Neue Omikron-Subvariante BA.2.75 verbreitet sich |
Christina Hohmann-Jeddi |
06.07.2022 12:34 Uhr |
Die Omikron-Sublinie BA.2.75 weist ungewöhnlich viele Mutationen im Gen für das Spike-Protein von SARS-CoV-2 auf. / Foto: Adobe Stock/dermatzke
Die SARS-CoV-2-Variante BA.5 löst aktuell eine Corona-Sommerwelle in Deutschland aus, da gerät schon eine neue Omikron-Linie ins Blickfeld. Mehrere Virologen haben in den vergangenen Tagen auf eine Omikron-Variante aufmerksam gemacht, die von BA.2 abstammt und die Bezeichnung BA.2.75 trägt. So schrieb Dr. Thomas Peacock vom Imperial College London auf Twitter, dass es sich bei BA.2.75 vermutlich um »eine Variante der zweiten Generation« handele, die man aufgrund der vielen Mutationen im Auge behalten sollte. Sie stammt von der Omikron-Linie BA.2 ab, die im Winter in Deutschland vorherrschend war und nun von der Omikron-Linie BA.5 abgelöst wurde.
Entdeckt wurde BA.2.75 erstmals im Juni 2022 in Indien. Dort, aber auch international habe sich die Linie rasch ausgebreitet, wie der Virologe Dr. Ulrich Elling von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften auf Twitter schrieb. Auch in Ländern wie Kanada, Deutschland, Australien, Neuseeland oder Großbritannien seien bereits Einzelfälle nachgewiesen worden. Elling fügt an, er möge die beobachteten Mutationen der Linie nicht.
BA.2.75 trage acht zusätzliche Mutationen im Gen für das Spike-Protein von SARS-CoV-2 im Vergleich zu BA.2. Bei BA.5 seien es nur drei gewesen. Die zusätzlichen Mutationen seien im Bereich der N-terminalen Domäne des Spike-Proteins und in dessen Rezeptorbindedomäne zu finden. Die »Superstelle« für neutralisierende Antikörper sei dekoriert mit Mutationen, was auf Immunflucht hinweise. Da sich das Spike-Protein von BA.2.75 an elf Stellen von dem von BA.5 unterscheide, könne eventuell eine BA.5-Immunität nicht gegen die neue Sublinie schützen, fürchtet Elling.
Über die Pathogenität der neuen Viruslinie und das Ausmaß der Verbreitung ist bislang wenig bekannt. Inwieweit sie sich durchsetzen wird, sei derzeit schlecht zu beurteilen, teilte Professor Dr. Richard Neher vom Biozentrum der Universität Basel auf Anfrage der Deutschen Presseagentur mit. Sie habe zwar eine Reihe von relevanten Mutationen, sei aber bislang sehr selten und hauptsächlich in Indien beobachtet worden. »Es ist durchaus möglich, dass BA.2.75 eine global erfolgreiche Variante wird, es ist aber zu früh, dies mit Sicherheit zu sagen«, so Neher. In den Covid-19-Wochenberichten des Robert-Koch-Instituts (RKI), in denen auf relevante Virusvarianten eingegangen wird, ist über BA.2.75 bisher nichts zu finden.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.