Osteoporose-Patienten in Bayern und Sachsen sind unterversorgt |
06.11.2000 00:00 Uhr |
Osteoporose ist in Deutschland zu einer Volkskrankheit geworden: Vier bis sechs Millionen Menschen leiden hierzulande an Knochenschwund. Von diesen Zahlen geht die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Osteoporose (DAGO) aus, der zahlreiche wissenschaftliche Fachgesellschaften angeschlossen sind.
Die Erkrankung verursacht hohe Kosten: 1994 mussten zum Beispiel rund 244.000 Patienten in Krankenhäusern stationär behandelt werden [1]. Diese Osteoporose-Patienten verbrachten allein insgesamt 5,3 Millionen Tage im Krankenhaus. Insgesamt entstehen dem deutschen Gesundheitssystem jährlich Gesamtausgaben von mindestens fünf Milliarden Mark. Allein die Krankenhausbehandlung belief sich 1994, laut Gesundheitsbericht für Deutschland, auf zirka 2,6 Milliarden Mark [1].
Durch die steigende Lebenserwartung und die Zunahme des Anteils alter Menschen in der Bevölkerung wird sich laut WHO die Häufigkeit der Oberschenkelhalsfrakturen bis 2025 weltweit verdoppeln. Osteoporose zählt damit zu den aktuell wichtigen gesundheitspolitischen Themen und stellt ein vorrangig zu behandelndes Gesundheitsproblem dar. [2]
Die Versorgungssituation von Osteoporose-Patienten
Der Paragraph 12 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches V verpflichtet die Krankenversicherung zur Gewährleistung ausreichender, zweckmäßiger und wirtschaftlicher Leistungen für die Versicherten. Am Beispiel der Osteoporose wollte die Bayerische Landesapothekerkammer überprüfen, ob diese gesetzlichen Vorgaben erfüllt werden.
Anhand einer Rezeptanalyse wurde eine Untersuchung gestartet, bei der man unter Berücksichtigung des Datenschutzes auf apothekeneigene Daten der Verrechnungsstelle der Süddeutschen Apotheken GmbH (VSA) zurückgegriffen hat. Dabei wurden die Rezepte von Versicherten der Jahrgänge 1950 und älter anonymisiert ausgewertet, die 1999 ein Osteoporose-spezifisches Medikament oder mehrere dieser Präparate verordnet bekamen und in bayerischen oder sächsischen Apotheken eingelöst haben.
Jeder zweite Osteoporosekranke Bayerns unbehandelt
Geht man von rund vier Millionen Osteoporosekranken in Deutschland aus, dann leiden in Bayern mindestens 590.000 und in Sachsen 218.000 Patienten an Knochenschwund. Bei 85 Prozent gesetzlich Versicherten in Bayern und 93 Prozent in Sachsen betrifft dies in Bayern rund 502.000 und in Sachsen rund 203.000 Erkrankte.
Die Untersuchung der Bayerischen Landesapothekerkammer ergab: 230.353 Patienten aus Bayern beziehungsweise 59.502 aus Sachsen haben 1999 mindestens eine Packung eines Osteoporose-Medikaments erhalten. Vergleicht man dieses Ergebnis mit den offiziellen Zahlen, dann wurden demnach 47,3 Prozent der Erkrankten in Bayern beziehungsweise 33,4 Prozent der Erkrankten in Sachsen überhaupt behandelt. Gemäß der Anzahl der Rezeptpositionen pro versichertem Patienten, erhält ein Versicherter in Bayern im Durchschnitt 2,33 Packungen, in Sachsen 2,46 Packungen pro Jahr.
Die Untersuchung zeigte zudem, dass der Versorgungsgrad (Anzahl der durch die Therapie abgedeckten Tage pro Jahr) je nach Therapieprinzip zwischen 13,6 und 42,7 Prozent in Bayern und 13,8 beziehungsweise 54,3 Prozent in Sachsen schwankte. Der höchste Versorgungsgrad wurde jeweils bei der Arzneistoffgruppe der Bisphosphonate erreicht. Aber auch hier war die medikamentöse Behandlung im Durchschnitt nur für 156 Tage (Bayern) beziehungsweise 198 Tage (Sachsen) sichergestellt. Lediglich bei 9 Prozent (Bayern) beziehungsweise 15 Prozent (Sachsen) der Versicherten deckte die verordnete Menge der Bisphosphonate die Jahrestherapie zu 80 bis 100 Prozent ab.
Die Untersuchung zeigt ganz klar, dass viel zu wenige behandlungsbedürftige Patienten in Bayern und Sachsen eine angemessene Osteoporosetherapie erhalten. Das beweist sowohl die Anzahl der überhaupt behandelten Patienten als auch der jeweils viel zu niedrige Versorgungsgrad.
Angesichts der immer häufiger zu Tage tretenden Versorgungsmängel fordern die Apotheker Bayerns gemeinsam mit dem Bündnis für Gesundheit den Gesetzgeber daher auf, umgehend die Budgetierung für Arznei- und Heilmittel aufzuheben. An diese Stelle sollte ein System indikationsbezogener Richtgrößen treten, das ausnahmslos alle ärztlich veranlassten Leistungen erfasst.
Diese Untersuchung wurde von der Bayerischen Landesapothekerkammer initiiert.
Projektpartner: Verrechnungsstelle der Süddeutschen Apotheken GmbH MSD SHARP & DOHME GmbH
Literatur:
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