PEI findet kein Sicherheitssignal für Post-Vac-Syndrom |
Christina Hohmann-Jeddi |
08.09.2022 12:48 Uhr |
Immer mehr Menschen berichten von Long-Covid-ähnlichen Beschwerden nach einer Coronaimpfung. Die Meldungen zu diesen potenziellen unerwünschten Wirkungen der Immunisierung hat jetzt das Paul-Ehrlich-Institut ausgewertet. / Foto: Adobe Stock/Andrzej Wilusz
Erschöpfung, Schwindel, Konzentrationsschwierigkeiten – manche Menschen leiden auch nach einer Coronaimpfung an Long-Covid-ähnlichen Beschwerden, die als Post-Vaccine-Syndrom (Post-Vac-Syndrom) zusammengefasst werden. Immer mehr Menschen berichten von diesen Problemen und das Universitätsklinikum Gießen hat für Betroffene eine Post-Vaccine-Ambulanz eingerichtet. Jetzt hat sich auch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Langen, das in Deutschland für die Sicherheit von Impfstoffen zuständig ist, in seinem aktuellen Sicherheitsbericht zu den Covid-19-Impfstoffen vom 7. September mit dem Post-Vac-Syndrom befasst. In der Publikation sind Daten vom 27. Dezember 2020 bis zum 30. Juni 2022 enthalten.
Demnach wurden in dem Zeitraum insgesamt 182.717.880 Impfungen zum Schutz vor Covid-19 durchgeführt. 73,7 Prozent der Impfdosen bezogen sich auf Comirnaty® (Biontech/Pfizer), 17,1 Prozent auf Spikevax® (Moderna), 7,0 Prozent auf Vaxzevria® (Astra-Zeneca), 2,1 Prozent auf Jcovden® (Janssen, Johnson & Johnson) und 0,1 Prozent auf Nuvaxovid® (Novavax). Im selben Zeitraum wurden dem PEI insgesamt 323.684 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen gemeldet. Darunter befänden sich auch »zunehmend Meldungen über Gesundheitsstörungen in unterschiedlichem Abstand zur Covid-19-Impfung, die als Long-Covid-ähnlich, chronisches Erschöpfungssyndrom (Chronic Fatigue Syndrome/Myalgische Enzephalomyelitis, CFS/ME), posturales Tachykardiesyndrom (POTS) oder Post-Vac bezeichnet wurden«, heißt es von dem Institut.
»Post-Vac« stellte dabei keine definierte Bezeichnung einer Erkrankung dar, sondern beschreibe verschiedene Beschwerden, wie sie auch mit Long Covid in Verbindung gebracht werden. Häufig fehlten allerdings wichtige klinische Informationen, sodass die diagnostische Sicherheit oft nicht beurteilt werden könne, schreibt das PEI. Eine Recherche in der Nebenwirkungsdatenbank des Instituts lieferte 472 entsprechende Berichte im Zusammenhang mit einer Coronaimpfung. Die meisten Meldungen wurden von Patienten selbst eingereicht und bezogen sich – entsprechend seines breiten Einsatzes – auf Comirnaty.
Ein Vergleich mit den internationalen Verdachtsfallmeldungen in der Nebenwirkungsdatenbank der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA (Eudravigilance) zeigte, dass 54,6 Prozent der Meldungen des europäischen Wirtschaftsraums und 34,8 Prozent der internationalen Meldungen zu Post-Vac, POTS und CFS/ME aus Deutschland stammten. Da Deutschland aber nicht 55 Prozent der Impfungen im europäischen Wirtschaftsraum durchgeführt habe, könne von einer unverhältnismäßig hohen Berichterstattung in Deutschland ausgegangen werden. »Ein Berichts-Bias für Deutschland kann nicht ausgeschlossen werden«, heißt es vom PEI.
Einzelne Meldungen enthielten Befunde zu Autoantikörpern, deren Bedeutung für die Pathologie sei aber aufgrund der verwendeten Nachweismethoden und fehlender Vorbefunde vielfach fraglich. Anhand der Spontanberichte könne derzeit auch international kein Sicherheitssignal detektiert werden, schreibt das Institut. Dennoch werde das PEI »entsprechende Meldungen intensiv überwachen und versuchen, im Rahmen von weiteren Studien das Thema zu erforschen«.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.