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Covid-19

Janssen-Impfstoff wohl weniger wirksam gegen Delta-Variante

Die erstmals in Indien aufgetauchte Delta-Variante des Coronavirus ist auch in Deutschland auf dem Vormarsch. Vor ihr schützt der Impfstoff von Janssen wohl weniger gut als andere Vakzinen.
Annette Rößler
24.06.2021  15:48 Uhr

Die Sieben-Tage-Coronainzidenz ist in Deutschland derzeit mit 7 pro 100.000 auf einem sehr niedrigen Niveau. Gleichwohl bereitet es Experten Sorge, dass der Anteil der als besonders ansteckend geltenden Delta-Variante zuletzt stark zugenommen hat und mittlerweile bei 15 Prozent liegt. In dieser Situation lässt eine Meldung aus Baden-Württemberg aufhorchen. Wie die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf das Gesundheitsministerium in Stuttgart berichtet, will das Land die Ausbreitung der Delta-Variante verstärkt mit dem Impfstoff von Janssen (Johnson & Johnson) bekämpfen. Eine zusätzliche Lieferung des Bundes von 30.000 Dosen solle Anfang Juli gezielt an die 40 Kreise im Südwesten verteilt werden, die derzeit von der Variante betroffen sind.

Da von der Janssen-Vakzine laut Zulassung nur eine Dosis benötigt wird, um »den vollen Schutz« zu erreichen, scheint das auf den ersten Blick eine gute Idee zu sein. Auf den zweiten Blick ist das jedoch nicht so, denn was »der volle Schutz« bedeutet, unterscheidet sich gerade bei der Delta-Variante zwischen den verschiedenen zugelassenen Impfstoffen erheblich.

Für den mRNA-Impfstoff Comirnaty® von Biontech/Pfizer und den Vektorimpfstoff Vaxzevria® von Astra-Zeneca belegen Daten der britischen Gesundheitsbehörde Public Health England (PHE), dass sie bei vollständig – also zweimal – Geimpften die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion mit schwerem Krankheitsverlauf und Hospitalisierung um mehr als 90 Prozent senken. Die erste Dosis insbesondere von Vaxzevria war dabei jedoch mit lediglich 71 Prozent deutlich weniger wirksam.

Für den Janssen-Impfstoff wurden noch keine Wirksamkeitsdaten bezüglich der Delta-Variante vorgelegt. Er ist aber mit dem Konkurrenzprodukt von Astra-Zeneca gut vergleichbar, weil es sich ebenfalls um einen Vektorimpfstoff handelt. Dr. Scott Gottlieb, der ehemalige Leiter der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA, sprach kürzlich gegenüber dem Sender CBS News von einer lediglich 60-prozentigen Wirksamkeit der beiden Vektorvakzinen. Da für den Janssen-Impfstoff bereits in der Zulassungsstudie lediglich eine Wirksamkeit von 67 Prozent gezeigt werden konnte, scheint diese Einschätzung angesichts der höheren Ansteckungsfähigkeit der Delta-Variante durchaus realistisch.

Ausgerechnet mit dieser doch deutlich schwächeren Wirksamkeit gegen die Delta-Variante animpfen zu wollen, scheint daher wenig ratsam. Sicher: Eine einmalige Impfung gegen das Coronavirus ist immer noch besser als gar keine, das gilt unabhängig vom Impfstoff. Angesichts der raschen Ausbreitung der Delta-Variante sollten sich jedoch alle mit Janssen Geimpften wahrscheinlich bald um eine Auffrischung bemühen, obwohl dies laut Zulassung nicht vorgesehen ist. Daten aus Deutschland zeigen, dass eine mRNA-Boosterung die Schutzwirkung der Vektorimpfstoffe deutlich steigern kann.

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