ARZ Haan: Der Kauf von Lauer/Fischer sichert die Zukunft |
14.12.1998 00:00 Uhr |
PZ-INTERVIEW
PZ: Welche Beweggründe haben eigentlich dazu geführt, daß das ARZ Haan Lauer/Fischer gekauft hat? Diese Frage möchte ich zunächst an Sie, Herr Lauer, als Verkäufer richten. Warum gerade an das ARZ Haan?
Lauer: Gestatten Sie mir, daß ich etwas weiter aushole. Es hat sich relativ frühzeitig gezeigt, daß die Nachfolgefrage innerhalb der Familie nicht zu regeln war. Deshalb habe ich mich seit langem damit beschäftigt, wie es mit der Firma nach mir weiter gehen soll. Ich habe die Firma von meinem Vater sehr jung und frühzeitig übernommen. Das hatte sich bewährt. Es gibt außerdem viele Unternehmen, die extrem darunter leiden, daß die Nachfolge zu spät geregelt wurde. Im Vordergrund meiner Überlegungen stand, das Geschaffene zu erhalten, es nach Möglichkeit weiterzuentwickeln und die über 200 Arbeitsplätze zu sichern.
Eine mögliche Lösung war, die Firma in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln und die Apotheker daran zu beteiligen. Während dieser Überlegungen kam es zufällig zu einem Gespräch mit Herrn Bartels, der mir berichtete, daß das ARZ Haan überlege, das Rechenzentrum in eine AG zu überführen. Das war der erste Anstoß dazu, Gespräche über eine engere Verbindung zwischen beiden Firmen aufzunehmen, zumal das ARZ und Pharma Daig & Lauer bereits seit langem im Bereich Warenwirtschaft gut zusammengearbeitet hatten.
PZ: Nun zu Ihnen Herr Bartels als Aufsichtsratsvorsitzenden des ARZ Haan. Warum haben Sie Lauer/Fischer gekauft?
Bartels: Das ARZ Haan überlegte schon lange, mit einem weiteren wirtschaftlichen Standbein das Unternehmen zu verstärken. Da wir neben der Abrechnung bereits im Softwarebereich einen zweiten Geschäftsbereich hatten, lag es nahe, sich im Bereich der Warenbewirtschaftung zu engagieren. Da der Markt aber bereits gesättigt war, konnte eine Expansion des Unternehmens nur über Kauf, eine Beteiligung an einem bestehenden Unternehmen oder eine Kooperation erreicht werden. Da das ARZ Haan schon traditionell gute Kontakte zu Lauer hatte, ergab sich die Gelegenheit, dieses Standbein durch Kauf von Lauer/Fischer auszubauen.
Angesichts der Entwicklungen im Rezeptabrechnungswesen, zum Beispiel durch das elektronische Rezept, war es sinnvoll, diese Chance wahrzunehmen. Andere haben es in diesem Jahr nachgemacht. Das heißt, so falsch scheint der Weg nicht gewesen zu sein.
PZ: Herr Lauer, sie haben eben schon die Apothekennähe Ihres Unternehmens betont. Welche Vorteile sehen Sie in dem Kauf Ihres Unternehmen durch das ARZ Haan?
Lauer: Grundsätzlich ist es so, daß hohe Kosten bei der Entwicklung der Programme und die Aufrechterhaltung des Kundendienstes bundesweit größere Einheiten fordern. Außerdem ist es notwendig, möglichst nahe beim Kunden präsent zu sein. Deshalb war es wichtig, daß die Marktposition durch die Zusammenführung unseres Systems mit AIDA entscheidend ausgebaut werden konnte.
PZ: Nun ist der Kundenstamm von Lauer/Fischer und des ARZ Haan nicht identisch. Könnte es da nicht Friktionen geben?
Bartels: Friktionen gibt es nicht. Wie Herr Lauer schon sagte, werden sich die Vertriebsstrukturen grundsätzlich ändern, nicht so sehr bei Lauer/Fischer, sondern bezogen auf das ARZ Haan. Wir waren bisher relativ stark Nordrhein-Westfalen-lastig. Der Vorteil liegt jetzt darin, daß wir durch den Zusammenschluß als Anbieter in der Lage sind, die gesamte Palette der Betriebssysteme anzubieten, DOS, UNIX und Windows. Das wird bundesweit und flächendeckend geschehen über 13 Niederlassungen. Es sind also keine Friktionen zu erwarten, sondern Synergieeffekte, da wir in der Lage sein werden, dem einzelnen Apotheker zugeschnitten auf seine Apotheke das passende Betriebssystem anbieten zu können.
Eines muß natürlich noch klar gestellt werden: Wir werden nicht mit der Rezeptabrechnung bundesweit aktiv, sondern nur im Softwarebereich. Das haben wir auch den anderen standeseigenen Rechenzentren signalisiert.
PZ: Fast ein Jahr ist vergangen seit dem Kauf. Zeit, Bilanz zu ziehen, vom Verkäufer und vom Käufer. Herr Lauer, sind Sie nach wie vor zufrieden, Ihre Firma an das ARZ Haan verkauft zu haben?
Lauer: Doch das kann ich sagen. Ich war ja noch bis zum 30. Juni 1998 in der Geschäftsführung tätig, so daß ich einen guten Einblick in die Weiterentwicklung der Firma nehmen konnte. Es gab natürlich anfänglich einige Probleme. Die sind aber relativ gut und schnell bewältigt worden. Die Firma ist in ein normales Fahrwasser eingemündet. Die Synergieeffekte machen sich aus meiner Sicht schon bemerkbar. Ich bin davon überzeugt, daß es eine für beide Seiten sehr gute Lösung war. Das Ziel, das ich verfolgt habe, die Sicherung des Betriebes und der Arbeitsplätze, ist hundertprozentig erreicht worden. Ich sehe für beide Partner im Verbund enorme Entwicklungsmöglichkeiten.
