Rund um die Verordnung |
Die Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) bildet die rechtliche Grundlage zur Verschreibung von BtM durch Ärzte, Zahn- und Tierärzte und regelt, was die Apotheke bei der Abgabe beachten muss. / Foto: Adobe Stock / nmann77
Die Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) regelt die Verschreibung und Abgabe von Betäubungsmitteln (BtM). Ein Arzt darf demnach nur die in Anlage III der Verordnung aufgeführten Wirkstoffe in Form einer Zubereitung, also als Fertigarzneimittel oder Rezeptur, verordnen.
Die Verordnung von Rohstoffen wie 10 g Morphin für eine Praxis zur Herstellung von Schmerzlösungen ist demnach nicht zulässig und darf nicht durch die Apotheke beliefert werden. Die Herstellung der Zubereitung muss in der Apotheke erfolgen.
Ein BtM-Rezept muss folgende Angaben enthalten:
Die Berufsbezeichnung Arzt ist grundsätzlich ausreichend und es muss nicht zwingend eine Facharztbezeichnung angegeben werden. Verschreibt ein Arzt in Vertretung, so müssen sich alle Angaben auf den verschreibenden Arzt beziehen. Bei Gemeinschaftspraxen ist der verschreibende Arzt eindeutig kenntlich zu machen, beispielsweise durch Unterstreichen oder Ankreuzen des Namens im Arztstempel.
Ist aus der Arzneimittelbezeichnung nicht eindeutig ersichtlich, um welches BtM es sich handelt, muss zusätzlich die Bezeichnung und die Gewichtsmenge des enthaltenen Wirkstoffs je Packungseinheit angegeben sein; bei abgeteilten Arzneimitteln die Gewichtsmenge je abgeteilter Form sowie die Darreichungsform. Die Menge ist mit Gramm, Millilitern oder Stückzahl anzugeben. Nur die Angabe der Normgröße (N1, N2 oder N3) ist nicht zulässig! Wird ein BtM abweichend von der im Handel zur Verfügung stehenden Packungsgröße verordnet, so ist die Teilmenge als Rezepturarzneimittel mit Packungsbeilage abzugeben.
Sonderkennzeichen | Bedeutung |
---|---|
A | Ausnahmeverschreibung – Angabe bei Überschreitung der Verschreibungshöchstmenge oder Zahl der Betäubungsmittel |
N | Notfallverschreibung – Angabe bei BtM-Verordnung auf Muster-16-Rezept oder Privatrezept |
S | Substitution |
SZ | Substitution im Zweitagesbedarf – Ausnahmeverordnung im Sichtbezug für zwei Tage bis maximal fünf Tage |
ST | Substitution – Take home-Verordnung |
K | Betäubungsmittel für Kauffahrteischiffe |
Die Gebrauchsanweisung mit Einzel- und Tagesgabe muss eindeutig definiert sein. Die Anweisung »bei Bedarf 10 Tropfen« wäre demnach nicht korrekt. Für den Fall, dass dem Patienten eine schriftliche Gebrauchsanweisung übergeben wurde, muss ein entsprechender Hinweis angegeben sein. Gerade bei Patienten, bei denen eine Erstverordnung vorliegt, lohnt es sich hier noch einmal genauer nachzuhaken und sich die Gebrauchsanweisung gegebenenfalls zeigen zu lassen. So kann die Apotheke mögliche Unsicherheiten beim Kunden zum Gebrauch direkt aufklären. Bei Rezepturen muss die Gebrauchsanweisung vorgelegt werden, da die Zubereitungen entsprechend zu kennzeichnen sind.
Bei der Verordnung BtM-haltiger Pflastersysteme ist oftmals nur die Freisetzungsrate des Wirkstoffes (die pro Zeiteinheit freigesetzte Menge) auf dem Rezept angegeben. Die Gesamtbeladungsmenge (deklarierter Wirkstoffgehalt beziehungsweise Gesamtmenge an enthaltenem Wirkstoff) fehlt. Auf diese Angabe kann nach den Rechtsvorschriften jedoch nur verzichtet werden, wenn sie eindeutig aus der Arzneimittelbezeichnung hervorgeht. Wird ausschließlich der Wirkstoff ohne weitergehende Angabe der Firma verschrieben, so ist zusätzlich die Beladungsmenge anzugeben. Das könnte beispielsweise so aussehen: Fentanyl Pflaster 50 µg/h, 5 Stück, 8,25 Fentanyl pro Pflaster.
