Können Covid-19-Impfstoffe eine Gesichtslähmung auslösen? |
Sven Siebenand |
14.04.2021 15:30 Uhr |
Laut der Deutschen Gesellschaft für Neurologie rechtfertigt die derzeitige Datenlage im Hinblick auf Fazialisparesen keine Skepsis gegenüber SARS-CoV-2-Impfstoffen. / Foto: Adobe Stock/ SHEHAB
Bei einer Fazialisparese kommt es zur Schwäche oder Lähmung der Gesichtsmuskulatur, oft ist nur eine Gesichtshälfte betroffen. Es handelt sich um eine sehr unangenehme und in der Regel auch psychisch belastende neurologische Komplikation, die sich aber in 95 Prozent der Fälle innerhalb eines Monats von selbst zurückbildet. Beschleunigt werden kann der Genesungsprozess durch die Gabe von Glucocorticoiden. Viele Betroffene erhalten auch Augensalben und -tropfen zum Schutz vor trockenen Augen, weil sie die Augenlider oft nicht richtig schließen können.
Idiopathische Fazialisparesen, also ohne erkennbare Ursache auftretende Lähmungen des Gesichtsnervs, treten schätzungsweise mit einer Häufigkeit von 7 bis 40 Fällen pro Jahr auf 100.000 Einwohner auf. Insofern sind die insgesamt acht Fälle, die in den klinischen Studien mit den mRNA-Impfstoffen der Firmen Biontech/Pfizer und Moderna beobachtet wurden laut Professor Dr. Peter Berlit noch kein alarmierendes Signal. Der Generalsekretär der DGN verweist in einer Meldung der Fachgesellschaft darauf, dass idiopathische Fazialisparesen häufig mit Viruserkrankungen assoziiert sind und grippale Infekte durch Rhinoviren im Herbst und Frühjahr Saison haben. Hinzu kommt, dass auch andere Viruserkrankungen, vor allem Herpesviren, zu Fazialisparesen führen können. Zudem sei bekannt, dass Gesichtslähmungen zum Beispiel im Kontext von Bluthochdruck oder Diabetes mellitus auftreten können.
Die DGN thematisiert eine Fallserie aus Israel. In dieser wurden neun Betroffene beschrieben, bei denen die Fazialisparese nach der Impfung mit Tozinameran (Comirnaty®), der Vakzine von Biontech und Pfizer, aufgetreten ist. Doch nur drei von ihnen hatten keinerlei Vorerkrankungen, vier litten an Bluthochdruck. Stets sei eine genaue Analyse aller beobachteten Fälle im Hinblick auf Vorerkrankungen und Risikofaktoren wichtig. Berlits Fazit: »Im Hinblick auf Fazialisparesen rechtfertigt die Datenlage keine Impfskepsis. Ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Auftreten von Gesichtslähmungen erscheint derzeit eher unwahrscheinlich.«
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.