Neuer Antikörper bei unkontrolliertem Asthma |
Brigitte M. Gensthaler |
02.12.2022 07:00 Uhr |
Asthmapatienten, die trotz umfangreicher Therapie immer wieder Akutverschlimmerungen erleiden, können vom neuen Biologikum Tezepelumab profitieren. / Foto: Fotolia/Antonio Guillem
Der monoklonale IgG-Antikörper Tezepelumab ist angezeigt als Add-on-Erhaltungstherapie bei Patienten ab zwölf Jahren mit schwerem Asthma, das trotz hochdosierter inhalativer Corticosteroide plus einem weiteren Arzneimittel zur Erhaltungstherapie unzureichend kontrolliert ist (Tezspire® 210 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze, Astra-Zeneca).
Jede Fertigspritze enthält 210 mg Tezepelumab in 1,91 ml Lösung (110 mg/ml) zur subkutanen Injektion (Einmalgebrauch) alle vier Wochen. Nach Schulung der Injektionstechnik können die Patienten das Medikament selbst in den Oberschenkel oder den Bauch injizieren oder sich von einer Betreuungsperson (dann auch in den Oberarm) injizieren lassen. Hat der Patient eine Injektion versäumt, sollte er diese schnellstmöglich nachholen, es sei denn, dass der nächste reguläre Spritztermin bereits ansteht. Tezspire ist zugelassen als Zusatztherapie in der Langzeitbehandlung, jedoch nicht zur Akuttherapie von Asthma-Exazerbationen.
Der humane monoklonale Antikörper Tezepelumab hat ein neues Target: Er richtet sich gegen das epitheliale Zytokin Thymus-Stroma-Lymphopoietin (TSLP) und hemmt dessen Interaktion mit dem heterodimeren TSLP-Rezeptor. Dieses Zytokin wird als Reaktion auf Trigger wie Allergene, Viren und andere aerogen übertragene Partikel freigesetzt und steht an der Spitze mehrerer Entzündungskaskaden. So stimuliert es nachgeschaltete inflammatorische Signalwege, die die Entzündungskaskade bei Asthma vorantreiben und eine Hyperreagibilität der Atemwege bewirken. Außerdem fördert TSLP Umbauprozesse in den Atemwegen. Daher spielt es bei der Auslösung und Persistenz allergischer, eosinophiler und anderer Arten von Atemwegsentzündungen eine wichtige Rolle.
Die Blockade von TSLP durch Tezepelumab verringert ein breites Spektrum an Biomarkern und Zytokinen, die mit Atemwegsentzündungen in Zusammenhang stehen, zum Beispiel Eosinophile in Blut oder Atemwegsschleimhaut, Immunglobulin E, FeNO (fraktioniertes exhaliertes Stickstoffmonoxid) sowie die Interleukine IL-5 und IL-13. Jedoch ist der Wirkmechanismus bei Asthma noch nicht abschließend geklärt.
Die Wirksamkeit von Tezepelumab wurde in zwei randomisierten, doppelblinden placebokontrollierten Studien über 52 Wochen bei rund 1600 Patienten ab zwölf Jahren mit schwerem Asthma evaluiert. Dies waren die Phase-IIb-Studie PATHWAY und die Phase-III-Studie NAVIGATOR. Die Patienten mussten in den vorangegangenen zwölf Monaten mindestens zwei Asthma-Exazerbationen (Akutverschlimmerungen) erlitten haben, die eine Behandlung mit oralen oder systemischen Corticosteroiden erforderten oder die zur Krankenhausaufnahme führten. In den Studien setzten die Patienten ihre bisherige Asthmatherapie fort und erhielten zusätzlich 210 mg Tezepelumab oder Placebo alle vier Wochen.
In beiden Studien war die jährliche Rate schwerer Exazerbationen bei Patienten unter Tezepelumab im Vergleich zu Placebo signifikant verringert. Schwere Verschlimmerungen, die die Patienten veranlassten, eine Notaufnahme aufzusuchen, oder die eine Hospitalisierung erforderten, waren in den Studien unter Tezepelumab um 85 sowie 79 Prozent verringert. Die günstigen Effekte waren unabhängig von der Eosinophilenzahl im Blut, den FeNO-Werten sowie vom Allergiestatus (bestimmt anhand von spezifischem IgE für ein ganzjähriges Aeroallergen).
Die Lungenfunktion, gemessen als FEV1-Änderung (forciertes Ausatemvolumen in 1 Sekunde), war ein sekundärer Endpunkt in der Navigator-Studie. In Woche 52 war die Verbesserung des FEV1 (vor Bronchodilatation) unter Tezepelumab signifikant größer als unter Placebo. Über eine bessere Lebensqualität berichteten die Patienten bereits nach zwei bis vier Wochen in standardisierten Fragebögen.
Laut einer gepoolten Post-hoc-Analyse der beiden Studien sank die jährliche Exazerbationsrate unter Tezepelumab im Vergleich zu Placebo statistisch signifikant um 60 Prozent, meldet der Hersteller. Dies war unabhängig von Biomarkerwerten.