie das Masketragen an Schulen tatsächlich wirksam seien, um Infektionen im schulischen Umfeld zu reduzieren, resümiert Lange abschließend.

 

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