Leitlinie bekommt ein Upgrade |
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Seit Kurzem ist das Upgrade der S2k-Leitlinie Rosazea online zu finden. Gleichermaßen haben die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) und der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) eine Kurzpräsentation veröffentlicht.
Zur ausschließlich symptomatischen Behandlung der Rosacea mit persistierenden Erythemen in der Gesichtsmitte (Rosacea erythematosa) wird der topische Vasokonstriktor Brimonidin (0,33-prozentiges Gel) empfohlen. Zudem kann off Label der topische Vasokonstriktor Oxymetazolin (1-prozentige Creme) zum Einsatz kommen. Gefäßverengend, entzündungshemmend oder antimikrobiell: Gleichermaßen, so die beteiligten Experten mit hundertprozentigem Konsens, haben in der topischen Behandlung der Rosacea Metronidazol, Azelainsäure und Ivermectin ihre Berechtigung.
Kann bei therapieresistenten sowie bei schweren Formen der Rosacea papulopustulosa eine systemische Therapie unumgänglich werden, sei dann niedrig dosiertes Doxycyclin Mittel der Wahl. Des Weiteren seien niedrig dosiertes Isotretinoin (0,1 bis 0,3mg / kg KG) sowie in der systemischen Therapie des persistierenden Erythems und der Flush-Symptomatik Carvedilol zu erwägen.
In der Kombinationstherapie anderer, jedoch gleichermaßen schwerer, therapieresistenter Erscheinungsformen der Rosacea und hier zum Beispiel Rosacea conglobata oder fulminans kann der Einsatz einer Kombination von niedrig dosiertem Doxycyclin mit topischem Ivermectin oder aber topischem Metronidazol beziehungsweise topischer Azelainsäure ins Auge gefasst werden.
Bei Patienten mit Rosacea-bedingten Teleangiektasien und Erythemen ist als ergänzende Therapieoption oder Therapiealternative eine Lasertherapie oder aber eine Therapie mit einer intensiven gepulsten Lichtquelle (IPL) in Betracht zu ziehen. Zur Behandlung eines Rhinophyms können sich die ablative Lasertherapie mit CO2- oder Er:YAG-Laser beziehungsweise die operative Korrektur von Phymen mittels Dermabrasion oder Dermashaving als sinnvoll erweisen.
Die Indikation zur Therapie der okulären Rosazea wird zumeist ohne Bezug zur Hautbeteiligung, jedoch abhängig vom Grad der Ausprägung getroffen, so die beteiligten Spezialisten und Fachgesellschaften weiter. Gegebenenfalls könnten zur topischen Behandlung der entzündlichen Veränderungen der Augenoberfläche Ciclosporin- Augentropfen (antiinflammatorisch) und Azithromycin angezeigt sein.
Auch könne sich topisches Ivermectin oder Metronidazol bei Applikation auf die Lider als beschwerdelindernd erweisen. In schweren Fällen könne auch hier die systemische Gabe von Doxycyclin oder Azithromycin sowie anderer Makroliden notwendig werden.
Ob Haut oder Augen: Immer seien psychosoziale Aspekte der Rosacea wie Einschränkung der Lebensqualität, Depressionen und Angst sowie insbesondere soziale Phobien und Stigmatisierungsgefühle zu berücksichtigen und als Behandlungsindikation für die Rosazea mit einzubeziehen.
Stichwort »allgemeine Maßnahmen«: Es gilt, Haut und Augen vor UV Exposition zu schützen – einerseits durch Meiden der direkten Sonne, andererseits durch Tragen von Kopfbedeckungen und Sonnenbrillen sowie Anwendung von Breitspektrum-Sonnenschutzmitteln, die sowohl vor UV-A- als auch UV-B-Strahlen schützen. Auch Lebensmittel wie beispielsweise Alkohol oder scharfe und heiße Speisen beziehungsweise Getränke, die zu einer Gefäßerweiterung führen können, sind zu umgehen. Gleiches gelte für Hitze und starke Kälte.
Für den Therapieerfolg gleichermaßen bedeutsam sei die schonende Reinigung der Haut mit lauwarmem Wasser oder pH-hautneutralen Syndets mit anschließendem Trockentupfen. Unbedingt seien bei der Reinigung Irritations- und Provokationsfaktoren wie starkes Reiben, Peelings und durchblutungsfördernde oder adstringierende Stoffe zu meiden. Zu bevorzugen seien leichte und hydrophile sowie keinesfalls reizende Hautpflegepräparate und (dekorative) Kosmetika, wobei zu berücksichtigen sei, dass gerade Letztere hilfreich sein können, da sie zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen können.
Rosacea als chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die meist das Gesicht und hier vor allem Wangen und Nase, mitunter auch Stirn und Kinn betrifft, ist leitliniengemäß in erster Linie bei Erwachsenen des mittleren Lebensalters mit hellem Hauttyp zu beobachten. Zur Epidemiologie existieren kaum belastbare Daten.
Eine deutsche Studie aus dem Jahr 2016 habe eine Prävalenz von circa 12 Prozent ergeben. Eine okuläre Rosacea werde in etwa 50 Prozent der betroffenen Patienten beobachtet, wobei studiengemäß in 20 Prozent der Fälle die Augenbeteiligung vor, in 27 Prozent zeitgleich mit und in 53 Prozent nach der Hautbeteiligung auftrete.
Pathophysiologisch spielen bei der Rosacea sowohl genetische Faktoren als auch Umwelteinflüsse eine Rolle. Auch werden unter anderem Barrierefunktionsstörungen der Epidermis unter Beteiligung von Proteasen, antimikrobiellen Peptiden (AMP) und pH-Wert-Änderungen sowie Demodex-Milben oder das Small Intestinal Bacterial Overgrowth (SIBO)-Syndrom als wichtige Trigger diskutiert. Last but not least wird als Ursache die Modulation von Il-1 oder TNF kontrollierten, intrazellulären Inflammasomen diskutiert, die die Entzündungsprozesse forciert.
So wie die genauen Pathomechanismen sind auch die genauen Wirkmechanismen der eingesetzten Substanzen weitgehend unbekannt. Das als Antibiotikum bekannte Metronidazol soll Stoffwechselwege hemmen, die die für Rosacea typischen Schäden des dermalen Elastins und Collagens zur Folge haben. Es wirkt wahrscheinlich nicht nur antiinflammatorisch, immunsupprimierend und antioxidativ, sondern auch antiparasitär.
Die auch bei Akne eingesetzte Azelainsäure soll einen positiven Einfluss auf die Rosacea-Pathogenese unter anderem über falsch konstruierte Cathelicidin-Signalwege nehmen. Cathelicidine sind antimikrobielle Peptide, die vom Körper selbst gebildet werden. Das ebenfalls in der Akne-Therapie eingesetzte Isotretinoin scheint gleichermaßen Cathelicidine zu supprimieren.
Das antiparasitäre Ivermectin scheint unter anderem die bei Rosacea-Patienten oftmals erhöhte Dichte von Demodex-Milben und so auch kutane Inflammationen zu reduzieren. Dem Betablocker Carvedilol werden wie Brimonidin und Oxymetazolin vasokonstriktorische Wirkungen zugeschrieben. Mit Blick auf niedrigdosiertes Doxycyclin scheint weniger die antibiotische, als vielmehr die antiinflammatorische Wirkung eine Rolle zu spielen.