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Keine Rechtssicherheit

09.12.2002  00:00 Uhr
Off-Label-Use

Keine Rechtssicherheit

von Axel Helmstädter, Heilbronn

Die Konsequenzen einer Anwendung von Arzneimitteln über die zugelassenen Indikationen hinaus (Off-Label-Use) sind rechtlich umstritten. Die Unklarheiten beziehen sich einerseits auf die Kostenerstattungsverpflichtung der Gesetzlichen Krankenversicherung, andererseits auf die haftungsrechtliche Problematik bei Ärzten, Apothekern und Herstellern. Rechtsanwalt Claus Burgardt, Bonn, erläuterte die Rechtslage im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Pharmazie am 29. November in Heilbronn.

Besondere aktuell wird das Thema durch die Praxis vieler Krankenkassen, für Arzneimittel nicht mehr aufzukommen, wenn diese in anderen Indikationen eingesetzt werden. Das Bundessozialgericht hat allerdings die Leistungspflicht bei Off-Label-Use kürzlich präzisiert. Danach müssen die Kosten übernommen werden, wenn das Arzneimittel bei einer schwerwiegenden Erkrankung eingesetzt wurde, für die keine andere Therapie verfügbar war und begründete Aussicht auf einen Therapieerfolg bestand. Der Hersteller muss nach Angaben des Anwalts grundsätzlich für bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Arzneimittels haften. Ein Einsatz außerhalb der Zulassungsindikationen gilt regelmäßig als bestimmungsgemäß, wenn der allgemeine Stand der Wissenschaft die Therapie vorsieht, etwa in Empfehlungen von Fachgesellschaften, oder die Indikationen vom Hersteller direkt oder indirekt, etwa durch Verbreitung entsprechender Literatur beworben werden. Eingeschlossen ist zudem ein „nahe liegender Fehlgebrauch“ durch den Anwender.

Nicht abgedeckt ist der Einsatz für ausdrücklich genannte Kontraindikationen. Der Arzt kann die zugelassenen Indikationen im Rahmen seiner Therapiefreiheit überschreiten, muss sich aber durch intensive Aufklärung des Patienten haftungsrechtlich absichern. Diese Vorsichtsmaßnahme kommt nach Burgardt häufig zu kurz: „Vor allem Im Krankenhaus wird so gut wie nie über Arzneimittel aufgeklärt“, mutmaßte der Anwalt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat eine Kommission eingesetzt, die zur Zeit über Fragen des Off-Label-Use berät.  Top

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