Neue Vorschriften und neue Tools im DAC/NRF |
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Für DAC-Monographien wird das Datum des Inkrafttretens nach der Revision in jeder Ergänzungslieferung definiert. Ebenso findet sich eine Angabe zur Übergangfrist für Stoffe und Zubereitungen, deren Vorschriften im laufenden Jahr revidiert werden. Die Übergangsfrist legt fest, ab wann Stoffe und Zubereitungen nach der bisherigen Vorschrift nicht mehr in den Verkehr gebracht sollen. Diese beiden formal wichtigen Definitionen standen bislang im Vorwort der Ergänzungslieferung. Künftig sind sie unter »4 Monographien des DAC®« im Kapitel »Allgemeine Vorschriften« zu finden. Denn dieses Kapitel bildet das Fundament des gesamten Werks und regelt grundlegende Aspekte, ergänzend zu den »Allgemeinen Vorschriften« der amtlichen Arzneibücher.
Inhaltliche Änderungen im Abschnitt 4.4.2 zur Analytik pflanzlicher Drogen und Drogenzubereitungen sind die konkretisierte Methodenauswahl der Hochleistungs-Dünnschichtchromatographie und der Dünnschichtchromatographie sowie neben dem Geschmack jetzt auch der ausdrückliche Ausschluss des Geruchs (Abschnitt 4.3.1) als Identitätsprüfung.
Ebenfalls konkretisiert wurde die Defekturprüfanweisung für Glucose-Lösung 250 mg/mL (NRF 13.8.). Die Grenzwerte des analytischen Merkmals Brechungsindex sind besser an die Gehaltsgrenzen der Definition angepasst. Diese Änderung war notwendig, um im Rahmen der Messgenauigkeit die gängigen verwendeten Geräte in der Apotheke besser abzubilden. Daraus ergibt sich ein leicht asymmetrisches Verhältnis zwischen Mindest- und Maximalgehalt in der Definition der Prüflösung.
Generell ist es jedoch wichtig, zwischen der Gehaltsbestimmung mittels Brechungsindex und dem analytischen Merkmal zu unterscheiden. Die Gehaltsbestimmung liefert genauere Ergebnisse unter Verwendung der angegebenen Formel. Das analytische Merkmal hingegen entspricht im weitesten Sinn einer Identitätsprüfung. Es soll die Einordnung ermöglichen, aber keine Aussage zum Gehalt der Prüflösung treffen.
Natriumchlorid-Nasenspray 0,9 % und Natriumchlorid-Nasentropfen 0,9 % (NRF 8.2.) und Viskose Natriumchlorid-Nasentropfen (NRF 8.3.) sind 1988 als Vorschriften für Rezepturarzneimittel aufgenommen worden. Später wurden sie aber für Medizinprodukte umgewidmet und konnten in der Apotheke praktisch nicht mehr umgesetzt werden.
Mit der Ergänzung 2022/2 werden sie deshalb als Grundlagen in den Abschnitt »Stammzubereitungen« übernommen. Dafür wurden die Vorschriften redaktionell überarbeitet, die Natriumchlorid-Konzentration jeweils angepasst und die Titel geändert: »Isotonische Grundlage für Nasenspray und Nasentropfen (NRF S.57.)« und »Viskose, isotonische Grundlage für Nasenspray und Nasentropfen (NRF S.58.)«.
Beide Grundlagen dienen als Träger für wirkstoffhaltige Zubereitungen zur Anwendung in der Nase. Die Lösungen sind jeweils nur schwach gepuffert, was von Vorteil sein kann, um bei Bedarf den pH-Wert im Bereich zwischen 6,2 und 8,3 einstellen zu können. Dabei müssen Effekte auf die Löslichkeit, Stabilität oder Wirksamkeit des Arzneimittels berücksichtigt werden.
Die Lagerung ist entscheidend. (I) Sorbitol-Klysma korrekt im Kühlschrank gelagert. (II) Bei Raumtemperatur, falsch gelagertes, gelb verfärbtes Sorbitol-Klysma. / Foto: DAC/NRF
Das Sorbitol-Klysma mit der NRF-Nummer 6.17. ist eine phosphatfreie Rektallösung mit großem Volumen für die Pädiatrie. Hier bestand Bedarf einer neuen standardisierten NRF-Vorschrift, seitdem das letzte in Deutschland zugelassene rektale Sorbitol-Monopräparat nicht mehr im Handel ist. Die Apotheke kann wahlweise sowohl aus der Sorbitol-Rezeptursubstanz als auch aus der Sorbitol-Lösung 70 % herstellen.
Das Pulverkonzentrat auf Reisstärke-Basis ersetzt in den NRF-Vorschriften 11.37., 11.38., 11.47., 11.90. und 11.136. das Mannitol-haltige Konzentrat. Nur dieses ist vorgefertigt erhältlich. Die Vorschrift Triamcinolonacetonid-Hautspiritus 0,1 % / 0,2 % mit Salicylsäure 2 % (NRF 11.39.) enthält keines der beiden Konzentrate, weil sich die Stärke nicht in Ethanol 70 % (V/V) löst.
