Noch ein Wirkstoff-Kandidat gegen Covid-19 |
Daniela Hüttemann |
07.04.2020 14:00 Uhr |
Ivermectin wird weltweit breit eingesetzt bei parasitären Erkrankungen. Bislang gibt es nur Hinweise aus Laborstudien, dass es auch antiviral wirken könnte. / Foto: Getty Images/Callista Images
Ivermectin ist sowohl für Menschen als auch für Tiere zur Behandlung verschiedener parasitärer Erkrankungen zugelassen und in zahlreichen Präparaten auf dem Markt. Indiziert ist es unter anderem bei Krätze (Skabies) und verschiedenen Wurmerkrankungen. Es steht daher auf der Liste der essenziellen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und ist normalerweise weltweit gut verfügbar zu einem angemessenen Preis.
Ob das so bleibt, wird sich zeigen, denn australische Forscher berichteten am Freitag im Fachjournal »Antiviral Research«, dass Ivermectin in vitro das Coronavirus SARS-CoV-2 gut hemmen kann. Eine einzige Gabe in infizierte Versuchzellen (Vero-hSLAM) habe die virale RNA-Last innerhalb von 48 Stunden um das 5000-Fache reduziert. Nun müsse für einen potenziellen Einsatz bei Patienten mit Covid-19 die geeignete Dosis gefunden werden, so das Team um die korrespondierende Autorin Kylie M. Wagstaff vom Biomedicine Discovery Institute der Monash-University in Clayton.
Bekannt ist, dass Ivermectin mit hoher Affinität an Glutamat-gesteuerte Chloridkanäle bindet, die in den Nerven- und Muskelzellen von Wirbellosen vorkommen, jedoch nicht bei Säugetieren. Frühere In-vitro-Studien zeigen, dass es auch verschiedene virale Enzyme hemmen kann, darunter die HIV-1-Integrase. Es wird vermutet, dass es den Import von Virusproteinen in den Zellkern inhibiert und dass dieser Mechanismus auch bei SARS-CoV-2 zum Tragen kommt.
In Thailand wurde Ivermectin nach Angaben der Autoren in den Jahren 2014 bis 2017 in einer Phase-III-Studie auf seine Wirksamkeit bei Denguefieber getestet. Eine einmalige Dosis habe sich zwar als sicher erwiesen und die Serumspiegel des viralen NS1-Proteins senken können. Die Virämie sei jedoch nicht beeinflusst worden. Klinische Vorteile seien nicht beobachtet worden, zitieren die australischen Wissenschaftler aus einem Vortrag bei einem thailändischen Forschungskongress 2018 in Pattaya. Dies könnte auch am Dosisregime gelegen haben.
Da das Sicherheitsprofil von Ivermectin gut erforscht sei, empfehlen die Autoren, den Arzneistoff auf einen möglichen Einsatz bei Covid-19 weiter zu untersuchen, ohne jedoch genauer zu spezifizieren, wie das geschehen soll. Noch ist die Datenlage viel zu dünn, um einen breiteren experimentellen Einsatz an Patienten zu wagen, da noch nicht einmal Tierstudien vorliegen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.