SARS-CoV-2-Ansteckungen im Tierversuch verhindert |
Annette Rößler |
04.12.2020 15:30 Uhr |
RNA-Viren wie SARS-CoV-2 brauchen RNA-Polymerasen, um sich zu vermehren. Molnupiravir ist wie Remdesivir ein Polymerase-Hemmer. / Foto: NIH-NIAID
Molnupiravir, das auch unter den Kürzeln MK-4482 und EIDD-2801 firmiert, wurde ursprünglich von Drug Innovation Ventures at Emory (DRIVE) entwickelt, einem Spin-Off der US-amerikanischen Emory University. Mittlerweile gehört der Arzneistoff ins Portfolio von MSD. Es handelt sich um ein Ribonukleosid-Analogon, das Polymerasen von RNA-Viren hemmt. Der Wirkmechanismus ist derselbe wie bei Remdesivir (Veklury®), doch hat Molupiravir ihm gegenüber den Vorteil, dass es nicht infundiert werden muss, sondern oral bioverfügbar ist.
Ursprünglich wurde Molnupiravir als Mittel gegen Influenza entwickelt. Als die Covid-19-Pandemie ausbrach, stellte man fest, dass es auch gegen SARS-CoV-2 wirksam ist. Trotz zwischenzeitlich geäußerter Sicherheitsbedenken gegen den Wirkstoff, über die im Mai auf der Nachrichtenseite des Fachjournals »Science« berichtet wurde, laufen in den USA mittlerweile mehrere Studien mit der Substanz, darunter auch schon eine Phase-II/III-Studie (NCT04575584). Parallel dazu finden weitere Untersuchungen mit Tieren statt. Eine davon hat nun eine Gruppe um Dr. Robert Cox von der Georgia State University in Atlanta im Fachjournal »Nature Microbiology« veröffentlicht.
Als Tiermodell wählten die Forscher Frettchen, weil diese ähnlich wie die eng verwandten Nerze bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 den Erreger leicht an andere Tiere weitergeben können, selbst aber meist nur schwache Symptome entwickeln. Dies ähnele dem Verbreitungsmuster von SARS-CoV-2 bei jungen Menschen. In dem Versuch wiesen Frettchen, die mit dem Coronavirus infiziert worden waren, hohe Viruskonzentrationen in Gewebe und Sekret der Nase auf und steckten andere Tiere durch direkten Kontakt an. Wurden sie jedoch zweimal täglich mit Molnupiravir behandelt, sank die Viruslast im oberen Respirationstrakt signifikant und gesunde Frettchen wurden nicht mehr infiziert.
Der Wirkstoff komme somit als ein vielversprechendes antivirales Mittel zur Unterbrechung von Ansteckungsketten infrage, folgern die Autoren. Ob sich das in den klinischen Studien bestätigt, bleibt abzuwarten. In jedem Fall sollte das Sicherheitsprofil des Wirkstoffs im Auge behalten werden: Im Mai lautete der Vorwurf eines Whistleblowers, es gebe Hinweise auf ein mögliches mutagenes Potenzial. Der Hersteller wies die Anschuldigung damals unter Verweis auf Tierstudien zurück.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.