Nikotin-Entwöhnungsprogramme reduzieren Covid-19-Risiko |
Wer mit dem Rauchen aufhört (oder noch besser erst gar nicht anfängt), tut seinem Körper viel Gutes. / Foto: Getty Images/Matthias Tunger
Zur Rauchentwöhnung seien in erster Linie strukturierte Entwöhnungsprogramme zu empfehlen. Darauf haben die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und die Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie (GPP) anlässlich des Weltnichtrauchertags am 31. Mai hingewiesen.
E-Zigaretten seien zur Tabakentwöhnung nicht geeignet. »Wer E-Zigaretten raucht, ist keineswegs abstinent, sondern ersetzt lediglich ein abträgliches Produkt gegen ein anderes, von dem wir annehmen dürfen, dass es ebenfalls schädlich und hochgradig suchterzeugend ist«, konstatiert Professor Dr. Michael Pfeifer, Präsident der DGP. »Zwar haben E-Zigaretten studiengemäß unter kontrollierten klinischen Bedingungen einen kurzfristigen positiven Entwöhnungseffekt. Doch erschweren sie die Rauchabstinenz langfristig und unter realen Bedingungen. Als Entwöhnungshilfe sind E-Zigaretten daher sehr kritisch zu sehen und nicht geeignet für eine Abstinenzbehandlung«, so der Pneumologe.
Konzepte zur Umsetzung eines erfolgreichen Tabakverzichts beständen aus vielen Einzelbausteinen wie Gruppentherapien, individuellen Beratungsgesprächen sowie spezifischen Medikamenten und Nikotin-Ersatzpräparaten. Ein Problem in Deutschland sei jedoch deren Finanzierung. »Davon gibt es in Deutschland viel zu wenige«, so Pfeifer. Er forderte professionelle Entwöhnungsprogramme, die Rauchern kostenfrei und flächendeckend zur Verfügung stehen.
Große Erfolge könnten auch mit Maßnahmen zur Tabakkontrolle erzielt werden. Pfeifer hob hervor, dass Länder wie Großbritannien oder Frankreich durch umfassende Werbeverbote, nachdrückliche Anti-Raucher-Kampagnen, nationale Rauchentwöhnungsangebote oder hohe Tabakpreise eindrucksvolle Rückgänge in der Raucherprävalenz aufweisen können. »In Deutschland werden entsprechende Maßnahmen leider nur zögerlich umgesetzt. Es passiert zumeist nicht mehr als das gesetzliche Minimum«, bemängelt der DGP-Präsident, der die schnellstmögliche Umsetzung von Rauch- und Werbeverboten, die Einführung entsprechender Tabaksteuern und ein Verbot der Außenwerbung für E-Zigaretten auch in der Bundesrepublik forderte.
Fälschlicherweise ständen E-Zigaretten im Ruf, deutlich weniger gesundheitsschädlich zu sein als herkömmliche Tabakzigaretten. Je nach E-Zigarettentyp und Zusammensetzung des verwendeten Liquids enthalten die elektronischen Verdampfer atemwegsreizende Substanzen wie Propylenglykol, krebserregende Substanzen wie Formaldehyd und teilweise gesundheitsschädigende Metalle wie Blei, Chrom und Nickel. »Die Langzeitfolgen des Konsums lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht umfassend abschätzen«, ergänzte Professor Dr. Robert Bals. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) habe ihre Warnung vor E-Zigaretten kürzlich noch einmal verschärft.
Eine besondere Zielgruppe bei der Tabakkontrolle sind Jugendliche. Darauf verwies Professor Dr. Matthias Kopp, Präsident der GPP: »Fast 80 Prozent der Raucher haben ihre erste Zigarette vor dem 18. Lebensjahr geraucht.« Hinsichtlich Tabakentwöhnung und Rauchprävention müssten Jugendliche und Familien mit Kindern besonders im Fokus stehen – zumal Kinder sehr viel eher auch zur Zigarette greifen, wenn in der Familie oder im Freundeskreis geraucht wird.
Gemäß der »Europäischen Tabakkontrollskala 2019« belegt Deutschland bei der Tabakprävention im europäischen Vergleich den letzten Platz. In der Bundesrepublik sterben pro Jahr rund 121.000 Menschen an Herz-, Kreislauf-, Lungen- und Krebserkrankungen, die durch Nikotinkonsum verursacht werden. Fast ein Drittel der Erwachsenen raucht klassische Zigaretten; bei Kindern und Jugendlichen sind es knapp 10 Prozent. Trotz aller Warnungen, so die DGP, nimmt der Konsum von E-Zigaretten vor allem bei jungen Erwachsenen kontinuierlich zu.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.