Auf BtM-Rezepten können auch andere Arzneimittel verordnet werden. Sie müssen hierfür nicht in therapeutischem Zusammenhang mit der Anwendung des BtM stehen. Auch bei BtM-Rezepten gilt, dass Kassenrezepte maximal drei Positionen pro Formular enthalten dürfen.
Generell darf ein Arzt für einen Patienten bis zu zwei Betäubungsmittel bis zur jeweils vorgegebenen Verschreibungs-Höchstmenge innerhalb von 30 Tagen verordnen. Die Menge bezieht sich dabei auf den Wirkstoff und ist unabhängig von der Darreichungsform. In begründeten Einzelfällen darf der Arzt die Höchstmenge überschreiten oder auch ein weiteres, also ein drittes oder viertes BtM innerhalb der 30-Tage-Frist verordnen. Das BtM-Rezept ist dann mit einem »A« für »Ausnahme« zu kennzeichnen.
Die 30-Tage-Frist bezieht sich auf den Verordnungszeitraum des Arztes, nicht auf die Anwendungsdauer, also die Reichweite des verordneten BtM gemäß Einnahmevorgabe. Ein Beispiel: Eine Verordnung über 100 Morphintabletten mit dem Einnahmeschema 1-0-1 würde den Bedarf von 50 Tagen decken und wäre zulässig, sofern die festgelegte Höchstmenge von 24.000 mg innerhalb von 30 Tagen nicht überschritten wird.
Die Angabe »A« auf dem Rezept liegt grundsätzlich in der Verantwortung des Arztes. Der Apotheker kann eine Überschreitung der Höchstmenge auch nur bedingt überprüfen, da Patienten ihre Rezepte theoretisch in unterschiedlichen Apotheken einlösen können. Eine Retaxation aufgrund eines fehlenden Sonderzeichens wäre – sofern das vorliegende Rezept eine Kennzeichnung nicht bereits erforderlich macht – deshalb grundsätzlich nicht zulässig. Stellt der Apotheker jedoch bei der Pflege der BtM-Kartei fest, dass der Arzt die Verschreibungshöchstmenge eines Wirkstoffes bei einem Patienten überschritten hat, so sollte er den Arzt diesbezüglich informieren. Das »A« ist dann auf allen drei Teilen des Rezeptes nachzutragen.
Die Verschreibungshöchstmengen sind für Humanmediziner, Zahnärzte und Tierärzte unterschiedlich. Zahnärzte dürfen sie nicht überschreiten. Ein »A« auf einer zahnärztlichen Verordnung ist folglich nicht möglich! Beim Tierarzt ist eine solche Kennzeichnung nur in besonderen Fällen zulässig.
Sind für einzelne Stoffe keine Höchstmengen in der BTMVV festgelegt, so können Fertigarzneimittel oder auch Rezepturen unter Berücksichtigung der wissenschaftlich empfohlenen Dosierung abgegeben werden. So sind beispielsweise Benzodiazepine in der Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) erfasst, Verschreibungshöchstmengen für diese Stoffe sind jedoch nicht vorgegeben.
Codein ist ohne einen weiteren Stoff der Anlagen I bis III bis zu 2,5 Prozent oder je abgeteilter Form bis zu 100 mg Codein, berechnet als Base, von betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften ausgenommen. Wird jedoch ein Codein-haltiges Schmerzmittel, das im Rahmen der ausgenommenen Zubereitung eigentlich der Verschreibungspflicht unterliegt, für betäubungsmittel- oder alkoholabhängige Personen verschrieben, gelten die Vorschriften über das Verschreiben und die Abgabe von Betäubungsmitteln. Fazit: der Arzt muss für einen alkoholkranken Patienten das Codein-haltige Schmerzmittel auf einem BtM-Rezept verordnen.
