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Diagnosestellung

Lymphopenie als Marker für schweren Verlauf von Covid-19 

Um schwere Covid-19-Fälle schnell zu erkennen, könnte es hilfreich sein, die Anzahl der Lymphozyten im Blick zu behalten. Auch Tests oder Biomarker zur Beurteilung der Endothelfunktion  könnten nützlich sein.
Sven Siebenand
16.03.2020  17:32 Uhr

Zu diesen Ergebnissen kommt ein Forscherteam um Professor Dr. Jesús F. Bermejo-Martina vom Instituto de Investigación Biomédica im spanischen Salamanca im »Journal of Infection«. Die Wissenschaftler beziehen sich dabei auch auf vorherige Beobachtungen, wonach schwer erkrankte Covid-19-Patienten zu 85 Prozent eine Lymphopenie entwickelten und es bei tödlichen Verläufen zu einer anhaltenden Lymphopenie kam.  Das bedeutet, dass es bei ihnen die Lymphozytenzahl im Blut unphysiologisch erniedrigt war. Zudem weisen schwerkranke Patienten den Autoren zufolge häufig eine sogenannten Hyperzytokinämie auf. Zytokinsturm und Lymphopenie fassen die Wissenschaftler als lymphopenische ambulant erworbene Pneumonie (lymphopenic community acquired pneumonia, L-CAP) zusammen. L-CAP ginge demnach mit schwerer Erkrankung, erhöhter Sterblichkeit und fehlgesteuerter Immunantwort einher. Eine frühzeitige Erkennung dieses immunologischen Phänotyps könnte nützlich sein, um Patienten mit schweren Verläufen rechtzeitig zu identifizieren.

Ferner vermuten die Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen Lymphopenie und Gefäßschädigungen, die im Alter und bei chronischen Erkrankungen häufiger auftreten. Eine endotheliale Dysfunktion könne die Zell-Zell-Kontakte stören, die Blut-Gewebe-Barriere aufweichen und zu einer erhöhten Leukozyten-Adhäsion führen, was zum Entstehen einer Lymphopenie beitragen könne. Daher schlagen die Autoren vor, die mögliche Rolle der endothelialen Dysfunktion als prädisponierenden Faktor bei dieser Krankheit zu untersuchen. Biomarker oder Tests zur Beurteilung der Endothelfunktion könnten auch dazu beitragen, voraussichtlich schwere Verläufe bei COVID-19-Patienten frühzeitig zu erkennen.

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