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Innovative Lösungen

Mitarbeiterakquise während der Corona-Krise

Das altbekannte Thema Fachkräftemangel in den Apotheken macht sich während der Corona-Pandemie noch stärker bemerkbar: Das pharmazeutische Personal arbeitet an der Belastungsgrenze. Um in Krisenzeiten Mitarbeiter zu rekrutieren, braucht es nicht nur zusätzliche Anreize, sondern auch komplett neue Ansätze.
Tatiana Dikta
02.04.2020  11:30 Uhr

Apotheken beweisen derzeit eine enorme Flexibilität, unermüdliches Engagement für die öffentliche Gesundheit und auch vor allem Unverzichtbarkeit. Dennoch stoßen Teams an die eigenen Grenzen der Belastbarkeit – das unerwartet große Arbeitspensum ist mit dem bestehenden Personal schwer zu bewältigen. Die zusätzlichen Aufgaben, aber auch die unbekannte Situa­tion erfordern neue Organisation im Betrieb. Hinzu kommen zusätzliche Hygiene­auflagen, ein wesentlich höherer Informationsbedarf, sowie Erkrankungen der Mitarbeiter, die den Alltag in der Apotheke derzeit erschweren. Grundsätzlich ist es wichtig, die vorhandenen Teamressourcen zu schonen, um nach einer derart großen Belastungsphase ein Team-Burnout zu verhindern.

Der Fachkräftemangel ist jedoch ein bereits bekanntes Problem in den deutschen Apotheken und macht sich während der Pandemie noch stärker bemerkbar. Zwecks Entlastung sind daher neue, innovative und auch schnell umsetzbare Lösungen nötig. Um die Mitarbeiterakquise in der Krisenzeit zu forcieren, bedarf es deshalb zusätzlicher Anreize für potenziell Arbeitssuchende. Alle Maßnahmen, die die Attraktivität des Arbeitsplatzes steigern, wirken sich überdies sowohl auf die Mitarbeiter- als auch auf die Kundenbindung positiv aus.

Ein Zusatzangebot, das von vielen PTA und Approbierten gewünscht wird, ist die Möglichkeit der Flexibilisierung der Arbeitszeiten (Gleitzeit) und die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Insbesondere für den Bereich der Herstellung eignen sich flexible Dienst­zeiten. Der Einsatz der PTA in der Rezeptur, Defektur oder bei der Prüfung von Ausgangsstoffen und Fertigarzneimitteln könnte so mitarbeiterfreundlicher gestaltet werden. Auch wenn sich die Arbeitszeiten in erster Linie an den Öffnungszeiten der Apotheke und an den Stoßzeiten orientieren müssen, ist es möglich, sich dem Wunsch der Mitarbeiter oder der Bewerber ein wenig anzunähern. So müssen Mitarbeiter nicht zwingend dann Pause machen, wenn die Apotheke geschlossen ist. Viele Aufgaben dürften sich sogar schneller und effektiver außerhalb der Apothekenöffnungszeiten erledigen lassen, weil die Mitarbeiter nicht ständig unterbrochen werden. Dazu zählen beispielsweise, die Rezeptkontrolle, die Rezep­turenanfertigung oder das Verbuchen umfangreicher Bestellungen.

Beratung aus dem Homeoffice

Viele Apotheken vor Ort bieten insbesondere während der Pandemie die Auslieferung der bestellten Medikamente per Botendienst an. Die Beratung findet jedoch meistens im Vorfeld in der Apotheke statt. Um die Wartezeit in der Offizin zu verkürzen und auch, um das Ansteckungsrisiko für die Mitarbeiter und Kunden zu minimieren, könnten pharmazeutische Mitarbeiter (Apotheker, PTA) für die telefonische Kundenberatung im Homeoffice eingesetzt werden. Auch weitere organisatorische Aufgaben könnten dorthin ausgelagert werden. Dieser Benefit spricht Bewerber an, die nicht in der Nähe der Apotheke wohnen und auch diejenigen, die beispielsweise aufgrund der familiären Verpflichtungen ihre Arbeitszeiten nicht erweitern können. Die Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes ist zwar technisch aufwändig und mit datenschutzrechtlichen Auflagen verbunden, dennoch stößt diese Form des flexiblen Arbeitens generell auf ein großes Interesse der Bewerber. In den Apotheken ist es aber bisher noch ein unerkanntes Potenzial.

