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Medscape-Umfrage

Paxlovid auch in USA selten verordnet – Apotheker zögerlich

Immer wieder wird hierzulande ein zu zögerlicher Einsatz der Kombination Nirmatrelvir plus Ritonavir (Paxlovid™) nach einer SARS-CoV-2-Infektion beklagt. Dies scheint allerdings in den USA nicht anders zu sein, wie eine Umfrage des medizinischen Nachrichten-Magazins »Medscape« unter Angehörigen der Heilberufe jetzt zeigt. Besonders zögerlich sind demnach Apotheker.
Theo Dingermann
24.01.2023  15:10 Uhr

Die Kombination aus Nirmatrelvir plus Ritonavir (Paxlovid™) ist eines der wenigen Medikamente, das derzeit zur Behandlung einer akuten SARS-CoV-2-Infektion zur Verfügung steht. In Europa ist Paxlovid zugelassen zur Behandlung von erwachsenen Covid-19-Patienten, die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren Covid-19-Verlauf zu entwickeln.

Allerdings wird Paxlovid nach Meinung vieler Experten hierzulande deutlich zu zurückhaltend verordnet. Dies scheint in den USA nicht anders zu sein, wie eine Umfrage des Nachrichten-Magazins »Medscape« unter Angehörigen der Heilberufe jetzt zeigt. Die Gründe für die zögerliche Verordnung des Virostatikums sind demnach hauptsächlich Bedenken hinsichtlich Arzneimittelwechselwirkungen, eine angeblich nicht angezeigte Indikation und, in geringerem Maße, die potenzielle Rebound-Problematik, die dem Arzneimittel unterstellt wird.

»Leider haben wir ein eklatantes Missverhältnis zwischen den Menschen, die am meisten von Paxlovid profitieren würden, und denen, die es tatsächlich bekommen«, sagte Professor Dr. Eric Topol, Chefredakteur von Medscape. »Diese Umfrage hilft uns, die wichtigsten Faktoren zu verstehen.«

Die Umfrage wurde während eines dreiwöchigen Zeitraums im November und Dezember unter mehr als 1500 Hausärzten, Apothekern sowie Krankenschwestern und Arzthelfern durchgeführt. In den USA sind dürfen Apotheker seit Juli 2022 eine Paxlovid-Therapie selbstständig initiieren. Demnach gaben nur 37 Prozent dieser potenziellen Verordner an, Paxlovid bei älteren Amerikanern in den vergangenen zwei Monaten verordnet zu haben. Andererseits beteuern 77 Prozent der Befragten, prinzipiell kein Problem damit zu haben, Paxlovid für Menschen jeden Alters mit Covid-19 zu verschreiben.

Im Gegensatz dazu gab etwa einer von fünf Ärzten an, während des Studienzeitraums keiner Personen über 65 Jahren Paxlovid verschrieben oder eine Verschreibung in Betracht gezogen zu haben. Die FDA hat Paxlovid für Personen ab 12 Jahren empfohlen, bei denen das Risiko besteht, dass sie schwer an Covid-19 erkranken.

Interaktionen schrecken ab

Die Umfrage ergab, dass bei fast der Hälfte der Patienten (44 Prozent) eine Interaktion mit einem anderen Medikament eine Kontraindikation für eine Paxlovid-Verordnung darstellte. In 41 Prozent der Fälle stuften die Verordnenden das Risiko, ein Medikament abzusetzen, als zu hoch ein. 29 Prozent der Heilberufler gaben an, potenzielle Wechselwirkung nicht richtig einschätzen zu können.

Topol stuft derartige Bedenken als zu übertrieben ein: »Es gibt eine unkomplizierte Workaround-Strategie für fast alle Wechselwirkungen mit Medikamenten – am häufigsten Statine – deren Einnahme leicht für fünf Tage ausgesetzt werden kann.«

Ein weiteres Problem, das einer Verordnung von Paxlovid im Wege steht, sind Nierenfunktionsstörung, wie die Umfrage zeigt. Für 22 Prozent der Befragten war die Rebound-Problematik, über die im Zusammenhang mit einer Paxlovid-Therapie immer wieder berichtet wird, Grund, das Medikament nicht abzugeben.

Interessanterweise wurde eine Therapie mit Paxlovid am zurückhaltendsten von Apothekern veranlasst. Nur 14 Prozent der Apotheker gaben an, Paxlovid einem Patienten über 65 Jahren in den vergangenen zwei Monaten verordnet zu haben. Und nur 27 Prozent gaben an, dass sie erwägen würden, das Medikament Personen ab 65 Jahren zu verordnen.

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