Aber auch der Kunde hat einen Nutzen aus dem Zusammenschluß der beiden Firmen. Denn er kann relativ sicher sein, mit einem Haus zusammenzuarbeiten, das auch die nächsten 50 Jahren überleben wird, außerdem wird er durch ein sehr dichtes Servicenetz flächendeckend optimal betreut.
PZ: Und haben sich auch die Erwartungen des Käufers erfüllt, Herr Bartels?
Bartels: Die Erwartungen des Rechenzentrums waren, sich freizuschwimmen von dem Hauptumsatz mit der Rezeptabrechnung. Sie wird sicherlich auch in der Zukunft noch ein wichtiges Betätigunsgfeld bleiben, da wir nicht nur für Apotheken, sondern auch für andere Leistungsanbieter abrechnen. Es war für Haan aber wichtig, die Abteilung Software stabiler zu machen, um auf Dauer bestehen zu können. Diesem Ziel sind wir mit dem Kauf von Lauer/Fischer sicher wesentlich näher gekommen.
PZ: Herr Bartels, Sie sprachen das elektronische Rezept an. In diesem Zusammenhang kann man auch an Vernetzungen von Apotheken denken. War der Kauf von Lauer/Fischer auch ein Grund, sich in diesem Bereich stärker zu engagieren?
Bartels: Es wäre etwas übertrieben, wenn ich jetzt behaupten würde, daran haben wir damals auch schon gedacht. Es gibt ja eine Tochter, Degama, die in diesem Bereich tätig ist und online mit den Apotheken Datenaufbereitung anbietet. Der Kauf von Lauer/Fischer hatte das nicht zum Ziel. Im Verbund mit den anderen standeseigenen Rechenzentren - wenn wir uns hoffentlich bald einigen - können wir aber Daten aufarbeiten und damit Dienstleistungen nicht nur für Apotheken, sondern auch für den Berufsstand und für alle anderen im Gesundsheitswesen, zum Beispiel Ärzte und Krankenkassen, anbieten. Eine Entwicklung, die wir in die Hand nehmen müssen, bevor es andere tun. Technisch sind wir auch in der Lage, im Zusammenhang mit dem elektronischen Rezept die Erfassung zu übernehmen.
PZ: Herr Lauer, sind Sie eigentlich froh, aus dem Geschäft ausgestiegen zu sein, insbesondere vor dem Hintergrund der zukünftigen gesundheitspolitischen Entwicklungen?
Lauer: Ich habe die Arbeit bei Pharma Daig & Lauer gerne getan und es hat mir viel Spaß gemacht. Man scheidet sicherlich mit einer gewissen Wehmut aus. Es ist aber wichtig, sich zum richtigen Zeitpunkt von seiner Firma zu trennen. Ich bin noch in einem Alter, in dem ich mich auf meine neue Lebenssituation gut einstellen kann. Im höheren Alter hat man dazu keine Chance mehr. Ich habe genügend andere Interessen, so daß ich nicht in ein tiefes Loch falle. Die politische Entwicklung sollte man unabhängig von der Firmenentwicklung betrachten.
PZ: Die Frage nach der Politik möchte ich aber auch an Sie, Herr Bartels, stellen. Welche Aufgaben sehen Sie auf das Rechenzentrum zukommen?
Bartels: Als Rechenzentrum sind wir ein wirtschaftendes Unternehmen. Wir sind deshalb nur bereit, politische Denkansätze nachzuvollziehen und sie in unserem Unternehmen umzusetzen. Wir wollen als Rechenzentrum nicht politische Meinungen vertreten. Wir sind dem wirtschaftlichen Erfolg unseres Unternehmens verpflichtet. Das sind wir unseren circa 700 Mitarbeitern schuldig. Daß die Politik natürlich erhebliche Auswirkungen auch auf das Rechenzentrum haben kann, das ist keine Frage. Deshalb sehen wir unsere Aufgabe darin, darüber nachzudenken, was wir auf dem Softwaresektor für die Kolleginnen und Kollegen entwickeln können, damit sie Dienstleistungen in ihren Apotheken softwareunterstützt besser anbieten können, um so den Patienten noch stärker vom Nutzen der Apotheke zu überzeugen.
In diesem Bereich sind wir intensiv tätig. Zum Beispiel werden Softwareprogramme für die Pharmazeutische Betreuung entwickelt. Ein anderer wichtiger Punkt ist die betriebswirtschaftliche Auswertung, um den Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit zu geben, möglichst frühzeitig wirtschaftliche Schieflagen zu erkennen. Hier zeigt sich bereits, daß es vernünftig war, die beiden Firmen zusammenzuführen, weil einfach größere Kapazitäten für die Entwicklung dieser Software notwendig sind.
PZ: Das ARZ Haan ist eine AG. Ist auch an einen Börsengang gedacht?
Bartels: Nein, sicher nicht. Wir sind und bleiben ein apothekereigenes Unternehmen und werden die Kolleginnen und Kollegen noch mehr an ihrem Unternehmen beteiligen. Es ist geplant, weitere stimmrechtslose Namensaktien im Laufe der kommenden Jahre herauszugeben. Für die Zukunft wird auch überlegt, einen Teil der Aktien in Stimmrechtsaktien umzutauschen. Mit der Absicht, die Aktien in Apothekerkreisen zu halten, ist gewährleistet, daß das ARZ Haan sich stets für die Interessen der Apothekerschaft einsetzen wird.
PZ-Artikel von Hartmut Morck, Eschborn
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