Auch bei BtM ist eine »Aut idem«-Verschreibung möglich, wenn das verschriebene Arzneimittel durch ein nach Anwendungsgebiet, Art und Menge der wirksamen Bestandteile identisches sowie in Darreichungsform und pharmazeutischer Qualität vergleichbares Präparat ersetzt wird. Gleiches gilt bei transdermalen Pflastersystemen. Dabei müssen nicht nur die pro Zeiteinheit aus dem System freigesetzte Menge (Freisetzungsrate), sondern auch die Gesamtmenge an enthaltenem Wirkstoff (deklarierter Wirkstoffgehalt, Beladungsmenge) identisch sein. Dokumentiert wird jeweils das tatsächlich abgegebene BtM.
Auf einem BtM-Rezept darf der Apotheker Patientendaten ergänzen und ändern, soweit sie eindeutig bekannt oder nachgewiesen sind. Enthält die Verschreibung einen erkennbaren Irrtum, ist sie unleserlich oder entspricht nicht vollständig den Rechtsvorschriften, so kann der Apotheker dies nur nach Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt klären. Ist der verschreibende Arzt nicht erreichbar, so kann er dennoch das Arzneimittel oder Teilmengen davon zur Versorgung des Patienten abgeben. Der Arzt ist unverzüglich zu benachrichtigen. Änderungen und Rücksprachen sind vom Apotheker auf Teil I und II zu dokumentieren, der Arzt muss diese auf Teil III eintragen. Um Retaxationen zu vermeiden, ist eine Gegenzeichnung des Arztes oftmals sinnvoll; besonders bei Änderungen im Verordnungsteil, beispielsweise bei der Ergänzung des Wirkstoffgehaltes pro Darreichungsform. Das Ausstellungsdatum darf grundsätzlich nicht verändert werden.
In Notfällen, beispielsweise wenn der Arzt bei einem Hausbesuch gerade kein BtM-Formular zur Hand hat, darf er ein BtM ausnahmsweise auf einem Muster-16-Rezept oder Privatrezept verordnen. Neben den betäubungsmittelrechtlich vorgeschriebenen Angaben muss zusätzlich der Hinweis »Notfallverschreibung« angegeben sein. Die Apotheke muss bei der Belieferung des Rezeptes den Arzt darüber informieren. Dieser muss der Apotheke im Nachgang unverzüglich ein BtM-Rezept mit den gleichen Angaben liefern. Unverzüglich bedeutet in diesem Zusammenhang »ohne schuldhaftes Verzögern«. Eine bestimmte Frist ist nicht vorgegeben. Das nachgereichte Rezept ist mit einem »N« gekennzeichnet und wird nicht mehr beliefert, sondern gemeinsam mit der Notfall-Verschreibung aufbewahrt. Die Notfall-Verschreibung ist einen Tag gültig, darf keine Substitutionsmittel enthalten und kann nicht fernmündlich oder per Fax erfolgen.
Für den Praxisbedarf dürfen Ärzte neben den in Anlage III gelisteten BtM außerdem Alfentanil, Remifentanil, Sufentanil und Cocain für den durchschnittlichen Zweiwochenbedarf verordnen. Für Zahn- und Tierärzte gelten auch hier andere Regeln. Bei der Verordnung von Cocain ist wichtig, dass dort die Zweckbestimmung »zu Eingriffen am Kopf« aufgeführt wird. Auf dem Rezept muss das Wort »Praxisbedarf« angegeben werden – die Bezeichnungen »Sprechstundenbedarf« oder »ad usum medici« sind nicht zulässig.
Um die Versorgung mit BtM auch während der aktuellen pandemischen Lage sicherzustellen, hat der Gesetzgeber in der so genannten SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung verschiedene Maßnahmen festgelegt, die den Verkehr und die Abgabe von BtM erleichtern sollen. Die Verordnung ist kürzlich in Kraft getreten und gilt vorerst bis zum 20.09.2020.
Gemäß Paragraph 5 dürfen (Krankenhaus-)Apotheken ohne weitere behördliche Erlaubnis Betäubungsmittel an eine andere (Krankenhaus)Apotheke abgeben, sofern es für die unmittelbare Versorgung von Patienten erforderlich ist. Das Abgabebelegverfahren ist anzuwenden.
Der Rezeptaustausch zwischen Ärzten ist nun auch möglich. Die Dokumentation der getauschten oder abgegebenen BtM-Rezept-Nummern obliegt dabei den beteiligten Ärzten und muss der Bundesopiumstelle nicht mitgeteilt werden.
Auch die Behandlung von Substitutionspatienten wurde erleichtert.