Odevixibat ist erste zugelassene Pharmakotherapie |
Bereits im frühen Kindesalter kann es bei der Lebererkrankung Byler-Syndrom zu zahlreichen Symptomen kommen, zum Beispiel quälendem Juckreiz, Gelbsucht, Minderwuchs und chronischen Durchfällen. Auch der Leberumbau zur Zirrhose kann stattfinden. / Foto: Adobe Stock/SciePro
PFIC-Patienten haben einen gestörten Gallensäurefluss, der durch genetische Mutationen verursacht ist. Die daraus resultierende Gallensäure-Ansammlung in der Leber sorgt für weitreichende Probleme. Starker Juckreiz tritt sehr häufig auf und beeinflusst die Lebensqualität. Weitere Symptome bei der auch Byler-Syndrom genannten Erkrankung sind Gelbsucht, Probleme bei der Gewichtszunahme und verlangsamtes Wachstum. In vielen Fällen führt PFIC innerhalb der ersten zehn Lebensjahre zu Zirrhose und Leberversagen. Zur Behandlung gab es bislang ausschließlich chirurgische Optionen, zu denen die partielle externe Gallediversion und die Lebertransplantation gehören.
Odevixibat (Bylvay®, 200 µg, 400 µg, 600 µg und 1200 µg Hartkapseln, Albireo) ist der erste zugelassene Arzneistoff für die Behandlung von PFIC. Er darf ab einem Alter von sechs Monaten zum Einsatz kommen und wirkt lokal im Krummdarm. Der Wirkstoff hemmt dort den ilealen Gallensäuretransporter (IBAT). Über diesen wird normalerweise der Großteil der Gallensäuren rückresorbiert. Wird IBAT gehemmt, wird mehr Gallensäure ausgeschieden und der Gallensäure-Spiegel im Blut und in der Leber sinkt. Dies verhindert bei den Betroffenen zu starke Ansammlungen von Gallensäuren und eine Schädigung des Lebergewebes.
Der Wirkmechanismus setzt voraus, dass der enterohepatische Kreislauf von Gallensäuren und der Gallensalztransport in den Gallenkanälchen erhalten ist. Die Wirksamkeit von Odevixibat kann verringert sein, wenn zum Beispiel die gastrointestinale Mobilität beeinträchtigt ist. Bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung sollte der Arzt eine häufigere Überwachung auf Nebenwirkungen in Betracht ziehen.
Die empfohlene Dosis beträgt 40 µg/kg Körpergewicht. Wenn das Arzneimittel nach drei Monaten nicht ausreichend wirkt, darf die Dosis auf bis zu 120 µg/ kg Körpergewicht gesteigert werden. Die Kapseln sollen einmal täglich morgens eingenommen werden. Sie können entweder im Ganzen geschluckt oder zusammen mit Lebensmitteln eingenommen werden. Ist Letzteres vorgesehen, sollen die Kapseln der gesamten Dosis vorsichtig geöffnet und die enthaltenen Pellets auf weiche Nahrung gestreut und eingerührt werden. Das Gemisch soll sofort verzehrt werden; es darf nicht für den späteren Verzehr aufbewahrt werden. Nach der Einnahme soll der Patient ein Glas Wasser trinken.
In einer randomisierten und placebokontrollierten Doppelblindstudie mit 62 PFIC-Patienten im Alter von sechs Monaten bis 18 Jahren wurde Odevixibat in zwei unterschiedlichen Dosierungen (40 und 120 µg/kg KG/d) untersucht. Primärer Wirksamkeitsendpunkt war die Anzahl der Patienten, deren Gallensäurespiegel im Blut nach 24-wöchiger Behandlung um mindestens 70 Prozent sank oder die in Woche 24 einen Wert von 70 µmol/l oder darunter erreichten. Dieses Ziel erreichte kein Patient unter Placebo, jedoch zusammengefasst 33 Prozent der Patienten unter Odevixibat. Ferner zeigte die Studie, dass die Verum-Behandlung zum Beispiel Juckreiz lindern und verzögertes Wachstum verhindern konnte.
Häufig beobachtete Nebenwirkungen sind weicher Stuhl, Durchfall und Bauchschmerzen. Auch eine Lebervergrößerung tritt häufig auf. Zu bedenken ist, dass die Behandlung mit Odevixibat die Aufnahme fettlöslicher Vitamine wie Vitamin A, D und E beeinflussen kann und deren Spiegel gegebenenfalls überwacht werden sollten. Zudem kann die Behandlung die Resorption fettlöslicher Arzneimittel beeinflussen.
Letzteres spielt auch für Frauen im gebärfähigen Alter unter Umständen eine Rolle. Sie sollten unter Bylvay eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Da die Aufnahme von lipophilen oralen Kontrazeptiva durch Odevixibat beeinträchtigt werden kann, sollte eine Barrieremethode angewendet werden. Die Einnahme während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen. Bei Stillenden muss eine Entscheidung getroffen werden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung verzichtet wird.
Odevixibat ist bei den Sprunginnovationen einzuordnen. Denn es handelt sich um die erste zugelassene Pharmakotherapie für das Byler-Syndrom und zudem bei der IBAT-Blockade um ein neues Wirkprinzip. Bislang gab es nur chirurgische Optionen bei dieser Erkrankung. Die Lebertransplantation, der bisherige Standard, ist zum Beispiel mit der Herausforderung einer Immunsuppression sowie der Schwierigkeit, überhaupt ein Spenderorgan für das oft noch sehr kleine Kind zu finden, verbunden. Daher bedeutet die Möglichkeit einer oralen Therapie für die Betroffenen einen sehr großen Fortschritt. Bei Odevixibat profitieren die jungen Patienten nicht nur von einer kurzfristigen Symptomlinderung des quälenden Juckreizes, sondern auch von einer langfristigen Verbesserung wichtiger Parameter wie dem Wachstum. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung ist Odevixibat zwar erst bei relativ wenigen Menschen untersucht. Die bisherigen Studienergebnisse hinsichtlich Wirksamkeit und Verträglichkeit sind jedoch vielversprechend.
Spannend wird sein, wie weitere Langzeitergebnisse aussehen werden und ob es eindeutige Effekte auf die Lebenserwartung geben wird. Das neue Wirkprinzip dürfte zudem bei anderen cholestatischen Erkrankungen funktionieren. Daher darf man auf Indikationserweiterungen hoffen. Hersteller Albireo untersucht die Anwendung von Odevixibat zum Beispiel bei Gallengangsatresie und beim Alagille-Syndrom im Kindesalter.
Sven Siebenand, Chefredakteur