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WHO

Noch keine Entwarnung bei Mpox

Die WHO hat wegen der Mpox-Ausbrüche (vormals »Affenpocken«) in zahlreichen Ländern eine internationale Notlage ausgerufen. Jetzt sind die Fälle um 90 Prozent zurückgegangen, Entwarnung gibt es von der WHO aber nicht.
dpa
04.01.2023  11:00 Uhr

Die Zahl der Mpox-Nachweise ist weltweit deutlich geschrumpft, die 2022 in vielen Ländern erstmals aufgetauchten Ausbrüche sind dort unter Kontrolle. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf warnt aber vor falscher Gelassenheit, weil vor allem in Afrika weder Tests noch genügend Impfstoffe zur Verfügung stehen. Das könne eine Bedrohung für die ganze Welt werden: «Wir könnten in drei Jahren eine Virusvariante haben, die deutlich weniger gut einzudämmen ist – das ist ein echtes Risiko», sagte die WHO-Mpox-Expertin Rosamund Lewis der Deutschen Presse-Agentur.

Ärzte und Kliniken müssten weiterhin auch Mpox als Diagnose in Betracht ziehen, wenn Menschen mit Fieber oder Ausschlag kommen, forderte sie. Auf HIV und sexuell übertragbare Krankheiten spezialisierte Kliniken sollten routinemäßig auf Mpox testen. Vor allem müssten Schnelltests und mehr Impfstoffe entwickelt werden, um neue Ausbrüche weltweit schnellstens zu entdecken und einzudämmen.

Bis Anfang Januar registrierte die WHO weltweit knapp 84.000 bestätigte Fälle und 75 Todesfälle, wobei sie sicher ist, dass ein Vielfaches davon ungemeldet blieb. Die Zahl der wöchentlich gemeldeten Neuinfektionen ist seit Juli um gut 90 Prozent gesunken. Auch in Deutschland wurden zuletzt nur noch Einzelfälle gemeldet. Für den gesamten Ausbruch spricht das RKI von rund 3680 Betroffenen hierzulande (Stand: 3. Januar 2023). Ein Hotspot war Berlin

Mpox-Erkrankte haben meist Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen sowie einen Hautausschlag mit Pusteln. Bis 2022 waren Fälle praktisch nur aus West- und Zentralafrika bekannt, wo Menschen sich durch Kontakt mit infizierten Tieren ansteckten. Das Virus stammt vermutlich von kleinen Säugetieren wie Sonnen- oder Streifenhörnchen oder Riesenhamsterratten. Erst seit ein paar Jahren sind Übertragungen von Mensch zu Mensch bekannt. 2022 infizierten sich vor allem Männer, die häufigen Sexualkontakt mit verschiedenen Partnern haben. Das Virus ist mit den klassischen Menschenpockenviren und den Kuhpockenviren verwandt.

Überwachung schwierig

«Die Herausforderung wird sein, dass Länder die Überwachung und die Laborkapazitäten aufrechterhalten, obwohl es so aussieht, als sei das Problem vom Tisch», sagt Lewis. Es sei zwar bekannt, wie neue Ausbrüche gestoppt werden können: Durch Isolation der Infizierten, Beobachtung ihrer Kontakte und Impfungen. Das funktioniere aber nur, wenn Fälle früh erkannt werden, weltweit.

Die WHO-Europaregion hat sich zwar zum Ziel gesetzt hat, die von Menschen übertragenen Mpox auszurotten, die Ständige Impfkommission (STIKO) in Berlin bezweifelt aber, dass das außerhalb von Afrika noch möglich ist. Lewis fordert deshalb: «An der klinischen Front muss das Bewusstsein für mögliche Affenpockenfälle erhöht werden.» Bei Menschen mit Fieber und Ausschlag müssten neben Masern, Windpocken, Krätze, Syphilis oder Herpes immer auch Mpox in Betracht gezogen werden. Es gibt drei Impfstoffe, die das Risiko einer Ansteckung um mindestens 78 Prozent reduzieren, wie Lewis sagt. 

Weil die Krankheit bislang nur mit einem PCR-Test nachgewiesen werden kann, der in Afrika vielerorts nicht zur Verfügung steht, blieben dort viele Fälle unerkannt. Besonders betroffen sind nach Angaben der Afrikanischen Union Nigeria, die Demokratische Republik Kongo und Ghana. Wo das Virus unkontrolliert zirkuliert, kann es mutieren und deutlich ansteckendere Varianten hervorbringen. Deshalb fordert Lewis mehr Investitionen: um den Ursprung des Virus in der Tierwelt Afrikas zu finden, um die Übertragungswege auf den Menschen zu erforschen und um Schnelltests und mehr Impfstoffe zu entwickeln.

«Wir brauchen effektive Impfstoffe zu einem guten Preis, die überall zur Verfügung stehen», sagt Lewis. «Wir müssen uns fragen: wollen wir das jetzt ein für alle Male unter Kontrolle bringen oder wollen wir uns Jahrzehnte damit herumschlagen?»

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