Auch das Thema Kinderbetreuung stellt viele berufstätige Eltern nicht nur während der aktuellen Situation vor eine große Herausforderung. Für Arbeitsuchende ist es überdies häufig auch ein Grund, sich auf ausgeschriebene Stellen nicht zu bewerben. Zwar kann es für Apotheken aufwändig sein, Kinderbetreuungsplätze in Eigenregie bereitzustellen, doch es gibt diverse Möglichkeiten, Mitarbeitern und Bewerbern bei der Organisation der Kinderbetreuung zu helfen. Möglich ist etwa, eine Kinderbetreuung durch die Vermittlung von Tagesmüttern oder -vätern, aber auch durch die bereits erwähnten Homeoffice-Lösungen aktiv zu unterstützen. Arbeitgeber profitieren dadurch von einem flexiblen Mitarbeitereinsatz unabhängig von den Öffnungszeiten der Kindertagesstätten und Schulen.

Personaltausch, Kooperation mit Kollegen, studentische Initiativen und Arbeitnehmerüberlassung sind ebenfalls gute Alternativen, um kurzfristig Verstärkung fürs Team zu bekommen. Inwiefern personelle Kapazitäten in anderen Teams verfügbar sind und ob sich diese Formen als eine generelle Lösung eignen, ist sicher individuell zu prüfen. Analog dazu können Apotheken jedoch auch von einer interdisziplinären Zusammenarbeit profitieren, denn nicht alle Tätigkeiten, die in der Apotheke zu erledigen sind, zählen zu pharmazeutischen Tätigkeiten.

Kurzfristige Verstärkung

Neben dem Einsatz emeritierter Apotheker und Pharmaziestudenten ist daher die Anstellung von nicht-pharmazeutischen Mitarbeitern in einer Apotheke eine weitere Option, um den Mangel an personellen Ressourcen zumindest zeitweise zu überbrücken. Auf diese Weise käme das pharmazeutische Personal ausschließlich für die pharmazeutischen Tätigkeiten im Handverkauf und im Labor zum Einsatz. Die nicht-pharmazeutischen Mitarbeiter könnten hingegen beispielsweise für diverse Tätigkeiten außerhalb der Offizin eingesetzt werden. Dazu zählen etwa die Bearbeitung von Bestellungen (Abfrage von Verfügbar­keiten, Verbuchen und Einräumen der Ware), Telefondienst und Ähnliches.

Die Wahrscheinlichkeit, gute und engagierte (nicht-pharmazeutische) Aushilfskräfte zu finden, ist derzeit sehr hoch, denn aufgrund der Pandemie sind bereits viele Unternehmen geschlossen und ihre Angestellten als arbeitslos gemeldet. Insbesondere sind aber auch studentische Aushilfskräfte, die in Unternehmen nur bei Bedarf eingesetzt wurden, von der Freistellung betroffen und akut auf der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz. Auch wenn es nicht das pharmazeutische Team vergrößert, kann diese Maßnahme zu einer sehr großen Entlastung der pharmazeutischen Mitarbeiter führen. Um die Akquise zu erleichtern, lohnt es sich deshalb unter anderem, die offene (Teilzeit)-Stelle in der Agentur für Arbeit anzumelden.

Suche über Social Media

Besonders unkompliziert, kostengünstig und effektiv gestaltet sich die Suche nach Mitarbeitern im Internet. Über die apothekeneigene Website und die Social-Media-Kanäle kann ein sehr vielfäl­tiges Publikum direkt angesprochen werden. Neben Angeboten und Leistungen für die Kunden sollten deshalb Webseiten idealerweise auch Leistungen für Mitarbeiter präsentieren, um auf diese Weise die Aufmerksamkeit der Bewerber zu gewinnen. Zu den besonders attraktiven Benefits für Mit­arbeiter und Bewerber zählen: Maßnahmen zur Personalentwicklung, betriebliches Gesundheitsmanagement (unter anderem die Einhaltung der Empfehlungen der BAK im Zusammenhang mit Pandemie), flexible Arbeitszeiten (Gleitzeit, Homeoffice), leistungsorientierte Bezahlung und Maßnahmen zur Unterstützung der Kinderbetreuung. Solche Zusatzleistungen steigern die Attraktivität des Arbeitsplatzes und auch das Ansehen des Unternehmens. Da das Internet derzeit als Medium für die Suche nach diversen Informationen sehr präferiert wird, lohnt es sich, diesen Weg der aktiven Bewerberansprache in Angriff zu nehmen und dort als attraktiver Arbeitgeber sichtbar zu werden.

Der Bedarf an Arbeitskraft in der Apotheke wird sich möglicherweise durch die Pandemie noch weiter verstärken. Auch das generelle Fachkräftemangel-Problem wird sich nicht von einem Tag auf den anderen lösen lassen. Es sind deshalb dringend alternative und interdisziplinäre Lösungen im Bereich Mitarbeiterakquise notwendig, um das hohe Arbeitspensum in der aktuellen Situation, aber auch in der Zukunft zu bewältigen.

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