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Viele offene Fragen

Kinder und Corona – ein Update

Kinder nehmen nach derzeitigen Erkenntnissen wohl eine eher untergeordnete Rolle für den Verlauf der Corona-Pandemie ein. Was weiß man mittlerweile – und was nicht?
dpa
25.11.2020  17:00 Uhr

«Wir wissen, dass Kinder nicht so häufig und nicht so schwer krank werden», sagt der Abteilungsleiter am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Uniklinik Freiburg, Professor Dr. Philipp Henneke, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. «Wer weniger Symptome hat, ist in der Regel auch weniger ansteckend.» Wissenschaftlich gesichert ist beim Thema Corona und Kinder indes weiterhin wenig. Zwar gibt es viele Untersuchungen – jedoch mit teils recht unterschiedlichen Ergebnissen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fasste jüngst sehr allgemein zusammen: Kinder jeden Alters können infiziert sein und das Virus auf andere übertragen. Studien legten zudem nahe, dass Kinder unter zehn Jahren weniger ansteckend seien als ältere Kinder, so die WHO. Eine aktuelle Meta-Analyse britischer Forscher im Fachjournal »JAMA Pediatrics« sieht Anzeichen dafür, dass Kinder eine untergeordnete Rolle bei der Weitergabe des Virus spielen.

Zu vielen spezifischen Fragen gebe es aber bislang kaum allgemeingültige Daten, sondern nur «Momentaufnahmen», erklärt Henneke. «Es ist auch sehr schwierig, bestimmte Aspekte zu untersuchen.» Unentdeckte Infektionen bei Kindern sind dabei ein grundlegendes Problem, etwa wenn man die Ansteckungen innerhalb einer Familie nachvollziehen will. Wenn ein Kind keine Symptome gehabt hat, aber ein anderes Familienmitglied schon – woher weiß man dann im Nachhinein, wer wen angesteckt hat?

Eine aktuelle Studie des Helmholtz Zentrums München ergab etwa, dass in Bayern sechsmal mehr Kinder mit dem Coronavirus infiziert waren als gemeldet. Die Wissenschaftler hatten knapp 12.000 Blutproben von Kindern zwischen 1 und 18 Jahren mit einem Antikörpertest untersucht, die auf eine durchgemachte Infektion hindeuten. Knapp 50 Prozent der Probanden mit Antikörpern hatten keine Symptome. Großangelegte, längerfristige Untersuchungen wie diese sind nötig, um genauere Erkenntnisse zu Kindern und Corona zu bekommen. Einige solche Studien sind in Deutschland bereits gestartet.

Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat nach eigenen Angaben das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und die Kinderklinik der Uniklinik Köln damit beauftragt. Ziel ist es demnach unter anderem Studien, Zahlen und Datenerhebungen, die bereits in den Bundesländern gemacht werden und wurden, zusammenzuführen, «um daraus in einer Gesamtschau belastbare Zahlen für die gesamte Republik zu haben», wie die amtierende KMK-Präsidentin und rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) am Dienstag mitteilte. Es gehe darum, Aussagen zum Infektionsgeschehen und den an Schulen angewandten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie treffen zu können.

Bereits seit Mai läuft eine bundesweite «Corona-Kita-Studie» des Robert Koch-Instituts (RKI) und des Deutschen Jugendinstituts. Darin werden Gesundheitsdaten zu Infektionen und regelmäßige Befragungen von Mitarbeitern in den Einrichtungen ausgewertet.

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