Arzneimittel im Fastenmonat Ramadan |
14.12.1998 00:00 Uhr |
Weltweit bekennt sich rund eine Milliarde Menschen zum Islam, in der Bundesrepublik Deutschland sind es fast drei Millionen. Für sie ist das Fasten im Ramadan eine der fünf heiligen Pflichten. Zwar sind beispielsweise alte und kranke Menschen, Schwangere und stillende Mütter vom Fastengebot ausgenommen, doch können sich aus pharmazeutischer Sicht dennoch Probleme für die Arzneimitteleinnahme ergeben. Viele möchten innerhalb der Familie keine Sonderstellung einnehmen und fasten, obwohl sie eine der Ausnahmeregelungen in Anspruch nehmen könnten.
Die Befolgung der Fastenregeln sollte daher nicht als Noncompliance angesehen werden. Für den Patienten steht eine andere Art der Compliance, nämlich die Befolgung religiöser Regeln im Vordergrund. Apotheker und Patient sollten gemeinsam eine Lösung anstreben und dabei auch die Mithilfe des Arztes oder falls erforderlich eines islamischen religiösen Beraters in Betracht ziehen.
Chronisch Kranke mit schwachen Symptomen wie beispielsweise Bluthochdruckpatienten unterbrechen besonders häufig ihre Medikation im Ramadan, ohne mit einem Arzt Rücksprache zu halten. Die Arzneimitteleinnahme während des Tages wird oft einfach weggelassen. In vielen Fällen wären aber Medikationsfehler oder -ausfälle durch eine Dosisanpassung oder einen Wechsel des Präparates vermeidbar.
Die Apothekenmitarbeiter sollten an derartige Probleme denken, sie hinterfragen und eine Beratung anbieten können. Erhöhter Beratungsbedarf kann nicht nur bei oralen Arzneiformen, sondern beispielsweise auch bei Augentropfen oder Injektionen bestehen. Viele Krankheitsbilder wie Glaukom, rheumatische Artritis, Epilepsie, Diabetes oder Mykosen erfordern deshalb die gleiche Aufmerksamkeit. Am sichersten ist eine Umstellung der Therapie auf ein Präparat, das nur einmal täglich verabreicht werden muß. Vielfach kann entweder das Präparat gewechselt oder die Dosis angepaßt werden. In jedem Fall sollte der Einnahmezeitpunkt bestmöglich mit der Unterbrechung des Fastens bei Einbruch der Dunkelheit abgestimmt werden. Moslems nehmen im Ramadan nach Sonnenuntergang gewöhnlich zunächst einen leichten, aber stark zuckerhaltigen Snack und später ein reichhaltiges Mahl zu sich. Diese Eßgewohnheiten sind mit Blick auf mögliche Auswirkungen bei Bioverfügbarkeit und Pharmakokinetik zu berück-sichtigen.
PZ-Artikel von Christiane Steiger, Neu-Isenburg.
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