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Anticholinerge Creme

Neues Medikament gegen starken Achselschweiß verfügbar

Seit dieser Woche ist mit Axhidrox® erstmals ein topisch anzuwendendes, anticholinerg wirksames Arzneimittel gegen starkes Schwitzen unter den Achseln auf dem Markt. Für welche Patienten kommt es infrage und was ist bei der Anwendung zu beachten?
Daniela Hüttemann
04.08.2022  15:06 Uhr

Der anticholinerge Wirkstoff Glycopyrronium ist ein altbekannter. Neu ist jedoch die topische Anwendung des Anticholinergikums als Creme im Dosierspender für erwachsene Patienten mit schwerer primärer axilliärer Hyperhidrose. Das Antihidrotikum kommt also nur für Patienten mit sehr starkem Achselschweiß infrage, für den es keine bekannte andere Ursache wie eine Grunderkrankung gibt. Denn nur solche Patienten waren in die zulassungsrelevante klinische Studie eingeschlossen.

In der zugelassenen Indikation ist das verschreibungspflichtige Arzneimittel mit dem Namen Axhidrox vom Pharmaunternehmen Dr. Wolff erstattungsfähig, erklärte die Firma auf Nachfrage der Pharmazeutischen Zeitung. Es ist seit dem 1. August verfügbar.

Axhidrox ist nur für die Anwendung in den Achselhöhlen bestimmt und darf nicht an anderen Körperstellen angewendet werden, also nicht an anderen schwitzigen Stellen wie Händen oder Füßen. Sonst kann laut Fachinformation ein erhöhtes Risiko für (systemische) Nebenwirkungen oder eine Überdosierung nicht ausgeschlossen werden. Daher ist auch eine korrekte Applikation sehr wichtig.

Nicht mit den Fingern auftragen

Die empfohlene Dosis beträgt in den ersten vier Wochen einmal täglich zwei Pumphübe pro Achselhöhle. Das entspricht 0,54 g Creme beziehungsweise 4,4 mg Wirkstoff pro Achselhöhle. Ab der fünften Woche kann die Applikation auf zweimal pro Woche reduziert werden. Der Patient sollte die Creme bevorzugt abends anwenden.

Sie darf nicht mit den Fingern aufgetragen werden, wie dies bei kosmetischen Deo-Cremes der Fall ist. Stattdessen wird die Kappe der Pumpe genutzt. Der Patient pumpt also die Creme (zweimal vollständig durchdrücken) auf die Kappe, mit der dann die Creme gleichmäßig ähnlich wie bei einem Deoroller in einer Achselhöhle verteilt wird. Dann wird wieder zweimal gepumpt und die andere Achselhöhle behandelt. 

Anschließend muss der Patient sowohl die Kappe als auch seine Hände gründlich mit Wasser und Seife waschen, um einen Kontakt der Creme vor allem mit Augen, Nase oder Mund zu vermeiden. Kommt es zu entsprechendem Kontakt, sollen diese Bereiche sofort mit viel Wasser gespült werden. Auch ein Haut-zu-Haut-Kontakt mit anderen Personen, zum Beispiel beim Geschlechtsverkehr, ist zu vermeiden.

Direkt nach der Anwendung soll der Patient die Anzahl der Anwendungen auf dem Umkarton markieren. Ein Mehrdosenbehältnis enthält 50 g Creme für 124 Pumphüben, was 31 Anwendungen in beiden Achselhöhlen entspricht.

Vor der ersten Anwendung muss die in der Pumpe eingeschlossene Luft beseitigt werden. Dafür soll das Behältnis mit der Öffnung schräg nach unten auf ein Blatt Papier gerichtet werden und der Pumpenkopf so oft gedrückt werden, bis Creme aus der Öffnung kommt. Dann noch zehnmal langsam ganz durchdrücken und die herausgepumpte Creme mit dem Papier über den Restmüll entsorgen. Ab dem elften Hub gilt die Dosiergenauigkeit als gegeben.

