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Apothekenstärkungsgesetz

Kabinett erteilt Rx-Versandverbot klare Absage

In ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrats zum Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz lehnt die Bundesregierung ein Rx-Versandverbot eindeutig ab. Der Grund: rechtliche Bedenken.
Ev Tebroke
18.08.2020  13:50 Uhr

Morgen steht im Kabinett unter anderem das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) auf der Tagesordnung. Dann soll nach fast einem Jahr in der Warteschleife das Gesetz endlich in die parlamentarische Beratung gehen – trotz nach wie vor ausstehender Einschätzung seitens der EU-Kommission. In einer Gegenäußerung, die der PZ vorliegt, reagiert die Bundesregierung nun auf die Stellungnahme des Bundesrats zum geplanten Gesetz. 

Die Länderkammer hatte am 20. September 2019 Position zum VOASG-Entwurf bezogen. Neben einigen Änderungsforderungen hatten die Länder vor allem auf ein Versandverbot für verschreibungspflichtige Medikamente (Rx-VV) gepocht. In seiner Beschlussempfehlung regte der Bundesrat dazu eine Änderung im Arzneimittelgesetz (AMG) an. »Die enorme Bedeutung der Gleichpreisigkeit für das deutsche Gesundheitssystem und für die flächendeckende Arzneimittelversorgung rechtfertigt ein Versandverbot mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln«, so die Begründung. Im AMG sollte klargestellt werden, dass künftig verschreibungspflichtige Arzneimittel in der Regel nur in Vor-Ort-Apotheken abgegeben werden dürfen und nicht über den Versand. Die aktuell im VOASG-Kabinettsentwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgesehene Reglung einer Preisbindung im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) über das Sozialrecht hielt der Bundesrat hingegen für nicht zielführend. Damit wären inländische Apotheken mit und ohne Versandhandelserlaubnis sowie GKV-Versicherte an die Preise gebunden, nicht jedoch ausländische Arzneimittelversender, Privatversicherte und Selbstzahler, so die Kritik.

Die Bundesregierung lehnt ein Rx-VV aber kategorisch ab. »Gegen ein generelles Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sprechen rechtliche Bedenken«, heißt es in der Gegenäußerung, die das Kabinett morgen verabschieden soll. »Im Übrigen würde die vom Bundesrat vorgesehene Regelung zu einer unzulässigen Regelungsdopplung für den Bereich Versandhandel von Tierarzneimitteln für Tiere, die nicht der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, führen. Eine inhaltsgleiche Regelung was diesen Versand angeht, ist bereits in § 43 Absatz 4 Satz 3 AMG enthalten und wäre insoweit ein Verkündungshindernis.«

Einigen Vorschlägen stimmt Regierung zu

Teilweise Zustimmung erfährt hingegen die vom Bundesrat vorgeschlagene erweiterte Regelung zur Versorgung mit Arzneimitteln zur parenteralen Anwendung. Um Engpässe bei der Versorgung insbesondere im ländlichen Raum entgegenzuwirken, wollte die Länderkammer es Apothekeninhabern ermöglichen, auf Anforderung anderen Apotheken nicht nur anwendungsfertige Zytostatika-Zubereitungen, sondern alle Zubereitungen zur parenteralen Anwendung an diese öffentliche Apotheke abgeben zu können. Die Regierung will die Regelung jedoch lediglich für andere patientenindividuell hergestellte Arzneimittel zur parenteralen Anwendung erweitern. »Für Fertigarzneimittel besteht kein über die in § 17 Absatz 6c Satz 2 Nummer 5 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) geregelte Ausnahme hinausgehender Regelungsbedarf«, heißt es in der Gegenäußerung.

Zustimmung erfährt auch der Vorschlag der Länderkammer, dass Apotheken untereinander parenterale, Opiod-haltige Zubereitungen erlaubnisfrei abgeben können. Dazu soll das Betäubungsmittelgesetz entsprechend geändert werden.  Zudem will die Regierung wie vom Rat gefordert, die im Entwurf vorgesehenen Änderungen zum Infektionsschutzgesetz streichen.

Automatisierte Ausgabestationen für Versender

Alle anderen Forderungen der Länderkammer finden laut Gegenäußerung keine Berücksichtigung im VOASG-Entwurf. Insbesondere hatten die Länder Änderungen bei den geplanten Regelungen zu automatisierten Ausgabestationen von Medikamenten gefordert. Der Entwurf sieht vor – unter bestimmten Voraussetzungen – auch Versendern solche Stationen zu ermöglichen. Dies hatte der Bundesrat bemängelt. Die Regelung eröffne den Einsatz automatisierter Abgabeautomaten im Zusammenhang mit einer Versandhandelserlaubnis, wodurch insbesondere europäische Versender begünstigt würden. Aus Sicht der Länder würde dadurch die Intention des Gesetzentwurfs, Vor-Ort-Apotheken zu stärken, »konterkariert«.

Die Regierung verteidigt jedoch ihre geplante Regelung: »In § 17 Absatz 1b Satz 2 ApBetrO wird – um den besonderen Bedingungen des Versandhandels Rechnung zu tragen – lediglich auf die Voraussetzung verzichtet, dass sich die automatisierte Ausgabestation innerhalb der Betriebsräume der Versandapotheke befinden und sie von Personal der Versandapotheke bestückt werden muss. Die übrigen strengen Voraussetzungen des § 17 Absatz 1b Satz 1 Nummer 1 bis 3 ApBetrO müssen aber auch bei automatisierten Ausgabestationen im Rahmen des zugelassenen Versandhandels vorliegen. Das Ziel der Stärkung der Vor-Ort-Apotheken wird dadurch nicht konterkariert.«

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