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Corona, Grippe und Co.

RKI ruft zur Rücksichtnahme auf

In Deutschland zirkulieren zurzeit mehrere Atemwegserkrankungen, die Krankenhäuser sind überlaufen. Nun legt auch Corona wieder leicht zu. Das RKI appelliert mit Blick auf Weihnachten daher an die Menschen zu mehr Rücksichtnahme.
dpa
19.12.2022  10:00 Uhr

Grippe und andere Atemwegserkrankungen sind stark verbreitet und auch die Corona-Inzidenz legt im Wochenvergleich wieder etwas zu. Angesichts der bevorstehenden Weihnachtstage hatte das Robert-Koch-Institut (RKI) bereits in seinem Covid-19-Wochenbericht vom Donnerstagabend daher zu besonderer Rücksichtnahme aufgerufen.

Der weitere Verlauf und der Schutz von Risikogruppen hänge wesentlich von der Inanspruchnahme der angebotenen Impfungen gegen Corona und Influenza sowie gegenseitiger Rücksichtnahme ab, schrieben die Autoren. «Diese Rücksichtnahme ist angesichts der bevorstehenden Festtage von besonderer Bedeutung, um andere, möglicherweise besonders gefährdete Personen, vor einer Ansteckung zu schützen.»

Die bundesweite Corona-Inzidenz nahm laut Bericht in der Woche bis zum 11. Dezember im Vergleich zur Vorwoche um 7 Prozent zu. Bereits eine Woche zuvor war die Inzidenz um 8 Prozent gestiegen. Bis Ende November war die Corona-Inzidenz zunächst zurückgegangen und war dann auf einem ähnlichen Niveau verharrt. Seit Anfang Dezember steigt der Wert wieder leicht. Am Montagmorgen lag die Sieben-Tage-Inzidenz laut Covid-19-Dashboard des RKI bei 236,6.

Der Anteil der Omikron-Sublinie BQ.1.1 nahm in der vorvergangenen Woche weiter zu. Ihr Anteil liegt demnach bei über 17 Prozent. Dennoch werde weiterhin mit der zunehmenden Verbreitung von BQ.1.1 keine Erhöhung der Krankheitslast beobachtet, schreibt das RKI.

Neben Corona belastet vor allem die aktuelle Grippewelle die Krankenhäuser in Deutschland. «In den kommenden Wochen ist weiterhin saisonal bedingt mit einer hohen Zahl an respiratorischen Erkrankungen insgesamt zu rechnen», schrieben die Autoren und Autorinnen. Die Zahl der Erkrankungen und Krankenhauseinweisungen wegen schwerer Atemwegsinfektionen sei sehr hoch, insbesondere bei Influenza. «Zudem führen RSV-Infektionen insbesondere bei Kleinkindern weiterhin zu einer hohen Zahl von Erkrankungen und Krankenhauseinweisungen.» 

Engpässe in Krankenhäusern

«Wir dürften beim Personal mittlerweile bei einem Ausfall von 9 bis 10 Prozent liegen, das heißt, fast jeder zehnte Mitarbeiter ist erkrankt», sagte der Vorstandschef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, der Deutschen Presse-Agentur am Wochenende. Das seien 30 bis 40 Prozent mehr Ausfälle als zu dieser Jahreszeit üblich. Viele Beschäftigte seien von den Infektionskrankheiten betroffen, die auch sonst für hohe Patientenzahlen sorgten.

Die Personallage sei ohnehin dünn, sagte Gaß. «Das führt dazu, dass zurzeit in einer ganzen Reihe von Krankenhäusern Betten gesperrt sind oder ganze Stationen abgemeldet werden müssen. Wir dürfen nicht behandeln, wenn wir Personalgrenzen unterschreiten.» Die Kinderkliniken seien davon besonders betroffen, weil dort viele Pflegekräfte mit Zusatzausbildung arbeiteten. «Es ist nicht so einfach möglich, Mitarbeiter von einer Erwachsenenstation auf der Kinderstation einzusetzen.»

In dieser Situation gebe es keine einfache Lösung. «Eine Stellschraube wäre die Entlastung von Bürokratie und den Dokumentationspflichten. Da sollte der Gesundheitsminister noch mal ran und den Krankenhäusern Spielraum einräumen», sagte Gaß. «Man sollte jetzt konsequent sagen, dass die Pflegekräfte nur noch das Notwendigste dokumentieren müssen, was für die Patientenbehandlung wichtig ist, und sich ansonsten auf die Pflege konzentrieren können.»

Der DKG-Chef sprach sich auch für ein Aussetzen der Personaluntergrenzen aus. «In einer solchen Situation ist es angemessen, den Krankenhäusern wieder die Verantwortung zu überlassen, zu entscheiden, wo sie vielleicht auch mit etwas weniger Personal eine gute Versorgung organisieren können.»

Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sprach mit Blick auf die Warnungen vor Personalknappheit hingegen von Panikmache. Außerhalb der Krankenhäuser wisse niemand, wie die Lage auf den unterschiedlichen Stationen wirklich sei, sagte er der dpa. Intransparenz gehöre zum Geschäftsmodell deutscher Krankenhäuser, die Patienten seien dabei die Verlierer. «Denn auch die Panikmache führt dazu, dass behandlungsbedürftige Menschen lieber zu Hause bleiben.»

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