Mundtrockenheit als häufige Nebenwirkung

Als kompetitiver Antagonist an muskarinischen Acetylcholin-Rezeptoren, die auch an den Schweißdrüsen sitzen, bewirkt Glycopyrronium eine verminderte Schweißsekretion, so der Wirkmechanismus. Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören neben Reaktionen an der Applikationsstelle (15,7 Prozent) auch Mundtrockenheit (12,8 Prozent), trockene Augen (2,9 Prozent), Kopfschmerzen (2,0 Prozent), trockene Haut (1,7 Prozent), trockene Nase (1,4 Prozent) und Verstopfung (1,4 Prozent). 

In der Fachinformation heißt es: »Während Mundtrockenheit bei längerer Anwendung tendenziell abnahm, waren die Art und Häufigkeit aller anderen Nebenwirkungen bei der Anwendung von Axhidrox über vier Wochen sowie über 28 oder 52 Wochen ähnlich. Es gab keine Hinweise darauf, dass die Nebenwirkungen bei längerer Behandlungsdauer zu einer zunehmenden Intensität tendierten.« Nach Absetzen von Axhidrox sind die anticholinergen Nebenwirkungen reversibel. Aufgrund der möglichen Mundtrockenheit und einem damit verbundenen erhöhten Kariesrisiko ist auf eine sorgfältige Mundhygiene und regelmäßige Zahnarztbesuch zu achten.

Um das Risiko für unerwünschte Effekte zu minimieren, soll das Präparat nur auf intakter Haut und nicht bei sichtbaren Entzündungen oder Verletzungen in den Achselhöhlen angewendet werden. »Wenn die Haut nach einer Rasur gereizt ist, sollte die Creme nicht direkt aufgetragen werden«, riet Dr. Wolff auf Nachfrage der PZ mit. Wie lange die Rasur bei einer Person zur Reizung führe, sei jedoch sehr individuell, sodass es nicht möglich sei, eine konkrete Wartezeit anzugeben. In den Studien durften die Probanden sich die Achselhaare nicht komplett entfernen, aber auf etwa einen Zentimeter kürzen.

Nur mit Vorsicht sollte das Medikament bei Patienten mit schwerer Prostatahyperplasie, Blasenhalsobstruktion oder bekanntem Harnverhalt eingesetzt werden. Bei Schwierigkeiten mit dem Wasserlassen sollte der Patient die Anwendung sofort abbrechen. Vorsicht ist auch geboten bei Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktion, Herzerkrankungen, Bluthochdruck sowie bei Funktionsstörungen der Blut-Hirn-Schranke, zum Beispiel unter Chemotherapie.

Schweißproduktion runter, Lebensqualität rauf

Ausschlaggebend für die Zulassung ist eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte, multizentrische Phase-IIIa-Studie mit 171 Patienten mit schwerer primärer axilliärer Hyperhidrose (87 Männer und 84 Frauen im Alter von 18 bis 65 Jahren).

Die Probanden wendeten über vier Wochen entweder die Glycopyrronium-haltige oder eine wirkstofffreie Version der Creme an. Mit dem Anticholinergikum konnte die Schweißproduktion signifikant stärker reduziert werden und die Lebensqualität stieg. Die meisten Nebenwirkungen waren mild bis moderat und vorübergehend. Die Ergebnisse wurden im Januar 2021 im »British Journal of Dermatology« publiziert.

In Kürze stehe zudem die Veröffentlichung des Phase-IIIb-Teils der Studie an. An diesem Open-Label-Teil nahmen 518 Probanden über 72 Wochen teil. Hier verwenden alle das Präparat (kein Placebo). Nachdem es in den ersten vier Wochen täglich appliziert werden soll, ist in der Langzeiterprobung auch eine Reduktion der Anwendungszeitpunkte auf bis zu zweimal wöchentlich möglich.

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