Cannabidiol kristallisiert bei Lagerung im Kühlschank aus Öliger Cannabidiol-Lösung 400 mg/mL (NRF 22.10.) massiv aus und kann nicht ohne starke Wärmeanwendung wieder in Lösung gebracht werden. Daher ist die höhere Lagertemperatur bei der Konzentrationsstufe 400 mg/mL auf 15 bis 25 °C einzuhalten.
Innerhalb der revidierten Inhalte nimmt die DAC-Monographie »F-101 Fuchsin N« eine Sonderstellung ein. Normalerweise werden Inhalte gestrichen, wenn keine Bezugsquelle mehr für den Ausgangsstoff existiert. Nicht so jedoch bei Fuchsin N, das 2012 das »Fuchsin« ersetzte. Dessen Verwendung in der Arzneimittelherstellung verbietet sich aufgrund des kanzerogenen Parafuchsin-Anteils.
Wegen der strengen monographierten Grenzwerte ist der Nachfolgestoff Fuchsin N derzeit nicht als Rezeptursubstanz verfügbar. Um zu verhindern, dass durch Rücknahme der Monographie potentiell kanzerogene Ware in den Markt drängen kann, wird Fuchsin N auch künftig gewissermaßen als »Negativ-Monographie« erhalten bleiben. Interessierte Hersteller müssen zusätzlich den neuen Herstellungsabschnitt beachten, dass höchstens 1 ppm Parafuchsin enthalten ist, bevor der Stoff gemäß DAC gekennzeichnet werden kann.
Neben der aktuellen DAC/NRF-Ergänzungslieferung ist die Excel-Datei zur Berechnung des Einwaagekorrekturfaktors überarbeitet worden. Diese Rechenhilfe setzt mit einer neuen Funktion bei – gegebenenfalls auf die wasserfrei beziehungsweise getrocknete Substanz berechnet – nicht plausiblen Gehalten über 100 Prozent die Prozentzahl automatisch auf 100 herab.
In der neuen Spalte Q erscheint dann der empfohlene, entsprechend größere Einwaagekorrekturfaktor und verhindert für solche Übergehalte die ungerechtfertigte »Herabfaktorisierung«. Sind bei der Wirkstoff-Rezeptursubstanz weder Wassergehalt noch Trocknungsverlust zu berücksichtigen, errechnet sich der Faktor 1,000, andernfalls ist er entsprechend größer.
Neue Spalte des Einwaagekorrekturfaktor-Rechners. / Foto: DAC/NRF
Neu aufgenommene Stoffe sind Cetirizindihydrochlorid, Dextromethorphanhydrobromid, Gabapentin, Ivermectin, Metronidazolbenzoat, Nitrofurantoin, Noscapinhydrochlorid-Monohydrat und Trimethoprim. Sofern Umbenennungen oder Änderungen in der Arzneibuchmonographie vorkommen, werden diese berücksichtigt, was aber nur in seltenen Fällen Auswirkung auf die Berechnung hat.
Die Aktualisierung der Allgemeinen Hinweise I.2.1.1. unterstützt die Rechenhilfe durch die angepassten Grundformeln und Grundregeln zur Einwaagekorrektur. Auch zeigt das Kapitel zu den Berechnungen der Einwaagen das Vorgehen, falls man für einen Ansatz Rezeptursubstanz aus zwei oder mehreren Chargen mit unterschiedlichen Einwaagekorrekturfaktoren verwenden muss.
Das Änderungsdokument der DVD-Version beziehungsweise der Online-Version des DAC/NRF-Werkes listet alle weiteren Neuerungen, Änderungen und Streichungen.
Nach der Überarbeitung der NRF-Vorschrift 15.13. fehlt in der Herstellanweisung die Ergänzung mit Wasser für Injektionszwecke im dritten und letzten Herstellungsschritt. Dort muss es heißen:
»Der Ansatz wird mit Wasser für Injektionszwecke ergänzt, gerührt, ausreichend lange bedeckt stehen gelassen und wiederholt gerührt. Vor der Bakterienfiltration werden eventuelle Verdunstungsverluste mit Wasser für Injektionszwecke ausgeglichen.
Inprozessprüfung: Die Flüssigkeit muss klar und rotbraun aussehen. Am Boden des schräg gehaltenen Becherglases darf praktisch kein Rückstand mehr zu erkennen sein.«
50 Jahre DAC/NRF wären nicht möglich ohne die tatkräftige Mitarbeit aller Kollegen im Labor und anderen Abteilungen. Daher sprechen die Autoren, stellvertretend für die DAC/NRF-Redaktion, ihren Dank allen an der Entstehung des Werks Beteiligten aus. Insbesondere gilt der Dank den aus Herstellung, Vertrieb, Marketing und Lektorat ohne deren Einsatz im Hintergrund dieses Werk nicht auf die bekannte Art und Weise erscheinen könnte.